Romana Extra Band 5 (German Edition)
intuitive Michael hatte keine Ahnung, wie sehr Theo sie berührt hatte. Er wusste, dass sie seinen Bruder nicht aus einer Laune heraus geküsst hatte, doch hielt er sie auch für umsichtig genug, die Angelegenheit damit auf sich beruhen zu lassen. Und Abby dachte nicht im Traum daran, ihn in ihre wahren Gefühle einzuweihen. Sie ertappte sich selbst, wie sie sich in der Erinnerung an Theos Küsse verlor. Entweder schimpfte sie dann mit sich selbst oder lachte sich aus. Was blieb, war das beunruhigende Gefühl, dass sie die Geschichte eben nicht so leicht abhaken konnte, wie sie sollte.
„Sag mir Bescheid, wenn du ihn siehst, und erzähl, wie es gelaufen ist“, meinte sie, um die unliebsamen Gedanken zu vertreiben.
„Laufen ist ein gutes Stichwort.“
„Wie bitte?“
„Ich muss jetzt gehen.“ Er erklärte ihr, dass in seinem Nachtclub eine neue Band aus Schottland zum ersten Mal spielen würde, und er würde natürlich da sein und beurteilen müssen, ob die Jungs gut genug waren, um in seinem Club ein zweites Mal aufzutreten. Und Abby protestierte nur halbherzig. Der Tag war anstrengend genug gewesen; sie war froh, ins Bett gehen zu können.
Kaum dass Michael gegangen war und sie die Lichter ausgeschaltet hatte, klingelte es an der Tür. Sofort lief Abby zur Haustür, denn die Klingel war ziemlich laut und hatte die unangenehme Eigenschaft, Jamie aufzuwecken.
Sie öffnete die Tür, und da stand er. Theo.
So groß, so sexy und so unerwartet, dass sie für einige Sekunden nur blinzeln konnte.
„Was machst du denn hier?“, gelang es ihr schließlich zu sagen.
„Ich war gerade in der Gegend“, erwiderte er. „Ich dachte, ich schaue mal vorbei.“
„Du triffst dich nächste Woche mit Michael. Warum kommst du dann heute zu mir? Warum?“
„Oh, du weißt genau, warum. Ich vermute, du willst mich nicht hereinbitten, aber du wirst es müssen. Denn ich habe trotz des schönen Wetters nicht die Absicht, unser Gespräch zwischen Tür und Angel fortzusetzen.“
Ungläubig starrte sie ihn an. Er hatte einen Fuß auf die Türschwelle gestellt. Wenn sie jetzt die Tür zuschlug, würde er vermutlich handgreiflich werden. Sie trat einen Schritt zurück und beobachtete ihn, wie er sich neugierig in ihrem Haus umsah.
Sie hatte ihr kleines Häuschen vor sechs Jahren gekauft, zahlte allerdings immer noch die Raten für den Kredit ab. Hinter dem Haus lag ein kleiner Garten, den sie liebevoll pflegte.
Gerne hätte sie das Innere des Hauses ungewöhnlich und kreativ gestaltet, doch ihr erster Versuch mit roter und dunkelgrüner Wandfarbe hatte sich als Katastrophe herausgestellt. Das Haus war zu klein, um bunte Farben zu ertragen. Deshalb hatte sie sich schlussendlich für Weiß, helle Cremetöne und einen sehr gewagten Karamellton im Flur entschieden. Nur die beiden Schlafzimmer waren lebendiger gehalten. In Jamies Zimmer waren die Wände türkis und die Möbel gelb gestrichen. In ihrem eigenen Schlafzimmer hatte sie zwar die Cremetöne wieder aufgegriffen, doch einige Akzente in dunkelrot gesetzt. Bei zugezogenen Vorhängen kam sie sich wie eine Prinzessin in ihrem eigenen Boudoir vor.
„Soll ich Michael anrufen?“, fragte Abby nun. „Ich weiß, wo er ist. Ich bin mir sicher, er wird liebend gerne herkommen und dich sehen.“
Theo ließ sich mit der Antwort Zeit. Natürlich hätte er das Treffen mit seinem Bruder abwarten und herausfinden können, ob sie seinen Anweisungen Folge geleistet hatte. Er war gekommen, um sie zu sehen. Denn in den letzten Wochen hatte er häufiger an sie denken müssen, als er sich selbst eingestehen wollte. Und das ärgerte ihn.
„Wenn ich mit Michael hätte sprechen wollen, wäre ich nicht zu dir gekommen. Ich nehme an, du hast noch immer Kontakt zu ihm?“ Am Ende des Flurs schien die Küche zu sein; er ging darauf zu. „Du weißt, wo er sich in diesem Moment aufhält. Das ist nicht das, was ich hören wollte.“ Er betrat die Küche und blieb stehen.
Der Raum war klein, aber gemütlich eingerichtet mit grau gesprenkelten Arbeitsflächen, Holzfronten an den Schränken und einem rechteckigen Tisch, der gerade ausreichend Platz für vier Personen bot.
Aber Theo hatte keinen Blick für die Einrichtung. Er starrte auf die Bilder am Kühlschrank. An einer Pinnwand an der Wand hingen weitere Zeichnungen.
Abby drängte sich an ihm vorbei und folgte seinen Blicken. Die Existenz ihres Sohnes war kein Geheimnis mehr.
„Interessante Kunstrichtung“, meinte er, trat näher an den
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