Romy Schneider - die Biographie
der Bericht subsummiert, dass nicht sämtliche Hausrekorde in Österreich gebrochen wurden, sondern der Erfolg sich auch in Deutschland und derSchweiz abzeichne, wo
Sissi III
alle bisherigen Rekordziffern ausländischer und Schweizer Filme hinter sich lasse. In Österreich ist
Sissi II
1957 die kommerziell erfolgreichste Produktion vor
Die Trapp-Familie
und
Kaiserjäger
. Internationale Produktionen wie
Alle Herrlichkeit auf Erden
oder
Trapez
folgen erst auf den Plätzen fünf und sechs.
Monpti
belegt Platz acht. Über die »Kino-Königin Romy« liest man 1956: »Als einziger deutscher Schauspielerin der Nachkriegszeit ist es ihr bisher gelungen, die Filmmüden von Schweden, Norwegen, Holland, Finnland, Frankreich, Belgien, Spanien und Portugal wieder ins Kino hineinzulocken. Dafür müsste sie von der deutschen Filmindustrie noch einmal gekrönt werden.« 176 Die iberische Halbinsel setzt auf Merchandising à la Disney, produziert Sissi-Wäsche und eine Kinderzeitschrift, richtet »Sissi«-Bars ein, bewirbt Obskures wie »Sissi – das Bett in der Handtasche«. In Antwerpen und Brüssel werden Triumphzüge organisiert, in Portugal errechnet man, dass im »Monumental-Kino« innerhalb von vier Wochen 85 000 Besucher Karten lösen, das wären 11 Prozent der damaligen Stadtbevölkerung.
In Israel organisiert man im Dezember 1958 jedoch Protestdemonstrationen gegen deutschsprachige Filme. Vor den Kinos, in denen der zweite Teil von
Sissi
und
Liebe
mit Maria Schell gezeigt werden, verteilt man Flugblätter des Verbandes der KZ-Häftlinge, auf denen unter den Überschriften »Aus den Sprüchen der Väter« und »Wisse wohin du gehst« 177 dokumentarische Fotos aus den Konzentrationslagern abgebildet sind. Der Verband der Kinobesitzer fasst daraufhin am 8. Dezember 1958 den Beschluss, vorab keine deutschsprachigen Filme mehr zu zeigen. Die beiden Kinos, vor denen die Aufmärsche stattfanden, wollen ihr Programm jedoch noch ein paar Tage beibehalten. Der österreichische Gesandte Ernst Luegmayer überreicht im israelischen Außenministerium eine Protestnote gegen den Boykott österreichischer Filme, deren Aufführung seit anderthalb Jahren in Israel erlaubt ist. Luegmayer weist in seinem Bericht an den österreichischen AußenministerLeopold Figl darauf hin, dass die »Vereinigung der Juden aus Österreich zum Schutze ihrer Rechte« seit Wochen auf die Durchsetzung ihrer Entschädigungsansprüche poche und dabei zum wirtschaftlichen Boykott österreichischer Produkte aufrufe. Politisch unterscheidet Israel zwischen Österreich und Deutschland, in den österreichischen Filmen sieht man vielfach jedoch deutsche Ware unter rotweißrotem Deckmantel. In der Erklärung zum Filmboykott wird verlautbart: »Wir wollen nicht, dass die israelische Jugend, die die Greuel des Nazismus nicht gekannt hat, sich den Deutschen als einen sympathischen, höflichen, romantischen und empfindsamen Menschen vorstellt, wie ihn die deutschen und österreichischen Filme zeigen.« 178 Romy Schneider, die zu jener Zeit in Paris für
Christine
vor der Kamera steht, wollte gemeinsam mit ihrer Mutter die Weihnachtsfeiertage in Israel verbringen, meldet die Zeitung »Jedioth Chadashoth«, auch Karlheinz Böhm wird erwartet. Aufgrund der angespannten Stimmung werden die Besuche abgesagt.
Für den schon aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich scheinenden vierten Teil von
Sissi
trifft man sich privat in Berchtesgaden und offeriert Romy Schneider eine Million Mark in bar. Als sie ablehnt, folgt eine hitzige Diskussion, in welcher der Jungstar umgestimmt werden soll. Doch diesmal bleibt Romy bei ihrer Entscheidung. »Nach dem Krach ging ich in mein Kinderzimmer und habe mich eingeschlossen.« 179
»Wer ist dieser Romy Schneider?«
Die Filme seien es nicht, erklärt 1957 eine deutsche Zeitung ihren erstaunten Lesern, die Romy Schneiders Erfolg ausmachten. Schon gar nicht der Mythos um die österreichische Kaiserin, der in der Trilogie unbekümmerter Geschichtsfälschung anheimfalle. Es wären die sattsam bekannten Eigenschaftsworte der Kategorie »sauber und naiv, jungfräulichund mädchenhaft: lauter Adjektiva, die bis vor kurzem noch tief im Kurs standen. Sie ist eine gestrige, ja vorgestrige Mädchenerscheinung, die Romy; das aber ist ja das glückliche Gesetz der Zeit, dass das Vorgestrige unfehlbar wieder modern wird, wenn es nur vorgestern halbwegs echt gewesen ist.« 180 Ebenso wie von der Epoche der »Halbstarken« oder des Rock’n’Roll
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