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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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schicken, damit wir hier mehr Luft bekommen …
    Don Pepe drehte sich um, spuckte auf den Boden, schnalzte mit den Fingern. Die beiden Soldaten flankierten ihn.
    Freddo beobachtete das Ritual der Rückkehr. Das Fußballmatch war unterbrochen worden, die Häftlinge, die sich in einer Reihe aufgestellt hatten, verneigten sich, als das Trio vorbeiging.
    – Das war eine Herausforderung, bemerkte Botola, ich glaube, wir haben einen Blödsinn gemacht.
    – Aber nein!, witzelte Dandi düster. Wir haben eben ein interessantes Angebot abgelehnt und einen mächtigen Boss mit Füßen getreten. Heute Nacht werden wir schlecht schlafen!
    – Red keinen Blödsinn, unterbrach ihn Libanese. Das war keine Herausforderung. Sie ziehen den Schwanz ein. Er hat kapiert, dass wir hier die Stärkeren sind. Wenn wir möchten, schneiden wir ihm heute Nacht die Eier in Streifen.
    – Willst du dich mit den Kalabresen anlegen?, staunte Dandi.
    – Gar nicht notwendig. Sie hauen ab. Und selbst wenn … Kennst du nicht das Sprichwort – viel Feind’, viel Ehr’?
    – Von wem stammt die Sonntagspredigt?
    – Von Mussolini!, sagte Libanese stolz, der in politischen Fragen keine Zweifel kannte.
    – Ach Libano, du bist wirklich verrückt!, lachte Dandi.
III.
    Die Tage vergingen. Der Untersuchungsrichter hatte Vastas Berufungsantrag abgelehnt, aber der Anwalt war sich sicher, beim Kassationsgericht Erfolg zu haben. Und Vasta war nicht gewöhnt zu verlieren. Der Augenzeuge der Entführung hatte ein großes Durcheinander angerichtet. Zuerst hatte er Dandi identifiziert, dann einen Polizisten, dann einen anderen Häftling, der nichts mit der Sache zu tun hatte, einen Pechvogel aus Jugoslawien, der sich an der Grenze mit einem Lastwagen voller Heroin hatte erwischen lassen.
    Die Tage vergingen. Die Kalabresen hatten, wie angekündigt, am Tag nach der Begegnung die Zelte abgebrochen. Radio Carcere berichtete über Don Pepes Verstimmung, aber auch über die Klugheit von Libanese: Das Ansehen der Gruppe wuchs von Tag zu Tag. Tonino Sciacquatore und ein paar Jungs aus Marranella hatten sich „zur Verfügung gestellt“. Außerdem waren Pino Passalacqua, ein Sizilianer, der in Primavalle zwei Spielhöllen betrieb und wie Freddo ein entschlossener, wortkarger Typ war, und Ranocchia, ein Schwuler, der sich einen Namen gemacht hatte, weil er den Marseillern von Bergamelli Damengesellschaft besorgt hatte und nun als erste Adresse beim Aufziehen von Bordellen der Sonderklasse galt, an sie herangetreten. Inzwischen stellten sich die Leute um einen Gesprächstermin mit Libanese und Freddo an. Es kamen sowohl Drogensüchtige, die von oben bis unten zerstochen waren, als auch alte, ausgemergelte Safeknacker: die einen angelockt von der Aussicht auf Stoff, die anderen von der Aussicht auf Neubeginn. Libanese hörte sich den Schwachsinn, den sie verzapften, geduldig an: ein Wort der Hoffnung für alle sowie das Versprechen, der gebrochenen Witwe und der unglücklichen Waise unter die Arme zu greifen, denn Hoffnung ohne Brot ist wertlos, und die Basis wuchs Tag für Tag. Vereint durch den gemeinsamen Traum, endlich wichtig zu sein und die alten Bosse zu entmachten, und die Ausländer, die sich bei uns zu Hause als Herren aufspielen. Alle vereint durch die Fantasie, endlich die alte Hure samt der Wölfin und den Zwillingen zu erobern. Sogar die Wachen sahen, dass ihr Einfluss und ihre Macht von Tag zu Tag größer wurden. Die freundlichen Gesten nahmen zu, die unfreundlichen ab. Ein paar von Terribiles Handlangern murrten zwar. Galt für die Jungs etwa nicht auch das Gesetz, das die Kalabresen gespalten hatte? Die Rechnung würde man später begleichen, draußen. Der Erste, der kam, würde die Kasse mit der ganzen Beute bekommen.
    Dandi schaute und lernte: Libanese war zum Boss geboren. Er wusste, wie man die Blutrünstigen in Schach hielt und die Schwachen stärkte. So hatte er zum Beispiel beschlossen, jeden Kontakt mit Sardo und Trentadenari zu vermeiden. Sogar für die Gesprächstermine galt die eiserne Regel: Nur die Familienmitglieder wurden vorgelassen, und auch die mussten schweigen. So ließ Botola nur seine Mutter vor, die in ihm bloß das Opfer irgendeiner schrecklichen Machenschaft der Justiz sah. Freddo musste sich immer wieder eine halbe Stunde lang die Zornesausbrüche Gigios anhören und antwortete mit den banalen Ratschlägen eines x-beliebigen Bruders. Die Buffoni-Brüder hatten als Einzige Frauen: zwei Schwestern natürlich, die aber nur dazu gut

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