Romana Gold Band 11
und gehe dann schlafen.“
Martin durchschaute ihre Taktik. „Vielleicht brauche ich nichts“, antwortete er, „aber Wünsche sind erlaubt, oder?“
Er kam drohend näher, aber Lorna wich ihm aus und lief in den Flur. Dort war niemand zu sehen. Von oben drangen Stimmen herunter. Die Collins’ waren also schon in ihrem Zimmer.
Lorna knipste das Licht aus und ging langsam die Treppe hinauf. Auf halber Höhe drehte sie sich noch einmal um. Martin stand unten und sah ihr nach.
„Gute Nacht“, sagte sie leise. „Hoffentlich schläfst du gut.“
Sie ließ Martin keine Zeit zu reagieren. Ehe er etwas sagen oder sie einholen konnte, hatte sie ihr Zimmer erreicht und schloss hinter sich die Tür.
6. KAPITEL
Lorna hatte erwartet, noch lange wach zu liegen, aber sie war dann doch sofort eingeschlafen und wachte erst auf, als am nächsten Morgen um halb sieben der Wecker klingelte.
Eine Weile genoss sie den angenehmen Dämmerzustand zwischen Schlafen und Wachen. Ihr war, als wäre irgendetwas Ungewöhnliches passiert, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, was es war.
Dann fiel es ihr ein. Martin. Sie drehte sich auf den Rücken und strich sich mit den Fingerspitzen über die Lippen. Martin hatte sie geküsst. Sie blieb still liegen, um die süße Erinnerung nicht zu vertreiben. Halb schlafend, halb wachend durchlebte sie noch einmal die Minuten in seinen Armen und das Entzücken, das sie dabei gespürt hatte.
Dann fiel ihr etwas anderes ein. Vielleicht war heute Martins letzter Tag in Glenmore. Wenn Andy das Ersatzteil bekommen und eingebaut hatte, würde Martin spätestens morgen früh abreisen. Möglicherweise schon heute Abend. Dann blieben ihr nur die Erinnerung und ein leeres Zimmer, das sie für den nächsten Gast herrichten musste.
Lorna bemühte sich, vernünftig zu bleiben und das Erlebnis der vergangenen Nacht nicht überzubewerten. Schließlich kannten Martin und sie sich kaum. Was hatte er gesagt? „Ich bin frei und ledig – abgesehen davon, dass ich in jeder Stadt eine Freundin habe.“
Sie seufzte. Selbst wenn er die Worte scherzhaft gemeint hatte, waren sie womöglich eine heimliche Warnung gewesen, ihn zu nichts zu zwingen, ihm keine Fesseln anzulegen. Frei und ledig – das war er, und das wollte er bestimmt bleiben.
Und abgesehen davon – wie kam sie dazu, so vor sich hinzuträumen? Sie selbst war nicht mehr frei, denn sie fühlte sich seit Langem an Jan gebunden. Neben ihm konnte Martin ihr nichts bedeuten, jedenfalls nicht im gleichen Sinn.
Sie stellte sich Jans freundliches vertrautes Gesicht vor, aber das änderte nichts daran, dass seine Küsse sie nie so erregt hatten wie Martins. In Jans Armen fühlte sie nichts, bei Martin erwachte sie wie zu neuem Leben. Sie reagierte mit allen Sinnen auf ihn, und seine Zärtlichkeiten beglückten sie so, dass sie noch jetzt davon erfüllt war.
Es ist, als hätte man mir nach einer jahrelangen Fastenkur mit Wasser und Brot plötzlich Champagner zu trinken gegeben, dachte sie und musste gleichzeitig über sich lachen. Sie wusste doch, dass sie nur ein Glas kosten durfte. Oder fiel es ihr gerade darum so schwer, auf mehr zu verzichten?
Lorna war fast erleichtert, dass Martin und das Ehepaar Collins gleichzeitig zum Frühstück herunterkamen. Dadurch konnte sie ihn wie einen ganz normalen Gast begrüßen – freundlich, aber zurückhaltend. In Wirklichkeit reagierte sie so stark auf ihn, dass sie seinem direkten Blick auswich und die Küche verließ, sobald sie das Frühstück serviert hatte.
Die Hausarbeit war ein willkommenes Mittel, um sich abzulenken. Lorna war gerade dabei, im Wohnzimmer staubzusaugen, als Martin zur Tür hereinschaute.
„Ich gehe zu Andy“, erklärte er. Als Lorna den Staubsauger ausschaltete, um Martin besser verstehen zu können, kam er herein und lehnte sich lässig gegen die Wand, wie er es gern tat. „Ich möchte wissen, wie er vorankommt.“
„Du könntest anrufen“, schlug Lorna vor. „Es ist ein ziemlich weiter Weg bis zur Werkstatt.“
Martin lächelte und raubte ihr damit beinahe ihre mühsam bewahrte Fassung.
„Hast du mir nicht erst gestern zu einem ausgiebigen Spaziergang geraten?“, erinnerte er sie. „Ich bin heute gerade in der richtigen Stimmung – obwohl es natürlich schöner wäre, wenn du mitkämest. Es ist herrliches Wetter“, fügte er verheißungsvoll hinzu.
„Ich weiß.“ Lorna wischte ein Stäubchen vom Tisch und verzog das Gesicht. „Ich würde auch
Weitere Kostenlose Bücher