Romeo für immer, Band 02
ihr Herzklopfen, ihre Lippen und kann mir nichts Schlimmeres vorstellen als eine Welt ohne Ariel.
Dann tu etwas!
Das werde ich. Ich muss einfach. Zumindest kann ich Ariel gezielter warnen, damit sie sich besser vor den Söldnern verteidigen kann. Sofern das einem Menschen überhaupt möglich ist. Vielleicht hilft ihr das Wissen dabei, sich zu schützen. Und wenn nicht …
Dann werde ich tun, was nötig ist. Wie die Botschafterin sagte: Noch bin ich keiner von ihnen. Ich kann immer noch lügen, betrügen und töten, um das zu bekommen, was ich will. Und ich will, dass Ariel lebt.
14
Ariel
S eine Stimme ist wunderschön – sogar noch schöner als vorher, auch wenn ich das niemals für möglich gehalten hätte – , aber es ist nicht Dylans Stimme. Sie ist höher, lieblicher und so rein, dass ich vom Zuhören eine Gänsehaut bekomme. Romeos Gesang ist betörend. Und das liegt nicht daran, dass ich den ganzen Tag fantasiert habe, wie wir unsere letzte Nacht verbringen werden. Obwohl ich bete, dass die kommende Nacht nicht unsere letzte sein wird.
Mit zitternden Händen verstaue ich meine Malutensilien in dem Karren, den ich morgen früh im Zeichensaal benötige. Ich kann es kaum erwarten, dass Romeo endlich die Bühne verlässt und zu mir kommt, meine Hand nimmt und wir uns einen Ort suchen, an dem wir ungestört sein können.
Romeo und ich wollen heute Abend zusammen sein. Nur wir beide.
Schon bei dem Gedanken daran möchte ich tanzen vor Freude. Oder sollte ich mich fürchten? Doch nach allem, was ich aus Märchen über Flüche weiß, gibt es vielleicht einen Ausweg. Im Märchen können Flüche durch die Liebe aufgehoben werden. Die Liebe verwandelt den Frosch wieder in einen Prinzen und das Biest wieder in einen Mann. Die Liebe hätte der kleinen Meerjungfrau auch zu Beinen und dem Mann ihrer Träume verholfen, wenn der Prinz nicht so dumm gewesen wäre, sich in eine andere zu verlieben.
Romeo und ich haben uns zwar leidenschaftlich geküsst – wir sind deswegen sogar zu spät zur zweiten Stunde erschienen und mussten uns von Mr Stark anbrüllen lassen – , aber gestanden haben wir uns unsere Liebe bisher nicht. Ich kann das nicht. Noch nicht. Ich habe Zweifel. Eine höhnische Stimme in meinem Kopf warnt mich beharrlich davor, mich voreilig in etwas hineinzustürzen. Aber ich bringe diese Stimme zum Schweigen. Denn es gibt keinen Grund, sich noch länger zurückzuhalten. Heute Abend, wenn Romeo mir ganz nah ist, so nah wie noch keiner vor ihm, werde ich ihm tief in Augen und Seele schauen und es ihm sagen. Ihm sagen, dass … ich ihn liebe. Und das tue ich. Ich glaube, ich liebe ihn wirklich.
Wenn ich mit Romeo zusammen bin, fühle ich mich lebendig. Bevor ich ihn kannte, war meine Haut ein einziges Narbengeflecht, gefühllos und taub. Ich empfand weder Wohlbehagen noch Lust. Aber jetzt ist meine Haut aufgewacht und ich mit ihr. Plötzlich fühle ich mich wild und stark und leidenschaftlich.
Er steht in der Bühnenmitte und zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Sein letzter Ton schwebt noch im Raum und hält die Zuhörer in seinem Bann.
Die anderen Sänger stehen reglos am Bühnenrand, die Servicekräfte der Cafeteria haben ihre Arbeit unterbrochen, und die Lehrer und Schüler, die den Raum für den Schulball schmücken wollen, rühren keinen Finger. Dekoration und Tratsch sind vergessen, es herrscht Grabesstille. Bis jemand tief aufseufzt. Es ist schade, dass der Gesang vorbei ist, doch gleichzeitig sind alle froh und erleichtert. Es kann quälend sein, wenn etwas zu perfekt und vollkommen ist.
Jetzt setzt tosender Applaus ein, und einer der Sänger pfeift schrill und anerkennend durch die Zähne. Aber entweder bemerkt Romeo es nicht, oder es ist ihm schlichtweg egal. Er steckt das Mikrofon in den Ständer zurück und schaut fragend Mrs Mullens an, die ihm ergriffen zunickt und anerkennend den Daumen in die Höhe streckt. Romeo angelt sich seine Jacke vom Bühnenboden und hastet die Stufen hinunter. Ich lege den letzten sauberen Pinsel in den Wagen.
»Hey.« Seine Stimme jagt mir erneut eine Gänsehaut über den Rücken.
»Hey.« Ich lächle ihn an.
»Fertig?« Er hält mir die Hand hin.
»Ja.« Ich lege meine Hand in seine, und wir verschränken unsere Finger ineinander. Ich lasse mich von ihm aus der Cafeteria führen. Mit jedem Schritt werde ich zuversichtlicher. Meine Hand in seiner fühlt sich gut an. Ich bin sicher, dass auch alles andere gut und wunderbar werden wird. So gut und wunderbar
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