Romy Schneider - die Biographie
und
Sissi
war ein großes Projekt, zu dem niemand nein sagte. Wenn man heute das fertige Produkt sieht, bemerkt man: Es war alles nur auf Romy eingestellt, nur um sie groß herauszubringen.« 107 Zu Romy meint Marischka 1955 prophetisch: »Du wirst alle jungen Mädchen Europas zum Träumen bringen!« 108 Er sollte recht behalten.
Sissi
ist die Geburt einer »Traumfrau« – im buchstäblich irrealen Sinne des Wortes.
Am 11. Dezember 1955 strahlt der österreichische Rundfunk in seinem ersten Programm das
Sascha-Filmmagazin
aus. 109 Darin hört man Berichte über den neuen Disney-Farbfilm
Wunder der Prärie
sowie Musik und Szenen aus dem Paula-Wessely-Film
Die Wirtin zur goldenen Krone
und Ernst Marischkas neuester Produktion
Sissi
. Zehn Jahre nach Kriegsende blickt man in Österreich in die Vergangenheit zurück, freilich in keine allzu nahe, sondern eine, die sich mit dem nötigen Abstand von einhundert Jahren märchenhaft verklären lässt. Der Eintritt in daskurze Glück kostet das Publikum nur 80 Pfennige. In Anlehnung an Fritz Kreislers Operette
Sissy
, deren Libretto er zusammen mit seinem Bruder Hubert geschrieben hat, thematisiert Ernst Marischka die Liebesgeschichte zwischen der bayrischen Prinzessin Elisabeth und dem österreichischen Kaiser Franz Joseph. Marischkas Erfolgsrezept besteht auch bei dieser Arbeit darin, historische Tatsachen als diffuse Eckpunkte einzusetzen, um die herum er mit großem handwerklichen Geschick eine (Liebes)Geschichte konstruiert, die in ihrer Grundproblematik auch für die Menschen der 1950er Jahre nachvollziehbar ist. In der Phantasie des Kinopublikums steht die »Krönung« Romy Schneiders jener von Elisabeth II. von England (1953) ebenso in nichts nach wie ihre »Hochzeit« mit Karlheinz Böhm jener zwischen dem Hollywoodstar Grace Kelly und Fürst Rainier von Monaco (1956).
Romy Schneider freut sich auf die Rolle, ihr Ko-Star Karlheinz Böhm gibt sich zunächst abwartend: »Als ich den
Sissi
-Film von meiner Filmagentur angeboten bekam, habe ich am Anfang etwas skeptisch reagiert. Nach meinen bisherigen Filmen wie
Der Engel mit der Posaune
oder
Alraune
war ich mir nicht ganz klar über das Projekt. Ich traf Ernst Marischka, der mir sehr gut gefiel, wollte jedoch auch Romy und ihre Mutter Magda Schneider kennen lernen, bevor ich zusagte. Romy war sechzehneinhalb Jahre, ich siebenundzwanzig, also ein Erwachsener für sie, zu dem sie nach alter österreichischer Tradition ›Onkel Karlheinz‹ sagte, was ich ihr sofort verboten habe. Ich unterhielt mich mit ihr und fand sie sehr sympathisch. Aufgrund dieser ersten Begegnung, und weil ich von Marischka sehr beeindruckt war, habe ich zugesagt.« 110
Die Zusammenarbeit zwischen Schneider und Böhm verläuft harmonisch, ihre Bekanntschaft beschränkt sich jedoch fast ausschließlich auf die Zeit im Studio und gemeinsame Pressetermine. Immer wieder sucht sie bei ihm Rat. »Sissi, Du fragst mir noch Löcher in meinen Bauch. Und Romy strahlte mich entwaffnend mit einem hinreißendenAugenaufschlag an und sagte: ›Du bist ein Star. Ich bin eine blutige Anfängerin.‹ Ich antwortete: ›Sachte, Kleine, Du wirst mich sicher noch überholen. Du hast das Zeug zum Weltstar.‹« 111
Die Dreharbeiten zu
Sissi
beginnen im August 1955. Romy logiert im Hotel Sacher und freut sich darauf, in den Sieveringer Studios alte Bekannte wiederzutreffen. Im Atelier fragt sie nach den Tafeln, von denen die erwachsenen Schauspieler ihren Text lesen können. Als Romy auch um eine solche bittet, erklärt man ihr, in ihrem Alter müsse man die Dialoge noch selbst lernen. Nach ihrem Geburtstag, den sie mit dem Filmteam wieder im Heurigenlokal von Anton Karas feiert, kokettiert sie: »Ich bin siebzehn Jahre alt geworden. Wenn man den Drehbuchautoren glauben darf, beginnt ja dann das Leben. Ich bin gespannt!« 112
Ein leerer Thron ziert die Hintergrundgraphik des Vorspanns des ersten
Sissi
-Films, auch die weiteren Teile werden diesem Muster folgen. Der Einstieg ist dem Heimatfilm entnommen: Berge, ein See, darauf Flößer in Tracht, Jodeln. Dazwischen ein Mädchen auf einem Pferd, ein lebendes Schneewittchen, das Waldtiere füttert, die sie später in die Freiheit entlässt. Auch auf die für das Genre dramaturgisch obligatorischen Jagdszenen verzichtet der passionierte Jäger Marischka nicht. Zunächst geht Sissi mit ihrem Vater durch den Wald, später begleitet sie ihren Zukünftigen auf die Pirsch. Karlheinz Böhm ist ein gutmütiger Kaiser, die
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