Romana Extra Band 5 (German Edition)
Anfang des nächsten Jahres nach England zurückkehren, aber das können wir auch genauso gut jetzt schon tun.“ Gedankenverloren fuhr sie sich durch die kurzen Haare. Meine Mutter sieht großartig aus, dachte Abby. Nur dass sie keine langen Röcke und bunten Tops mehr trug, sondern graue Hosen, hohe Schuhe und ein auf Taille geschnittenes Jackett.
Und auch sonst hatte sich einiges für ihre Eltern verändert. Ihr Geschäft für fair gehandelte Lebensmittel hatte sich zu einem erstklassigen Restaurant entwickelt, und der Handel mit Ethno-Schmuck lief so gut, dass daraus ein eigener Geschäftsbereich geworden war. Der Umzug nach Cornwall war in Wirklichkeit eine Expansion. Der Plan war, ein kleines Hotel zu eröffnen, das die Gäste mit biologisch angebauten Lebensmitteln verköstigte. Und Cornwall war, nach der Meinung ihrer Mutter, der ideale Standort dafür.
In langen Gesprächen hatten sie sich geeinigt, dass Abby vorerst zu ihren Eltern zog. Über Theo verlor niemand ein Wort. Abby wusste, dass das ihre Schuld war, da sie jedes Gespräch über den Vater ihres Kindes abblockte. Aber es tat immer noch zu weh, an ihn zu denken.
Jamie war der Grund, warum sie sich nicht völlig der Verzweiflung ergeben hatte. Er hatte seine Großeltern sofort ins Herz geschlossen und freute sich sogar auf den Umzug. Er war der Sonnenschein in Abbys dunkler, von Kummer erfüllter Welt.
Mit Michael hielt sie losen Kontakt. Er wusste, was sie für seinen Bruder empfand. Und er würde sie über jede Kleinigkeit informieren, wenn sie ihn danach fragte. Aber sie hatte ihm verboten, das Thema Theo von sich aus anzuschneiden.
Abby unterbrach ihre Gedanken, gerade als ihre Mutter entschied, das Cottage zu kaufen. Sie plante bereits, welche Zimmer Abby und Jamie bekommen sollten.
Bei der Erwähnung seines Namens begann Jamie zu quengeln, dass ihm ein Strandspaziergang versprochen worden war.
„Du musst nicht mitkommen“, meinte Mary, die die Laune ihrer Tochter richtig einschätzte.
Abby schenkte ihrer Mutter ein dankbares Lächeln. Zehn Minuten später begab sie sich auf ihre eigene Besichtigungstour des Cottages. Vielleicht gelang es ihr, ein wenig von dem Enthusiasmus ihrer Familie in sich zu entfachen. Sie war glücklich, das Haus in Brighton verkauft zu haben; zu viele schlechte Erinnerungen waren damit verbunden. Doch je weiter die Schwangerschaft fortschritt, desto glücklicher wurde sie, dass zumindest ein Teil von Theo immer bei ihr sein würde.
Als sie die Treppe nach oben ging, hörte sie einen Wagen in der Einfahrt halten. Das würde der Makler sein.
Ausgerechnet jetzt war ihre Mutter nicht da. Mary wusste, wie man mit aufdringlichen Maklern umging.
Das höfliche Klopfen an der Tür verwandelte sich zunehmend in ein aufdringliches Hämmern. Abby gab die Idee, sich zu verstecken, wieder auf – der Makler würde einen Schlüssel haben. Sie öffnete die Tür und blinzelte. Wegen der tief stehenden Sonne konnte sie nur die Silhouette eines Mannes erkennen. Sie legte eine Hand an die Stirn, und dann nahm ein heftiges, alles mit sich reißendes Schwindelgefühl von ihr Besitz. Sie taumelte und verlor das Bewusstsein.
Im Wohnzimmer auf dem Sofa liegend, kam sie wieder zu sich. Für einen Augenblick überlegte sie, ob sie hier eingeschlafen war und einen Albtraum gehabt hatte. Dann öffnete sie die Augen. Er war immer noch da. Rasch schloss Abby die Augen noch einmal, machte sie dann wieder auf, weil das Gespenst, das neben ihr gekniet hatte, dann fort sein würde. Es war immer noch da. Und es sprach.
„Du bist in Ohnmacht gefallen. Ich hole dir etwas zu trinken“, sagte Theo.
„Was machst du hier?“, fragte sie schwach und richtete sich auf.
In den Wochen, in den sie ihn nicht gesehen hatte, hatten sich die Linien in seinem Gesicht vertieft.
„Ich bin zu deinem Haus gefahren. Kannst du dir meine Überraschung vorstellen, als ich herausfinden musste, dass du es verkauft hast? In nur vier Wochen!“
„Warum?“ Sie konnte ihn nur weiterhin anstarren, als sei er ein Geist. „Warum bist du hergekommen? Wie hast du mich gefunden?“ Mit jedem Wort wurde ihre Stimme panischer.
„Welche Frage soll ich zuerst beantworten? Ich fange mit der einfachsten an, okay?“ Er stand auf und zog einen Stuhl neben das Sofa. „Ich habe meinen Bruder besucht. Er hat immer wieder versucht, mich anzurufen, aber ich habe überhaupt keine Telefonate entgegengenommen. Schließlich bin ich nach Brighton gefahren, um von Angesicht zu
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