Romeo für immer, Band 02
Zitternd holt sie Atem. »Sie war keine andere. Sie war tatsächlich ich, sie war eine Variante von mir. Zuerst glaubte ich in ihrem Körper gefangen zu sein. Aber dann habe ich gehört, dass der Mönch dieselben Dinge gesagt hat wie der Mann in meinen Träumen. Ich habe hart kämpfen müssen, aber schließlich ist sie … « Sie schweigt und sucht nach den richtigen Worten. »Schließlich ist sie in mir verblasst. Sie konnte dich nicht so lieben wie ich. Sie hat sich davor gefürchtet.«
»Aber du nicht. Nicht mehr.«
»Dank dir«, flüstert sie. Wieder füllen sich ihre Augen mit Tränen. »Es ist mir sehr ernst. Ich vertraue dir von ganzem Herzen. Ganz egal, was passiert, wir dürfen uns nie mehr belügen. Nie wieder.«
»Nie wieder.« Ich küsse sie. Eine Woge der Hoffnung durchströmt mich. Der Mönch ist tot. Wir haben gesiegt, jetzt können wir alles zum Guten wenden. Mein Leben, ihres und auch Julias. Zum ersten Mal in meinem Dasein bin ich durchdrungen von Glauben und Zuversicht. Ich glaube an die Kraft der Liebe, an den Zauber und die Magie, die in ihr liegt.
Ich nehme Ariels Hand. »Wir müssen von hier verschwinden.«
»Aber wie?« Sie schaut ängstlich zur Mitte des Glockenturms. »Die Treppe steht in Flammen, und wir haben kein Messer mehr, um das Glockenseil durchzuschneiden.«
»Vertraust du mir?«
»Natürlich!«, sagt sie mit einer Überzeugung, die mich beschämt. »Bedingungslos.«
»Zieh dein Kleid aus«, befehle ich, während ich mir meinen Umhang und mein Hemd vom Leib reiße.
Ich fasse den Umhang am Saum und versuche ihn zu zerreißen. Es kostet mich meine ganze Kraft, doch schließlich gelingt es, und der Stoff reißt auseinander. Ich knote die beiden Hälften zusammen. In plötzlichem Verstehen leuchtet Ariels Gesicht auf. Sie zieht ihr Gewand aus und steht in einem weiten Unterkleid vor mir, wie es die Frauen dieser Zeit unter ihrer Kleidung tragen.
Sie vertraut mir, so wie ich ihr vertraue. Den Wahnsinn von Söldnern und Botschaftern haben wir hinter uns gelassen. Ich betrachte ihr Gesicht – ihre großen blauen Augen, ihre kleine Nase und ihre schmalen Lippen, die sich so wunderbar auf meinen anfühlen – und begreife endlich, dass das Geheimnis des Universums im Zauber ihres Lächelns liegt. Sie gehört zu mir, so wie ich zu ihr gehöre. Ich werde das Leben, das mir noch einmal geschenkt wurde, mit ihr verbringen. Unser gemeinsames Leben wird tausendmal mehr Magie in sich bergen als die vergangenen siebenhundert Jahre.
»Ich liebe dich.« Das kann ich ihr nicht oft genug sagen. Ohnehin können diese drei Worte nicht annähernd beschreiben, was sie mir wirklich bedeutet.
Sie legt ihre Hand an meine Wange. Es ist nur eine flüchtige Geste, aber ihre Wärme durchflutet mich bis in die Zehenspitzen. »Ich liebe dich auch. Und jetzt zeig mir, wie wir es anstellen wollen, am Leben zu bleiben, damit ich diese Worte noch tausendmal aus deinem Mund hören kann.«
Ich beuge mich über mein Hemd und binde es mit dem Ärmel an den Umhang. »Wenn wir es schaffen, ein Seil von ungefähr sieben Metern Länge zusammenzuknoten, könnten wir daran hinunterklettern und uns die letzten Meter einfach fallen lassen«, erkläre ich. »Wenn ich als Erster gehe, kann ich dich auffangen.«
»Du willst mir nur unters Hemd gucken, gib’s doch zu.«
»Na ja, auch.« Grinsend zwinkere ich ihr zu. Sie verdreht die Augen, und ich frage mich, wie es sein kann, dass ich so glücklich bin und so voller Lebenslust, obwohl unter uns der Tod wütet. Die Rauchschwaden haben längst den Glockenturm erreicht.
»Rosalines Vater wird sehr verärgert sein, wenn du seine Tochter nur in ihrer Unterwäsche nach Hause bringst.« Sie beginnt am Saum, dort, wo mein Messer vorhin versehentlich den Anfang gemacht hat, ihr Kleid einzureißen, und erzeugt einen spiralförmigen Stofffetzen, der immer länger und länger wird. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Der Stoff wird reichen. Wir können es schaffen. »Ich hatte zwar nie einen Vater, aber ich schätze, dafür wird jemand büßen müssen.«
Ich knote das Ende ihres Rocksaumes an meinen Umhang. »Das gehört alles zu meinem Plan, Süße.«
»Du hast einen Plan?« Sie sieht mir zu, wie ich die Ärmel ihres Kleids an der Glocke festbinde und unser Seil aus zerrissenen Kleidungsstücken aus der Maueröffnung hinunterlasse.
»Hast du etwas anderes erwartet?« Ich lege meinen Arm um ihre Taille, und sie verschränkt ihre Arme in meinem Nacken.
»Natürlich nicht.« Sie
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