Romana Extra Band 6
sah unglaublich stark und selbstbewusst aus. Keine Gefahr schien ihn schrecken zu können. Sein dunkles Gesicht glühte. Eine schwarze Locke fiel ihm in die Stirn und gab ihm ein kühnes, piratenhaftes Aussehen. Er trug sein Haar ziemlich lang, sodass es sich hinten am Hemdkragen kräuselte. Ava wagte nicht, ihren Fantasien weiter nachzuhängen. Er sah einfach zu sexy aus!
Während sie so dastanden und sich im Schatten erholten, flogen plötzlich kleine Vögel aus dem schützenden Gras auf – Sekunden, bevor zwei Falken auf sie herabstürzten und einige mit den scharfen Fängen packten. So grausam konnte die Natur sein. Als Kind hatte Ava den Vögeln oft etwas zugerufen, um sie zu warnen, aber es war meist vergebliche Mühe gewesen.
„Warum warst du allein unterwegs, Bluey?“, fragte sie. „Du hättest bei den anderen Männern bleiben sollen.“
Der Junge erschrak ganz offensichtlich. „Ich war auf dem Weg nach Six Mile“, antwortete er ausweichend. „Sie werden dem Boss doch nichts erzählen?“
Varo sah Ava an, dass sie so nicht zu gewinnen war, und entschloss sich einzugreifen. „Steig wieder auf“, ermahnte er Bluey. „Wir reiten gemeinsam zurück. Du musst dir die verletzten Hände behandeln lassen.“
„Eine gründliche Dusche könnte auch nichts schaden“, setzte Ava hinzu. „Glaubst du, dass du besser reagierst, wenn der nächste Waran deinem Pferd in den Weg läuft?“
„Ich werde es mit der Peitsche versuchen, Madam“, versprach Bluey, dessen Gesicht wieder etwas Farbe bekommen hatte. „Hoffentlich habe ich Ihnen nicht den Tag verdorben.“
„Verdorben?“, wiederholte Ava gereizt. „Es hätte weit schlimmer kommen können. Danke Gott, dass Mr de Montalvo bei mir war. Ich hätte es niemals geschafft, dein Pferd aufzuhalten.“
„Es tut mir leid, Madam.“ Der junge Mann gab sich reumütig. Zu Varo gewandt, fügte er hinzu: „Ich werde wohl nie lernen, so zu reiten wie Sie, Sir.“
„Das kannst du laut sagen“, bemerkte Ava sarkastisch.
„Danke, Kumpel.“ Bluey verbarg seine Bewunderung nicht.
Varo winkte lässig ab. „K-u-m-p-e-l?“, wiederholte er betont langsam. „Was bedeutet das Wort?“
„Jedenfalls ein Lob“, erklärte Ava. Ob Varo bewusst war, wie sexy seine Stimme klang? „Komm jetzt, Bluey.“ Sie sah den Jungen streng an. „Sitz wieder auf.“
Bluey nahm sich zusammen. „Ich weiß nicht, wer mehr Angst hatte“, meinte er grinsend. „Ich oder Elvis.“
Während des Heimritts überlegte Ava, ob Bluey es zu einem tüchtigen Rancharbeiter bringen würde. Er hatte sich inzwischen so weit erholt, dass er seinen Retter nach dem Leben in der argentinischen Pampa ausfragen konnte. Anschließend versprach er, das Polospiel am Wochenende auf keinen Fall zu versäumen.
„Alle werden kommen“, versicherte er mehrmals. „Alle!“ Und bewundernd fügte er hinzu: „Sie sind ganz schön durchtrainiert, Sir.“
„Was dein Glück war“, mischte sich Ava ein, die ihm am liebsten den Spottnamen galah verpasst hätte. „Benutz in Zukunft deinen Verstand, Junge. Sollte sich so etwas wiederholen …“ Sie schwieg bedeutungsvoll.
„Bitte sagen Sie dem Boss nichts“, bat Bluey noch einmal. „Er hat gedroht, mich beim nächsten Fehler rauszuschmeißen.“
„Und damit wäre dein großes Abenteuer zu Ende.“ Ava befürchtete allerdings, dass in Blueys Fall alle Ermahnungen umsonst waren. „Vielleicht ist es schon so weit, aber vorher wirst du noch einmal gründlich gewaschen.“
3. KAPITEL
Zu Hause wurde Bluey zunächst in den Erste-Hilfe-Raum geschickt. „Ich habe noch ein Wörtchen mit ihm zu reden“, meinte Varo und nickte Ava zu.
„Glauben Sie, ihn zur Vernunft bringen zu können?“, fragte sie skeptisch. „Er hat in seinem Übereifer schon einmal Mel in Gefahr gebracht.“
„Ich bin überzeugt, dass er auf mich hören wird“, versicherte Varo. „Er weiß, dass er seinen Job los ist, wenn Dev von der Sache hört.“
„Vielleicht wäre es besser, meinem Bruder alles zu erzählen“, wandte sie ein, „denn indem Sie ihn gerettet haben, haben Sie sich selbst in höchste Gefahr gebracht.“
Varo sah ihr tief in die Augen. „In solch einem Moment denkt man nicht daran.“
„Also gut.“ Ava senkte verwirrt den Blick. „Wir sehen uns beim Essen. Heute Nachmittag würde ich Ihnen gern das Hill Country zeigen. Kooraki besteht nicht nur aus Flachland. Einige Hügel erreichen beträchtliche Höhen. Man muss ein bisschen klettern, aber es lohnt
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