Romanze im spanischen Schloss
haben alles Mögliche angebaut, um endlich wieder Gewinne zu erzielen, aber von der Trockenheit ist natürlich die gesamte Landwirtschaft betroffen.“
Sie begriff, was er damit sagen wollte: Er und seine Familie hatten allzu lange ohne die erhofften Ergebnisse gearbeitet.
„In den letzten zwei Jahren habe ich mit den restlichen Mitarbeitern hart anpacken müssen, um aus den roten Zahlen herauszukommen.“
„Haben Sie es geschafft?“ Gespannt wartete sie auf seine Antwort.
Sekundenlang begegneten sich ihre Blicke. „Ja, wir sind über den Berg.“
„Dann hätten Sie vorgestern Grund zum Feiern gehabt, wenn Ihnen nicht so eine verrückte Amerikanerin, die in Gedanken mit den Olivenhainen beschäftigt war, einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Es tut mir so leid. Ich wünschte, ich hätte besser aufgepasst, dann wäre der Unfall nicht passiert.“ Unwillkürlich schluchzte sie auf.
Sofort war er bei ihr und nahm sie in die Arme. Dann wiegte er sie schweigend hin und her, so wie ihr Mann es gemacht hätte. Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, barg das Gesicht an seiner Schulter, klammerte sich an ihn und weinte sich aus.
Sie hatte so viele Gründe, ihren Tränen freien Lauf zu lassen, dass sie am Ende gar nicht mehr genau wusste, weshalb sie weinte. Alles ging ineinander über. Remi tröstete sie mit Worten, die sie nicht verstand, und schließlich fand sie sich auf dem Bett wieder, ohne dass sie hätte sagen können, wie sie dorthin gelangt war. Er setzte sich neben sie, strich ihr das feuchte Haar aus der Stirn, und langsam beruhigte sie sich wieder.
„Bleiben Sie liegen“, forderte er sie sanft auf. „Ich wechsle Ihnen den Verband.“
Ein Déjà-vu-Gefühl überkam sie. Sie lag auf dem Boden am Straßenrand, er kniete neben ihr, beugte sich über sie und versicherte ihr, Hilfe sei unterwegs.
Behutsam löste er die Binde, und sie begegnete seinem besorgen Blick. „Mit dem rechten Auge kann ich nichts sehen. Ist es überhaupt noch da?“
Wieder zuckte ein Nerv in seinem Kinn. „Natürlich, ich werde es Ihnen beweisen.“, erwiderte er rau, ehe er den Kopf senkte und sie auf beide Lider küsste. Die zärtliche Geste beruhigte sie mehr als Worte.
„Es tut mir leid, dass ich die Beherrschung verloren habe“, entschuldigte sie sich leise.
„Es war gut, so weiß ich wenigstens, dass Sie auch nur ein Mensch sind.“
„Danke, Remi.“ Erneut schimmerten Tränen in ihren Augen.
„Wenn Sie wieder anfangen zu weinen, kann ich Ihnen keinen neuen Verband anlegen“, sagte er lächelnd.
Sie biss sich auf die Lippe. „Okay, ich nehme mich zusammen.“
Er tupfte ihr die Lider mit einem Papiertaschentuch ab, ehe er das rechte Auge wieder bedeckte. „Nun, wie ist es?“
„Großartig! Vielen Dank, Doktor“, neckte sie ihn.
Ein Lächeln erhellte sein Gesicht, und in dem Moment war von der Schwermut, die ihn sonst umgab, nichts zu spüren. Wenn er so lächelte wie jetzt, fühlte sie sich wie verzaubert.
„Von Ihren Händen geht etwas Beruhigendes aus. Ich wette, die Olivenbäume lieben Sie.“
Augenblicklich wurde seine Miene ernst.
„Habe ich etwas Falsches gesagt?“, fragte Jillian.
„Nein. Sie haben mich nur an eine Bemerkung meines Vaters erinnert.“
„Und die war?“
„Er hat mich aufgefordert, sanft mit den Bäumen umzugehen, weil es lebendige Wesen seien.“
„Davon bin ich auch überzeugt.“
Plötzlich knisterte es förmlich zwischen ihnen, doch als er vom Bett aufstand, war alles wieder vorbei.
Er sah auf die Uhr. „Ich muss dringend etwas mit Diego besprechen, leider lässt es sich nicht aufschieben. Bleiben Sie heute Nacht hier, Jillian. Morgen möchte ich Ihnen einen Vorschlag unterbreiten, der für Ihren Reiseveranstalter interessant sein könnte und auch meinen Zwecken dient.“
Freude durchflutete sie. Noch eine Nacht in seiner Nähe, noch dazu unter seinem Dach – was für eine verlockende Vorstellung. Zu gern hätte sie gewusst, was in seinem Kopf vorging. Ich muss vernünftig sein, mahnte sie sich sogleich. Dann siegte die Neugier über die Vernunft, die sowieso außer Kraft gesetzt war, seit sie diesen Mann kannte.
„Wenn ich hierbleibe, muss ich die Zimmerreservierung im Prado Inn rückgängig machen.“
„Das Telefon steht auf dem Nachttisch“, erklärte er mit zufriedener Miene. „Dann sehen wir uns morgen früh. Gute Nacht, Jillian.“
Nachdem Remi den Raum verlassen hatte, rief Jillian zuerst das Hotel an und anschließend ihren
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