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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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worden war. Die restlichen Insassen des altehrwürdigen Gebäudes waren ungefähr so verrückt wie er und warteten auf die Diagnose der Unzurechnungsfähigkeit wie auf das Abitur. Aber da konnten sie lange warten. Sie führten sich auf wie Bilderbuchverrückte, schnitten Grimassen, heulten und ließen den Schwanz raushängen, um die arroganten Pfleger zu provozieren. Sogar ein Anfänger hätte auf den ersten Blick gesehen, dass sie simulierten. Lieber sich abseits halten, den Kontakt mit der Masse vermeiden. Aber wie sollte er dann die Zeit totschlagen? Genau das war ja sein Hauptproblem.
    Einmal abgesehen von Conte Ugolino, der ein gutmütiger Kerl war, solange man ihn nicht provozierte – er konnte Bufalo mit einem Arm hochheben –, schien Turi Funciazza der einzige Vernünftige zu sein. Der Sizilianer, ein wacher, wortkarger, auf Erpressungen spezialisierter Typ, war einer der tüchtigsten Handlanger des Clans der Piazza del Gesù. Nach einem Mord im Auftrag der Verbündeten der Corleones war er geschnappt und von einem Verräter verpfiffen worden, von dem sich bereits zwei Cousins und drei Neffen buchstäblich in Salzsäure aufgelöst hatten; er war höflich, aber zurückhaltend und verschlossen und Bufalo zufolge auch etwas arrogant. Vor seiner Verhaftung hatte er Sizilien oder besser gesagt die Provinz Palermo kein einziges Mal verlassen, und es war eindeutig, was er seiner freundlichen Miene zum Trotz dachte: Alles, was nicht Cosa Nostra ist, ist entweder der Staat oder existiert nicht. Bufalo, der zu Hause an den Respekt und an die Furcht der Untergebenen gewöhnt war, tat alles, um ihm zu gefallen, aber der Sizilianer zuckte nur mit den Schultern und lächelte süffisant:
    – Da vergehen noch fünfhundert Jahre, bis du einer von uns bist, Kumpel.
    Fünfhundert Jahre, erklärte Turi, denn vor fünfhundert Jahren wurde die Cosa Nostra gegründet. Da brachten drei adelige Brüder, Osso, Mastosso und Carcagnosso, in einem ordnungsgemäßen Duell den Bruder des Königs von Spanien um, weil er sie beleidigt hatte.
    – Aber der Scheißhaufen auf dem Thron verurteilte sie zum Tod und Osso, Mastosso und Carcagnosso mussten fliehen. Osso ging in Favignana an Land und gründete das, was ihr als Mafia bezeichnet … Mastosso ging in Neapel an Land und gründete das, was ihr als Camorra bezeichnet, und Carcagnosso gründete die erste ’Ndrina in Kalabrien … du musst also noch eine Zeitlang warten.
    Rede nur, rede, Römer, du und deinesgleichen müssen eben hartes Brot fressen. Aber als er den Namen Dandi hörte, reagierte Turi merkwürdig, und zwei Tage danach lächelte er offen und ehrlich und drückte ihm herzlich die Hand. Er hatte Informationen von der „Familie“ erhalten.
    Bufalo galt als vertrauenswürdige Person.
    – Warum hast du mir nicht gleich gesagt, Compare, dass du einer von Dandis Bande bist? Zio Carlo schätzt ihn sehr.
    Bufalo wurde also anerkannt und geschätzt, weil er ein Freund Dandis war! Er, der Dandi am liebsten dem wütenden Conte Ugolino zum Fraß vorgeworfen hätte, um zu sehen, ob der Toskaner tatsächlich Menschenfleisch fraß! Ein Freund Dandis, des Verräters, der sein Leben ruiniert hatte! Turi Funciazzas Offenbarung zwang Bufalo, wieder einmal das Hirn anzustrengen und seine Denkfaulheit abzulegen, zu der er sich hinreißen ließ, seit er versuchte, sich als unzurechnungsfähig auszugeben. Dandi ist draußen und machte Geschäfte mit der Mafia, und Bufalo sitzt im Irrenhaus und geht vor die Hunde. Dandi scheffelt Milliarden und Bufalo ist auf die Almosen seiner Freunde angewiesen. Dandi steigt, Bufalo sinkt. Dandi gewinnt und Bufalo verliert. Bufalo rächt Libanese und bezahlt dafür. Dandi scheißt auf die Rache und bezahlt nicht. Daraus folgt: Dandi ist ein großes Arschloch und Bufalo ein armer Trottel. Dandi hat gut daran getan, nach vorne zu blicken, und Bufalo hat den Fehler begangen, zu sehr an die Vergangenheit zu denken.
    Der Urlaub in Montelupo dauerte nur zwei Wochen. Bufalo bestach einen Unteroffizier, der die Neuen registrierte, und erfuhr, dass der Abschlussbericht „die früheren Beobachtungen bestätigte“. Alles für die Katz, mit einem Wort. Am Abend vor seiner Rückkehr nach Rom fragte er Turi, wie sich ein ehrenwerter Mann angesichts eines allzu übergriffigen Rivalen verhalten würde, der andererseits zu mächtig war, um ihm mit der Waffe in der Hand gegenüberzutreten.
    Mit List und Demut, Compare – mit Lächeln und mit Gift, antwortete er.
III.
    Nach

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