Romana Gold Band 15
geführt, um herauszufinden, wo sie geblieben sein könnte – bisher leider ohne Erfolg.“
„Eine so große Sendung müsste doch leicht zu finden sein.“
„Genau das habe ich diesen englischen Weinhändlern auch gesagt!“ Antonio lachte spöttisch. „Ich weiß, dass Sir Robert Brandon ein alter Freund von dir ist, Onkel, aber es sieht so aus, als würden seine Geschäftsmethoden noch aus dem neunzehnten Jahrhundert stammen.“
„Du betrachtest Sir Robert und mich vielleicht als Dinosaurier“, konterte sein Onkel, „aber wenn du nach England fliegst, könntest du deine Probleme mit ihm besprechen. Schließlich ist er einer der cleversten Geschäftsmänner in der Weinbranche.“
„Hm … Ich überlege es mir“, sagte Antonio, als er sich wieder abwandte, um die Tür zu öffnen. „Pass auf dich auf, Onkel. Nächsten Montag müsste ich wieder im Büro sein“, fügte er lächelnd hinzu, bevor er den Raum verließ.
Als er den Flur entlangging, empfand er Mitleid mit seinem Onkel, der nun an den Rollstuhl gefesselt war. Tatsache war jedoch, dass es nicht so schlecht um das Familienunternehmen bestellt gewesen wäre, wenn sein Onkel die Leitung gleich abgegeben hätte, nachdem er von seiner Herzkrankheit erfahren hatte. Leider hatte der alte Mann nicht auf den Rat seines Arztes gehört.
Er, Antonio, war daher gezwungen gewesen, seinen Beruf als Anwalt für internationales Steuerrecht, dem er in Madrid mit großem Erfolg nachgegangen war, aufzugeben und die Firma von einem Tag auf den anderen zu übernehmen. Bei seiner Rückkehr nach Jerez hatte er sich mit diversen schwerwiegenden Problemen konfrontiert gesehen.
Vor allem muss das Unternehmen modernisiert werden, sagte er sich grimmig, als er das Haus seines Onkels verließ und im Schatten der Olivenbäume zu seinem Sportwagen ging.
Die Familie Ramirez besaß ausgedehnte Weinberge und produzierte einige der besten Sherrysorten in Spanien, doch sein Onkel hatte offenbar noch nicht einmal von Computern oder dem Internet gehört. Und da er auch wenig von Büroarbeit gehalten hatte, gab es so gut wie keine Unterlagen.
Mit etwas Glück müsste ich die meisten Probleme heute Nachmittag mit meinen Finanzberatern lösen, überlegte Antonio, bevor er den Motor anließ. Je eher er damit anfangen konnte, das Familienunternehmen zu modernisieren, desto besser.
Emilio drehte sich mit seinem Rollstuhl zum geöffneten Fenster und blickte dem schwarzen Sportwagen seines Neffen nach, der in einer Staubwolke verschwand. Danach saß er noch eine ganze Weile in Gedanken versunken da.
Ihm war klar, wie schwer es Antonio gefallen sein musste, seinen Beruf aufzugeben. Natürlich hatte er sich nie beklagt. Trotzdem war es sicher eine große Belastung für ihn gewesen, sich von seinen Kollegen und Freunden zu verabschieden und sein schickes Apartment in Madrid aufzugeben, nur weil er der Einzige in der Familie war, der sich für die Leitung der Firma eignete.
Er, Emilio, konnte ihm diese Last nicht abnehmen. Doch vielleicht konnte er ihm bei der Lösung einiger finanzieller Probleme helfen …
Ich sitze zwar im Rollstuhl, aber ich bin noch nicht tot, sagte sich Emilio und lachte leise, bevor er sich zu seinem Schreibtisch umdrehte und den Telefonhörer abnahm.
„Sí“, erwiderte er, nachdem jemand den Anruf entgegengenommen hatte, „Señor Don Roberto por favor …“
Ungefähr zur selben Zeit und viele Hundert Meilen entfernt fluchte Georgina Brandon leise, als sie den Hörer aufknallte.
Sie hatte sich mit dem Manager der Firmenzentrale in der Pall Mall in London noch nie verstanden. Es war typisch für diesen öligen, falschen Kerl, sie und ihre Mitarbeiter für seine Fehler verantwortlich zu machen.
Und sie hatte keine Ahnung, wie er darauf kam, dass eine so große, wertvolle Sendung hochwertigen Sherrys ausgerechnet an die Zweigstelle hier in Ipswich in der Grafschaft Suffolk geliefert worden sein konnte. Es war doch viel wahrscheinlicher, dass sie im anderen Lager in Bristol oder in den weitläufigen Kellerräumen in der Pall Mall gelandet war.
Der Verlust einer so wertvollen Lieferung war momentan jedoch ihre geringste Sorge. Es hatte sie zwar gefreut, zu hören, dass der Inhaber der weltbekannten Bodega Ramirez diesen widerlichen Kerl in London zur Schnecke gemacht hatte, aber es war ein Schock für sie gewesen, zu erfahren, wer der neue Vorsitzende und Geschäftsführer des spanischen Unternehmens war.
„Antonio? Antonio Ramirez?“ , hatte sie entsetzt
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