Romana Extra Band 6
das möglich? Wie konnte er ihren Jahrestag fast verpassen?
Er rang um Fassung, atmete tief durch. „Ich muss noch einige wichtige Akten aus Port Augustine holen.“
„Heute Abend noch?“, fragte Hannah überrascht.
„Können wir mitkommen, Papa?“, erkundigte sich Riley.
Seine Tochter hatte nicht „ich“, sondern „wir“ gesagt. Sie hatte sich an Hannah gewöhnt – viel zu gut. In wenigen Wochen würde sie sich von einem weiteren Menschen verabschieden müssen, den sie ins Herz geschlossen hatte.
„Diesmal nicht. Wenn ich zurückkomme, schläfst du längst.“ Er strich ihr zärtlich mit dem Finger über die Wange.
„Wann kommst du wieder?“
„Morgen“, versprach er.
Riley nickte, den Kopf an Hannahs Schulter gelehnt. „Okay.“
„Ist wirklich alles in Ordnung?“, fragte Hannah.
Sie sah ihn besorgt an, und als er ihr tief in die Augen blickte, stellte er fest, dass er sich nicht mehr an Samanthas Augenfarbe erinnerte.
„Ja, sicher“, log er.
Er hatte seine Frau geliebt – liebte sie noch –, aber die Erinnerung an sie verblasste allmählich. Es hatte lange gedauert, bis er das Leben ohne sie in den Griff bekommen hatte. Das würde er nie vergessen, und er wollte nie wieder etwas Ähnliches erleben.
13. KAPITEL
An Samanthas Beerdigung erinnerte Michael sich nur noch vage. Marissa hatte ihm damals geholfen und sich um alles gekümmert – auch um seine Tochter. Obwohl seine Frau von ihm erwartet hätte, für seine Tochter da zu sein, hatte er es lange Zeit nicht geschafft.
Jetzt versuchte er, es wiedergutzumachen und ihr ein Vater zu sein, wie ein kleines Mädchen ihn brauchte. Er glaubte, gute Fortschritte zu machen, und fühlte sich im Umgang mit ihr nicht mehr unbeholfen.
Dazu hatte Hannah ihren Teil beigetragen. Sie hatte ihn und Riley zusammengebracht.
Ich weiß, dass du nichts dagegen hast, dachte er und sah nachdenklich auf das Grab seiner Frau hinunter. In diesem Moment nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Seine Schwester kam den Hügel hinauf, legte Blumen auf das Grab und setzte sich dann neben ihn auf die schmiedeeiserne Bank.
„Wie geht es dir?“, erkundigte sie sich besorgt.
„Erstaunlich gut.“
Einige Minuten saßen sie in stillem Gedenken nebeneinander, bis Michael sagte: „Ich frage mich, wieso du immer da bist, wenn ich dich brauche – selbst wenn ich mir dessen nicht bewusst bin.“
„Weil du mein großer Bruder bist und ich dich liebe.“
Liebevoll legte er ihr den Arm um die Schultern. „Ich bin der glücklichste Bruder der Welt.“
Marissa lächelte ihm zu.
„Heute wäre unser sechzehnter Hochzeitstag gewesen. Ich hatte sechzig erwartet.“ Er schluckte. „Samantha war nicht nur meine Frau, sondern auch meine beste Freundin – mein Leben.“
„Du hast noch Riley.“
„Sie ist das Beste von uns beiden.“
„Wie ich höre, spielt sie Tennis?“
„Hat dir das Dr. Marotta erzählt?“
Sie nickte. „Wie geht es Hannah?“
„Die Fäden werden bald gezogen, und sie hat gelernt, einen Sicherheitsabstand zu Rileys Rückhand einzuhalten. Außerdem hat sie meiner Tochter für den Sommer nahezu sämtliche Unterrichtsstunden erlassen.“
„Prima.“
Überrascht sah Michael sie an. „Hast du mir nicht geraten, Riley Klavierunterricht erteilen zu lassen?“
„Sie ist ein Naturtalent, das man fördern sollte. Aber du hast aus zwei Stunden pro Woche fünf gemacht und Unterricht in mehreren Fremdsprachen und Kunst hinzugefügt. Das arme Kind hat kaum noch Freizeit.“
Das war auch Hannahs Argument gewesen. Riley hatte sich zwar nie beklagt, inzwischen wusste er aber, dass er ihr zu viel zugemutet hatte.
„Was fängt Riley mit ihren Ferien an, wenn sie nicht gerade Tennis spielt?“
„Sie … hat Spaß.“
„Das scheint dich zu wundern.“
„Ich wusste gar nicht mehr, wie es sich anhört, wenn sie lacht“, gab er zu.
Wieder lächelte Marissa. „Vielleicht habe ich mich getäuscht.“
„Inwiefern?“
„Ich hätte mir keine Sorgen um dich zu machen brauchen. Dein Herz scheint zu heilen.“
„Schon, aber ich vermisse Samantha noch immer.“
„Natürlich. Trotzdem musst du nach vorn blicken. Du bist zu jung, um für den Rest deines Lebens allein zu bleiben.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, mit einer anderen Frau zusammen zu sein“, sagte er, wusste aber im selben Moment, dass sich das gerade änderte.
Hannah hatte instinktiv gespürt, dass etwas nicht stimmte, als Prinz Michael überraschend seine
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