Romana Gold Band 15
runzelte er die Stirn.
„Das ist ein Händler, der in dieser Gegend East Anglias frischen Fisch an der Haustür verkauft“, erklärte sie. „Deswegen gibt es als Hauptgericht frischen Kabeljau in Petersiliensauce. Das klingt vielleicht ein bisschen langweilig, aber frischer Kabeljau ist sehr lecker. Und als Nachtisch … Was hältst du von Stachelbeerkompott?“
Antonio zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben eine Stachelbeere gegessen“, fügte er skeptisch hinzu.
„Was?“ Überrascht blickte sie ihn an. Dann nahm sie eine weiße Plastikschüssel aus dem Schrank.
„Stachelbeerkompott schmeckt himmlisch. Du magst es bestimmt.“ Sie reichte ihm die Schüssel und erklärte ihm, wo die Stachelbeerbüsche im Küchengarten standen.
Es amüsierte und überraschte Gina gleichermaßen, dass Antonio, den sie immer für einen typischen spanischen Macho gehalten hatte, sich von einer Frau herumkommandieren ließ. Doch zu ihrer Verblüffung war er brav in den Garten gegangen, um Stachelbeeren zu pflücken.
So konnte sie in Ruhe mit ihren Vorbereitungen fortfahren.
„Das war köstlich“, lobte Antonio eine ganze Weile später und legte seinen Löffel weg, um ihr von dem Dessertwein nachzuschenken. „Und ich muss zugeben, dass Stachelbeerkompott mit Schlagsahne von nun an zu meinen Lieblingsdesserts gehört.“
„Freut mich, dass es dir geschmeckt hat“, erwiderte Gina leise. Dann lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück und blickte ihn über den Tisch hinweg an.
Es war ein herrlicher Sommerabend. Sie saßen bei geöffneten Terrassentüren im Esszimmer. Die dünnen Gardinen blähten sich in der sanften Brise, und die Kerzen auf dem Tisch schufen eine intime Atmosphäre.
Erstaunt stellte Gina fest, wie sehr sie den Abend genossen hatte. Zum zweiten Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden war ihr bewusst geworden, dass Antonio ein Gast war, von dem die meisten Gastgeberinnen nur träumen konnten: charmant, aufmerksam und höchst unterhaltsam.
Er hatte sich nicht nur anerkennend über das Essen geäußert, sondern sie mit amüsanten Geschichten und Anekdoten vor allem aus seiner Zeit in Madrid unterhalten.
Und im Gegensatz zum Vorabend war sie alles andere als nervös gewesen, was unter anderem daran lag, dass sie sich in ihrer gewohnten Umgebung viel wohler fühlte. Interessiert hatte sie sich weiter nach seiner Familie erkundigt und erfahren, dass Isabella, seine andere Schwester, die sich damals gerade mit einem ziemlich langweiligen Mann verlobt hatte, inzwischen stolze Mutter dreier Mädchen war.
„Einen Sohn haben die beiden noch nicht“, hatte Antonio gesagt und unmerklich die Schultern gezuckt, bevor er hinzugefügt hatte, dass seine Schwester wieder ein Kind erwarte und ihr Mann Jaime hoffe, es würde ein Junge werden.
„Natürlich“, hatte sie lächelnd erwidert und sich daran erinnert, wie viel Wert besonders die Südländer der Geburt eines männlichen Erben beimaßen.
Als Gina sich jetzt auf ihrem Stuhl zurücklehnte und überlegte, ob sie in die Küche gehen und Kaffee kochen sollte, fiel ihr plötzlich eine Frage ein, die sie ihm schon in der Firma hatte stellen wollen, dann jedoch vergessen hatte.
„Du hast ja gestern meinen Großvater gesehen. Er ist schon sehr alt und kann die Fahrt nicht mehr auf sich nehmen, um das Wochenende hier zu verbringen. Und ich war in letzter Zeit sehr beschäftigt und konnte nicht so oft nach London fahren, wie ich gern gewollt hätte …“ Sie zögerte einen Moment. „Was hattest du für einen Eindruck von ihm? Ehrlich gesagt“, fügte sie schnell hinzu, „mache ich mir Sorgen um ihn. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, schien es ihm nicht so gut zu gehen.“
„Ja, ich habe ihn gesehen“, bestätigte Antonio und zögerte ebenfalls einen Augenblick. „Ich musste leider feststellen, dass es ihm nicht besonders gut zu gehen schien.“
„Du hast recht. Ich mache mir sogar große Sorgen um ihn“, gestand sie und seufzte schwer. „Aber Grandpa meint, er sei eben alt und das würde uns alle irgendwann einmal erwarten.“
Antonio betrachtete Gina, die starr auf ihren Teller blickte und sich um ihren Großvater ängstigte, der, soweit er wusste, ihr einziger noch lebender Verwandter war.
„Hast du noch andere Verwandte – zum Beispiel entfernte Cousinen –, die ihn vielleicht unterstützen könnten, wenn er schwer krank wird?“, erkundigte er sich leise.
„Nein, leider nicht.“ Wieder
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