Romana Extra Band 5 (German Edition)
ihm lag. Michel kannte die Voraussetzungen genau, die seine Ehefrau erfüllen müsste: Diskret müsste sie sein und anmutig – und sie müsste Verständnis für die Anforderungen seiner Position haben. Seine Berater waren außerdem der Ansicht, dass es ein großes Plus wäre, wenn die Kandidatin über politisch günstige Beziehungen verfügte.
Michels Frau war vor einigen Jahren gestorben, und seitdem musste er seinen Sohn allein erziehen. Er verspürte immer noch einen vagen Schmerz, wenn er an die zerbrechliche Charisse dachte. Sie war eine gewissenhafte Gattin und liebevolle Mutter gewesen. Allerdings hatte er nie mehr als freundschaftliche Zärtlichkeit für sie empfunden, obwohl oder gerade weil man sie sorgfältig für ihn ausgesucht hatte. Sein Sohn hatte am meisten unter ihrem Tod gelitten.
Daran, dass seine Berater hinsichtlich der Anforderungen, die an Michels künftige Ehefrau zu stellen waren, ganz anderer Ansicht waren als er selbst, hatte sich nichts geändert. Er war jedoch inzwischen älter und nicht mehr so schnell bereit, Entscheidungen seiner Berater kritiklos hinzunehmen. Wen immer er heiraten würde, die Frau müsste seinen Sohn lieben wie ein eigenes Kind.
Könnte er sich eine Frau bestellen, dann würde er sagen, er bevorzuge Frauen mit langem schwarzem Haar und weiblichen Kurven, mit weicher Stimme und leisem Lachen und, was fast das Wichtigste war, mit einem sanften Wesen.
Das Mondlicht ließ den goldenen Siegelring an seinem Finger aufleuchten. Er zeigte das königliche Siegel des Hauses Dumont. Der Ring war nur ein Symbol, doch Michel lebte seit frühester Jugend mit der Tatsache, dass er von königlicher Abstammung war. Er war Prinz Michel Charles Phillippe, Erbe des Throns von Marceau. Sein Vater war schon vor Jahren gestorben, und er vermisste ihn noch immer. Seine Mutter, Königin Anna Catherine, hatte sieben Kinder geboren, doch sie war immer mehr Herrscherin als Mutter gewesen.
Michel wusste, er wurde von vielen um seinen Reichtum und seine Macht beneidet. Er wusste, Männer träumten davon, in seiner Position zu sein und das letzte Wort bei jeder Entscheidung in diesem Land zu haben.
Michel jedoch kannte auch die andere Seite der Medaille. Er war sich des Ausmaßes seiner Verantwortung nur zu sehr bewusst. Und trotz seiner Macht konnte er nicht verhindern, dass zum Beispiel ein Hurrikan Marceau verwüstete, wie es vor einigen Jahren geschehen war. Obwohl er die zweithöchste Position im Land innehatte, konnte er tief verwurzelte Vorurteile und mangelnde Bildung nicht über Nacht abschaffen. Er konnte all die Probleme seines Landes nicht an einem Tag lösen.
Er war der reichste und mächtigste Mann im Staat, von frühester Jugend dazu erzogen, über allen anderen zu stehen. Und doch war er einfach nur ein Mensch.
1. KAPITEL
Es war früh am Morgen, als Prinz Michel in Gedanken versunken durch den Flur zu seinem Büro ging. Wie an beinahe jedem Tag würde er heute wieder zahlreiche Entscheidungen treffen müssen.
Plötzlich wurden seine Schritte auf dem Flur von schallenden Stimmen übertönt.
„Hier entlang, Mademoiselle“, sagte ein Mann, lauter als eigentlich nötig. „Ich zeige Ihnen den Weg zu Ihrem Apartment.“
„Entschuldigung.“ Die Frau schrie fast. „Es tut mir leid. Was haben Sie gesagt?“
Die Männerstimme gehörte François, dem Assistenten seines Sohnes. Doch wer war die Frau? Michel machte einen kleinen Umweg, um nachzusehen.
„Mademoiselle Gillian, brauchen Sie vielleicht einen Arzt?“, fragte François leicht ungeduldig.
„Kann sein“, erwiderte sie. „Ich habe den Eindruck, ich höre nur jedes zweite Wort von dem, was Sie sagen.“
Michel bog um die Ecke und erblickte François und eine junge Frau mit einer wilden roten Mähne. Sie trug Jeans und ein T-Shirt mit dem Logo eines amerikanischen Baseballteams. Weder das eine noch das andere gab viel Aufschluss über ihre weiblichen Formen. Nicht, dass es ihn interessiert hätte. Diese Frau war offensichtlich alles andere als anmutig und sanft.
François blickte auf und verbeugte sich rasch. „Euer Hoheit.“
Fasziniert von den grünen Augen der jungen Frau, nickte Michel nur abwesend. „Wer ist unser Gast?“
„Prinz Michel Charles Phillipe, darf ich vorstellen? Mademoiselle Maggie Gillian. Sie kommt aus den Vereinigten Staaten und ist hier, um Prinz Maximillian zu unterrichten.“
Michel erschrak. Sein Sohn hatte LRS, Lese-Rechtschreib-Schwäche, und deshalb war das Lernen für ihn zu
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