Romy Schneider - die Biographie
Entwicklung dahin. »Schlagobers fürs Gemüt« nennt ihr Management die bisherigen Filme. Ein Filmstar wie Romy Schneider hat, wie ihre Mutter ihr erklärt, so zu sein, wie andere Mädchen gern wären. Richtiger ist wohl: wie Teile der Gesellschaft junge Frauen gern sehen. Was das Publikum in ihr erblicken möchte ist nicht das Spiegelbild einer zeitgenössischen jungen Frau, sondern vielmehr das Idealbild von und das Vorbild für letztere. Romy Schneider weiß aber auch: »Junge Mädchen haben aber Probleme, sehr große und oft sehr schwierige Probleme, die meist sogar nicht lösbar sind.« 163 In ihren Filmen dagegen löst sich (fast) alles in Wohlgefallen auf. Die Welt ist nach anderthalb Stunden wieder heil, das Wort liest sich Mitte der 1950er Jahre wieder als Attribut und nicht mehr als Grußform im Imperativ.
Ihr »Daddy«, der mit Marktforschung vertraute Gastronom Blatzheim, setzt Romy in seinen Rechenbeispielen mit kommerzieller Ware gleich. Zunächst fügt sich Romy noch. Ein psychisches Grundmuster ist jedoch längst festgelegt: Romy Schneider schwankt zwischen Selbstzufriedenheit, Versagensängsten, Depressionen und dem Wunsch nach totaler Veränderung. Der wichtigste Wunsch bleibt freilich: zumindest eine Woche Anonymität. Unerkannt und ohne fotografiert zu werden Zeit verbringen zu dürfen. Noch besser wäre, überlegt sie, auf einer einsamen Insel zu leben und nur zu den jeweiligen Dreharbeiten anzureisen.
Zunächst einmal macht sie Urlaub mit Mutter und Stiefvater, tritt eine Reise nach Indien und Ceylon an, lässt alle ungelösten Probleme und Fragen in Deutschland zurück. »Bildungsreisen« nennen sich solche Unternehmungen anno dazumal. Sie reisen vier Wochen lang mit einer Gruppe aus neun Personen, die Fahrt ist minutiös geplant, zum Verarbeiten der Impressionen bleibt wenig Zeit. Sie kann kaum darüber reflektieren. »Es ist alles zu schnell gegangen, es waren zu viele Eindrücke.« 164 Romy sieht in Bombay die indischen Filmstudios, bestaunt die Bollywood-Produkte, findet sie für Europäer ungeeignet. Der Small Talk auf Parties langweilt sie. Nur die letzten vierzehn Tage in Colombo sind Urlaubszeit. Danach geht es nach Athen zur Premiere von
Sissi II
. Romy erhält ein nach ihren Körpermaßen hergestelltes griechisches Kostüm. Es ist ihr zweiter Besuch in Griechenland, zwei Jahre zuvor war sie als anonyme Touristin hier gewesen.
Nächste Station ist Spanien. Auf dem Flugplatz von Madrid warten tausende Fans, schwenken Fähnchen, wollen Autogramme und Körperkontakt mit ihrem Star. »Meine Mutter stand hinter mir und sagte: Lächle doch …« 165 Im selben Flugzeug sitzt Otto Habsburg, der Sohn des letzten österreichischen Kaisers. Als die Schauspieler die große Menschenmenge auf dem Flugfeld bemerken, schieben sie das auf die Bekanntheit Ottos und scherzen über die monarchistische Tradition Spaniens. Nach der Landung müssen sie jedoch feststellen, dass Herr Habsburg das Flugzeug völlig unbehelligt verlässt und die Leute vielmehr ihnen, seinen »Vorfahren« Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth, zujubeln. Zum Lächeln ist den Beteiligten jedoch bald nicht mehr. Karlheinz Böhm spricht von einem Massenandrang, der vor allem Romy Schneider in seiner Unkontrollierbarkeit erschreckt, und einem Gedränge, das die Schauspieler nur mit mehreren blauen Flecken überstehen. Im Nachhinein können sich die Beteiligten jedoch der Faszination der unwirklichen Situation nicht entziehen. »Es war eine Fahrt, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde,denn sie glich einem Triumphzug«, erinnert sich Böhm. »[…] Nachdem wir endlich im Hotel angekommen waren, wurden wir gebeten, auf die Balkons unserer Appartements hinauszutreten. Draußen wartete eine riesige Menschenmenge. Da winkten wir nun wie der Kaiser und die Kaiserin höchstpersönlich von der Balustrade herunter, und die Leute auf der Straße brüllten, klatschten und schwenkten begeistert Fähnchen, als wären sie unsere Untertanen.« 166
Schicksalsjahre einer Schauspielerin
Es sind neben finanziellen Überlegungen nicht zuletzt die gespaltenen Publikums- und Pressereaktionen auf
Monpti
, aufgrund derer das Familienmanagement Blatzheim-Schneider Romy dazu bewegen will, in einem dritten
Sissi
-Teil mitzuwirken. Marischka erklärt der Presse, er werde keinen Druck auf die junge Schauspielerin ausüben, sei aber überzeugt, dass sie nie wieder eine Rolle spielen werde, die sie so emportragen werde.
Das Presseheft des letzten
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