Romana Extra Band 3
abgestreift hatte. In diesem Moment war er ihr zugänglich und verletzlich erschienen, geradezu menschlich.
Allerdings zeigte er diese Seite nicht bewusst. Nähe wünschte er nicht. Als sie sich im Bett an ihn schmiegte, hatte sie instinktiv erkannt, dass er mehr nicht zu geben bereit war. Sie musste sehr vorsichtig sein und gut auf ihr Herz achtgeben.
Lorenzo lief Maisy über die Terrasse entgegen und ließ sich von ihr umarmen, wandte sich dann aber sofort wieder seinem Tretauto zu, was Alessandro erfreut feststellte.
Während er mit ihm gespielt und auf Maisy gewartet hatte, hatte er über ihren Bericht von Leonardos häufiger Abwesenheit und den Schwierigkeiten, mit denen Alice zu kämpfen hatte, nachgedacht. Der Junge machte allerdings einen ausgeglichenen Eindruck und zeigte keinerlei Anzeichen übermäßiger Anhänglichkeit, daher fiel es ihm schwer, ihr zu glauben. Andererseits hielt er sie nicht für eine Lügnerin. Es passte nicht zu ihr.
Er setzte sich an den Tisch, eine Tasse starken Espresso, einen Stapel Zeitungen und sein Smartphone vor sich und beobachtete Maisy nachdenklich. Klammernde Frauen mochte er nicht, aber Maisy übertrieb es in der anderen Richtung. Sie verhielt sich, als würde sie ihn kaum kennen. Das könnte interessant werden, dachte er und beschloss abzuwarten.
Maisy wusste nicht recht, wie sie sich Alessandro gegenüber verhalten sollte. Sie ging zum Frühstücksbuffet, schenkte sich ein Glas Orangensaft ein und trat dann unschlüssig an den Tisch, wo sie auf einen Blick, ein Wort von ihm wartete.
Schließlich setzte sie sich an den Tisch. Alessandro erhob sich halb – die guten Manieren waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen –, ignorierte sie ansonsten aber völlig. Nervös sah Maisy sich um. Maria begann, das Buffet abzuräumen, und Lorenzo spielte friedlich mit dem Auto, während Alessandro auf seinem Smartphone herumtippte und sie mit Nichtachtung strafte. Das versetzte ihrem ohnehin schwachen Selbstvertrauen einen empfindlichen Schlag. Er benahm sich wie Dan nach ihrer gemeinsamen Nacht. Während sie sich angezogen hatte, hatte er ihr den Rücken zugewandt und E-Mails beantwortet. Das hatte sie nicht sehr gestört, da sie nichts mehr für ihn empfand.
Mit Alessandro verhielt es sich anders. Wann immer er sich ihr zuwandte, schien die Sonne für sie aufzugehen. Sie wünschte, er würde sie ansehen.
Vielleicht hat er seine Meinung geändert, dachte sie. Es war ihr gelungen, seine Leidenschaft kurzfristig zu wecken, auf Dauer halten konnte sie ihn aber nicht. Im Geist ging sie die vergangenen Stunden durch. Hatte sie etwas gesagt oder getan, das ihm nicht gefiel?
Hastig trank sie einen Schluck Saft und verschluckte sich prompt.
Als sie hustete, sah Alessandro auf. Tränen traten ihr in die Augen – nicht nur wegen des Hustens. Sie wischte sie rasch mit dem Handrücken weg. Hoffentlich begriff er nicht, dass sie seinetwegen weinte.
Entschlossen schob sie den Stuhl zurück und stand auf. Rasch überquerte sie die Terrasse, immer noch mit Tränen in den Augen. In diesem Moment rief Lorenzo nach ihr. Sie musste kehrtmachen und zu ihm gehen, schließlich war sie alles, was er noch hatte – und umgekehrt.
Der Junge lief ihr entgegen und reckte die Arme hoch, damit sie ihn umarmte. Wegen seines Gewichts ließ sie sich mit ihm auf dem Boden nieder, wiegte ihn in den Armen und redete beruhigend auf ihn ein. So schwer ihr der Umgang mit Männern fiel, so mühelos kam sie mit Lorenzo zurecht.
„Ich würde heute gern etwas mit ihm unternehmen“, sagte Alessandro, der aufgestanden war und zu ihnen herüberschlenderte. Er wurde aus Maisy nicht schlau. Gerade noch hatte sie sich ihm begeistert hingegeben, jetzt sah sie ihn an, als wünschte sie sich weit fort.
Dennoch musste er gegen den Impuls ankämpfen, sie zu trösten. Nicht, dass er sich entschuldigen wollte für das, was zwischen ihnen gewesen war. Mit der fantastischen Figur, der wilden roten Lockenmähne und den zarten Lippen war sie wie geschaffen für die Liebe. Oh, nein, so schnell gedachte er Maisy nicht wieder freizugeben.
Er würde sie mit Schmuck besänftigen, das brachte alle Frauen auf andere Gedanken. Ein Diamant an ihrem Hals würde sie rasch wieder aufmuntern. Ich muss Carlo anweisen, mir morgen eine Auswahl zukommen zu lassen, dachte er, doch eine innere Stimme riet ihm davon ab. Juwelen könnten sie in noch größere Verwirrung stürzen.
Zunächst muss ich sie von dem Kind trennen, dachte er und
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