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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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ich ihn wüsste, würde ich ihn dir nicht sagen.
    Er schüttelte sie heftig.
    – Mach mich nicht sauer!
    Sie hatte sich aus der Umarmung befreit. Sie hatte zwei Nägel in seinen Hals gebohrt und ihn gekratzt. Auf seinem Hals waren zwei rote Striemen erschienen. Dann hatte sie sich ans andere Ende des Sofas geflüchtet. Bereit, die Beschimpfungen über sich ergehen zu lassen. Bereit, sich gegen die zu erwartenden Schläge zu wehren. Der Bulle hatte mit der Hand die Wunde berührt. Irgendwie ungläubig. Er hatte sie angeschaut, wild vor Verlangen. Patrizia spürte, wie seine Lust größer wurde. Sie setzte sich neben ihn. Sie leckte das Blut, das aus den Kratzern tropfte. Er hatte die Augen geschlossen. Sie hatte ihn ausgezogen. Die Nägel in seinen Rücken gebohrt. Als sie sich auf ihn setzte, war er schon bereit. Ich habe gewonnen, sagte ihr Blick danach. Du hast bezahlt, du bist gekommen, ich habe nicht geredet. Er hielt ihre Arme fest, drängte sie an die Wand, zwang sie, ihm in die Augen zu blicken.
    – Du bist eine Taube.
    – Tatsächlich?
    – Die Tauben fliegen vom untersten Ast zum höchsten und töten die anderen Tauben. Der Reihe nach. Zuerst fliegen sie zu ihnen hin, machen einen kleinen Unterwerfungstanz und schließlich, wenn die anderen ihnen vertrauen, zack, ein Schnabelhieb in den Hals. Die lieben, kleinen, anmutigen Tauben!
    In diesem Augenblick beschloss sie, es ihm zu sagen.
    – Dandi hat mir das Geld gegeben.
    Scialoja zündete sich die x-te Zigarette an. Der Kollege, der auf der Portuense Wache hielt, teilte ihm per Funk mit, dass sich ein großzylindriges Auto näherte.
    – Wir haben sie, flüsterte der Chef der Einsatzpolizei.
    Sie kontrollierten die Waffen. Sie entsicherten sie. Ein Auto kam mit ausgeschalteten Scheinwerfern über die Straße gefahren. Das Auto blieb stehen. Ein bulliger Mann stieg aus. Dandi. Der Chef gab das Kommando, ihn zu überwältigen. Scialoja war als Erster am Ziel. Dandi leistete keinen Widerstand. Sie entwaffneten ihn. Während sie ihm Handschellen anlegten, dachte Scialoja an sein letztes Gespräch mit Borgia.
    – Wie heißt die Hure?
    – Vallesi Cinzia … ihr Pseudonym ist Patrizia.
    – Genau. Patrizia. Warum wird sie hier nicht erwähnt?
    – Hat keinen Sinn. Sie würde alles abstreiten und wir würden nur Zeit verlieren.
    – Scialoja …
    – Ja, Herr Doktor …
    – Sie haben nicht zufällig die Situation ausgenutzt … und …
    – Soll das ein Witz sein?
    – Entschuldigung, ich meinte nur.
    Er hatte gelogen. Überzeugend. Merkwürdig. Er hatte dabei nichts empfunden. Merkwürdig. Er fühlte sich ganz leicht – wie versöhnt.
VII.
    Wie Dandi vorhergesagt hatte, wurde die Geschichte mit Moro zu einer echten Plage. Überall Straßensperren, engmaschige Kontrollen, Unmengen von Uniformierten. Überall konnte man einer Streife über den Weg laufen, man musste sich bedeckt halten. Freddo war, sofern das überhaupt möglich war, noch schweigsamer geworden; wenn er den Mund aufmachte, dann nur, um die Politik zu verfluchen, die sie daran hinderte, sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Fast alle dachten so wie er.
    Nur Libanese war gut gelaunt. Der Verkauf lief wie geschmiert. Die Eierköpfe aus dem Ministerium hatten zwar an allen strategischen Punkten Polizisten aufgestellt, die zweifellos Terroristen erkannt hätten – wie eigentlich? An der Frisur? Am Geruch? –, jedoch tatenlos zusahen, wenn ein paar Gramm den Besitzer wechselten. Die Bullen hatten blutunterlaufene Augen, als hätten sie gerade eine extra lange Straße gezogen, waren aber derart auf die Roten Brigaden fixiert, dass ihnen alles andere egal war. Keiner kümmerte sich um das Verschwinden eines Lieferwagens mit erstklassigen Pelzen: das Werk Bufalos, der es satthatte, mit den Händen im Schoß dazusitzen. Den Tipp hatte er von einem Polizisten bekommen, der aufgrund von Hundewetten bis über die Ohren verschuldet war. Nun war die Schuld getilgt und Bufalo hatte den Ertrag brav in die Gemeinschaftskasse einbezahlt. Libanese hatte den Jungs ausnahmsweise erlaubt, sich zu bedienen. Jeder durfte sich ein oder zwei Stück nehmen, um Ehefrauen, Mütter, Schwestern, Geliebte und Huren zu beschenken. Alle sollten wissen, dass das Geschäft gut lief.
    Das alles verdankten sie Moro: Schon allein deshalb sollten sie sich für seine Befreiung einsetzen. Sardo zweifelte nicht daran, dass es ihnen gelingen würde. Außerdem war Libanese überhaupt nicht abgeneigt, den Roten eins

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