Romanzo criminale
andere Kniescheibe. Während der armselige Wurm hustend über den Boden kroch und um Gnade flehte, zogen sie ein paar Straßen und kommentierten Falcaos letzte Großtat. Beato Porco war beinahe beim Panda angelangt. Wohin wollte er, der arme Teufel? Sie stellten ihn auf die Füße, so gut es eben ging, wobei sie Acht gaben, sich nicht mit Blut zu besudeln, und banden ihn an einen Baumstumpf. Scrocchiazeppi machte die Stereoanlage an und legte eine Kassette mit Discomusik ein. Nembo Kid hatte Lust, ein wenig mit dem Messer herumzuspielen. Er begründete jeden Stich:
– Der ist für Patrizia, weil du sie beleidigt hast. Der ist für Donatella, weil du sie vergewaltigt hast. Der ist für Barbarella, weil du sie geschlagen hast, du Schwein. Der ist, weil du mir unsympathisch bist. Und der, weil es mir Spaß macht.
Dann reichte er das Messer an Scrocchiazeppi weiter und der überließ es schließlich Botola. Aber Botola weigerte sich. Irgendjemand musste ihnen ja Deckung geben, für den Fall, dass plötzlich jemand auftauchte. Nach einer Weile hatten sie genug. Es war nicht ganz klar, ob Beato Porco, der blutüberströmt den Kopf hängen ließ, noch lebte oder nicht. Sicherheitshalber verpassten sie ihm alle noch drei Kugeln, dann schleppten sie den Sack ins Auto und machten ein schönes Feuerchen. Botola fuhr sie mit Nembos Audi nach Hause. Er fuhr sehr vorsichtig, ihm war ein wenig übel.
Am Tag darauf wurde der halb verkohlte Leichnam gefunden. Scialoja ließ Freddo unter dem Vorwand eines informellen Gesprächs zu sich kommen. Ohne Anwalt.
– Eine schöne Schweinerei habt ihr mit dem armen Teufel angerichtet.
– Diesmal habe ich wirklich ein wasserdichtes Alibi.
– Die einen befehlen und die anderen gehorchen.
– Sie müssen es ja wissen …
– Aber merkwürdig ist die Sache schon, oder nicht? Ich glaube, ich habe in den letzten Jahren viel über euch dazugelernt … Sie zum Beispiel sind … ich möchte nicht gerade sagen … eine anständige Person, aber vielleicht, wenn Sie es sich rechtzeitig überlegt hätten … ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie einen armen, mit Drogen vollgestopften Teufel drei Stunden lang foltern …
– Ich war im Knast!
– Genau darum geht es. Sie sind drinnen, aber die anderen sind draußen. Sie sind ein Boss …
– Was reden Sie da!
– Aber kommen Sie! Sie sind ein Boss, so wie Libanese ein Boss war ... zu Libaneses Zeiten wäre etwas derart Absurdes nicht passiert ...
– Aber was! Das hast du mir schon x-mal erzählt, Bulle! Wenn es eine Anklage ist, möchte ich meinen Anwalt, protestierte Freddo.
Scialoja lächelte.
– Die draußen verlieren den Kopf. So was passiert, nicht wahr? Es ist wie ein Rausch ... früher oder später werdet ihr euch alle gegenseitig umbringen ...
– Wärter!, schrie Freddo und sprang auf. Wärter! Ich möchte raus! Ich möchte zurück in meine Zelle.
Der Maresciallo kam ins Gesprächszimmer gelaufen. Scialoja gebot ihm mit einer brüsken Geste Einhalt.
– Erinnern Sie sich bitte daran, wer hier das Sagen hat. Und wer im Knast sitzt ... offenbar wird das gern vergessen!
Als Freddo in die Zelle zurückging, war er schwarz vor Zorn. Ja, dieser Hurensohn hatte Durchblick. Und er versuchte immer, einen Keil zwischen sie zu treiben. Als ob das noch notwendig wäre! Die Sache mit Beato Porco war eine Dummheit gewesen. Schlimmer noch. Sie hatten sich aufgeführt wie kleine Jungen, die sich einen Spaß daraus machen, einer Katze einen Knallfrosch in den Arsch zu schieben. Ein Kinderstreich. Ein tragischer Kinderstreich. Um Beato Porco zu bestrafen, hätte eine Kopfnuss gereicht, und ciao! Wozu sich derart austoben?
Zio Carlo hingegen fühlte sich von der Exekution an die schöne Zeit des Rachefeldzugs gegen die Palermitaner erinnert. „Viddani“ nannte man sie: tölpelhafte Bauern, Schlachtfleisch. Da sie immer von den wichtigen Entscheidungen ausgeschlossen waren, hatten die Viddani beschlossen, sich zur Wehr zu setzen. Es hätte nicht gereicht, die Palermitaner zu erschießen. Nägel zu ziehen, Brustwarzen zu verbrennen, ihnen die Eier ins Maul zu stopfen, wie man es mit Tieren macht. Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Angst sollte sich bis in die barocken Salons der diskreten und kultivierten Zirkel verbreiten. Das war die einzige Sprache, die sie verstanden.
Maestro wunderte sich.
– So mächtig und bringen sich noch immer gegenseitig um!
– Das heißt bei uns so, Maestro:
Cu nasci tunno, ’un po’ moriri
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