Romana Extra Band 6
aber bei Weitem nicht perfekt. Darf ich Ihnen das geben? Ich möchte mir mein Auto anschauen, mal sehen, in welchem Zustand es ist. Ein Mechaniker aus meiner Werkstatt in Rapallo sollte eigentlich regelmäßig vorbeischauen und es in Schuss halten. Hoffentlich hat das geklappt.“
Während er zur Garage ging, brachte Liz die Einkaufstasche in die Küche. War das ein erster Hinweis darauf, dass David versuchen würde, ihr die Hausarbeit zu übertragen? Sie könnte es akzeptieren, die häuslichen Pflichten zu teilen – vorausgesetzt, sie würde in der Villa wohnen bleiben, was sie immer noch nicht entschieden hatte.
David war attraktiv und intelligent. Wenn er in den nächsten Tagen keine unangenehmen Eigenschaften an den Tag legte, konnte sie sich vorstellen, dass sie ihr Mietverhältnis wie geplant fortsetzen konnte. Es wäre auch nett, nicht mehr ganz allein in der Villa zu wohnen. Sie musste nur von Anfang an klarstellen, dass sie sich zu bestimmten Tageszeiten auf ihre Arbeit konzentrieren musste.
„Das Auto scheint in Ordnung zu sein.“ Mit diesen Worten kam er in die Küche. „Ich mache frischen Kaffee, während Sie nach oben gehen und Ihre Bilder holen. Die sind doch sicherlich oben?“
„Mach ich … in Ordnung“, stimmte sie zu.
Sie stürmte die Treppe hinauf zu ihrem Schlafzimmer – jetzt seinem Schlafzimmer – und öffnete den Schrank, in dem sie ihre Arbeitsmaterialien verwahrte. Sie nahm die zwei kleinen Bilder heraus, die sie letzte Woche in Rapallo hatte rahmen lassen.
Das eine zeigte einen Teller mit Oliven, ein Glas Weißwein und ein Stück Brot, das auf einer blau-weiß karierten Serviette lag. Den Hintergrund bildete eine sonnenbeschienene Steinplatte, wobei das Glas an einer schattigen Stelle stand. Die glänzenden Oliven, das Kondenswasser am Glas und die samtige Beschaffenheit des Mooses, das am Rand der Steinplatte wuchs, hatten eine Herausforderung dargestellt, aber sie war sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Zu dem zweiten Bild war sie von einem Nadelbehälter inspiriert worden, den sie auf einem Trödelmarkt in London entdeckt hatte. Er war aus Elfenbein und sehr alt. Geformt wie ein Köcher für Pfeile, war auf einer Seite Amor hineingeschnitzt, auf der anderen Seite zeigte er zwei flammende Herzen.
Sie hatte den Nadelbehälter zusammen mit zwei silbernen, mit Wappen verzierten Knöpfen gemalt. Daneben stand auf der polierten Oberfläche eines Holztisches ein viktorianisches Tintenfass aus Glas, gefüllt mit kleinen Wildblumen.
Liz ging mit den Bildern nach unten. David hatte sich auf der Terrasse niedergelassen, und sie setzte sich zu ihm. Als sie ihm die beiden Bilder zeigte, reagierte er nicht sofort, sondern betrachtete sie eingehend, bevor er fragte: „Würden Sie eine Auftragsarbeit von mir annehmen und einen Gegenstand malen, der mir gehört? Oder malen Sie nur Objekte, die sie selber auswählen?“
Als Reaktion auf ihre Arbeit war das sowohl schmeichelhaft als auch enttäuschend. Dass er einen Redwood besitzen wollte, war zwar erfreulich, aber vielleicht dachte er ja nur, dass das eine gute Geldanlage war. Vielleicht war es ja eingebildet, so zu denken und sich zu wünschen, dass er beim Anblick ihrer Bilder mehr Gefühl gezeigt hätte.
„Es hängt davon ab, was ich malen soll“, erwiderte sie vorsichtig. „Manche Dinge, die an sich sehr hübsch sind, interessieren mich nicht als Motive. Es wird immer schwieriger, Objekte zu finden, die mich inspirieren.“
„Ich werde Ihnen nachher einige meiner Lieblingsgegenstände zeigen. Die meisten waren während meiner Abwesenheit weggepackt, um Anna unnötiges Staubwischen zu ersparen. Ich dachte übrigens, wir könnten zum Lunch auf die Piazza hinunterfahren und anschließend Anna abholen. Was halten Sie davon?“
„Sie müssen ja so ziemlich jeden in Portofino kennen. Ich möchte beim Wiedersehen mit all Ihren Bekannten nicht stören.“
„Mir wäre es lieber, wenn wir zusammen essen. Ich möchte Sie besser kennenlernen.“
„Sie wissen schon eine ganze Menge. Sie sind der Geheimnisvolle. Ich weiß ja noch nicht mal, was Sie von Beruf sind. Sie tun doch sicher irgendetwas – und sei es nur als Hobby.“
„Ich mache dasselbe wie Sie, ich male. Nicht als Hobby, sondern als Beruf – seit zwanzig Jahren.“
Sie war sich sicher, dass sie noch nie etwas von ihm gehört oder eine seiner Arbeiten gesehen hatte.
„Merkwürdig, dass Anna mir nichts davon erzählt hat“, sagte sie. „Das ist wahrscheinlich der
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