Romana Extra Band 8 (German Edition)
das Kopfkissen übers Gesicht. Wer, um alles in der Welt, schrie da so laut? Ihre Mutter würde außer sich sein über so einen Lärm im Schloss.
Irgendwie fühlte sich das Kopfkissen ganz anders an. Michelina blinzelte darunter hervor und erinnerte sich. Sie befand sich nicht im Schloss. Ihre Schläfen pochten. Sie war in den Vereinigten Staaten. In Wyoming.
Ihr wurde fast übel, als sie sich auch an alles andere erinnerte. Ihr Truck. Was war damit passiert? Sie musste ihn reparieren lassen, damit sie weiter nach Jacques suchen konnte. Vorsichtig setzte sie sich auf. Sie dachte an den Mann, der sie letzte Nacht in sein Haus getragen hatte.
Pflichtbewusst. Freundlich. Attraktiv. Wenn man auf diese Alphamännchen stand. Was sie jedoch nicht tat. Michelina verdrehte die Augen. In ihrer Familie wimmelte es von dominanten Männern.
Die Tür flog auf, und zwei kleine Mädchen rannten herein. Jared McNeil und ein bellender Hund folgten ihnen.
„Lasst das! Katie! Lindsey!“ Endlich holte er sie ein und packte sie an den Kragen ihrer Nachthemden. „Ich habe euch doch gesagt …“ Er verstummte, als er Michelina aufrecht im Bett sitzen sah.
„Wer ist sie?“, fragte das ältere der beiden Mädchen.
„Sie ist hier, weil …“ Er zögerte kurz „… weil sie eine Autopanne hatte und es mitten in der Nacht war. Sie reist heute wieder ab.“
Michelina hob die Brauen. „Autopanne? Mein Truck …“
„Mimi Deerman“, unterbrach er sie energisch, „das sind Katie und Lindsey, meine Nichten. Sie wohnen hier, bis meine Schwester und ihr Mann sich wieder erholt haben. Sie hatten einen …“
„… schlimmen Autounfall“, ergänzte Katie, und ihr Kindergesicht drückte tiefe Sorge aus.
Michelina verstand. Mr McNeil hatte es aus Rücksicht auf seine kleinen Nichten bewusst zurückhaltend formulieren wollen. Wirklich nett von ihm. „Es ist mir ein Vergnügen, euch kennenzulernen“, sagte sie. „Es tut mir sehr leid, von dem Unfall eurer Eltern zu hören.“
Katie blickte zu Mr McNeil hoch. „Sie ist hübsch, aber sie redet komisch.“
Dieser zuckte die Schultern und schob die Mädchen zur Tür. „Helen hat schon die Haferflocken fertig für euch. Komm, Leo.“ Er blickte über die Schulter zurück. „In ein paar Minuten können wir beide über die Versicherung sprechen.“
Michelina erstarrte. Versicherung? Als sie merkte, dass er sie forschend anblickte, setzte sie rasch ein Lächeln auf. „Kein Problem. Ich meine, was kann so ein Stall schon kosten?“
Dreißig Minuten später fiel Michelina fast von dem Ledersessel in Mr McNeils Büro. Erschrocken schüttelte sie den Kopf. „Eine Stallwand kann doch nicht so teuer sein.“
„Da sind die Reparaturkosten für Ihren Truck noch nicht eingeschlossen.“
„Die Reparatur kann nicht viel kosten. Es ist ja nur der vordere Teil des Wagens.“
Jared blickte sie mitleidig an. „Sie werden staunen, was Karosseriearbeiten kosten.“
Michelina wollte etwas erwidern, doch seine Nichten kamen hereingestürmt. „Helen ist hingefallen und kann nicht mehr laufen. Ihr Knöchel …“, rief Katie.
„Helen?“, wiederholte Michelina.
„Helen ist meine Haushälterin. Sie hat geschlafen, als ich Sie letzte Nacht hereingebracht habe.“ Jared stand auf. „Wo ist sie jetzt?“, fragte er Katie.
„Unten an der Kellertreppe.“
„Wir reden in ein paar Minuten weiter“, sagte er zu Michelina. „Wer immer behauptet hat, ein Unglück kommt selten allein, hat stark untertrieben“, murmelte er.
Michelina empfand ein klein wenig Mitleid mit dem Mann. Er hatte die Verantwortung für seine Nichten übernehmen müssen, sie war mit dem Auto in seinen Stall gerast, und jetzt war auch noch seine Haushälterin gestürzt. Es schien kein guter Tag für ihn zu sein. Sie hatte allerdings ihre eigenen Sorgen. Ihr Bargeld reichte, um einen Monat bequem davon leben zu können, der Truck war allerdings etwas teurer gewesen, als sie eingeplant hatte. Von ihrem Konto konnte sie jetzt nichts mehr abheben, denn dadurch könnte man sie leicht ausfindig machen, und ihr neues, unabhängiges Leben wäre vorbei, bevor es richtig begonnen hätte. Plötzlich war sie völlig verunsichert. Was wäre, wenn es stimmte, was die anderen sagten? War sie wirklich zu flatterhaft und gedankenlos, um für sich selbst oder für irgendetwas Verantwortung zu übernehmen? War sie womöglich tatsächlich nichts weiter als eine Prinzessin Nichtsnutz?
Die Fragen rührten an die Seite an ihr, die sie
Weitere Kostenlose Bücher