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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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heißt du?», fragte der alte Bauer leise.
    «Bennosuke. Und du?»
    «Shuntaro.» Das schwache Laternenlicht erhellte sein Gesicht. Das Auge musste er schon vor einiger Zeit verloren haben, denn das verbliebene Lid war zu einem Rudiment zusammengeschrumpft. Dennoch tränte es jetzt, wohl von den Schlägen, die er bei der Gefangennahme abbekommen hatte. «Und wie bist du hier gelandet, Bennosuke? Hast du zu deinem Herrn etwas gesagt, das ihm nicht gefallen hat?»
    «Diebstahl», erwiderte der Junge.
    «Was hast du denn gestohlen?»
    «Ein Pferd.»
    «Wieso klaut ein Samurai ein Pferd?»
    «Weil ich eins brauchte.» Es klang lächerlich, aber Bennosuke wollte nicht zu viel offenbaren.
    «Na, das hast du ja schön verbockt. Ich dachte, ein Samurai stirbt eher im Kampf, als dass er sich gefangen nehmen lässt.»
    «Ich hatte keine Gelegenheit zu kämpfen!», erwiderte der Junge hitzig.
    «Ich wollte dir keinen Vorwurf machen», beschwichtigte ihn der Mann. «Und dir bleibt ja auch morgen noch genug Zeit zum Sterben. Nach uns.»
    «Gehört ihr alle zusammen?», fragte Bennosuke. Shuntaro nickte. «Der Samurai draußen sagte, ihr wärt Banditen.»
    «Ja, das stimmt. Wir sind eine berüchtigte Bande von Dämonen, aus dem Schlund der Hölle gesandt, um zu plündern und zu morden. Schau uns an und erzittere», sagte Shuntaro. Bennosuke wandte den Kopf. Nachdem sie ihre Feindseligkeit nun abgelegt hatten, sahen die verdreckten Männer im schummrigen Licht ebenso erbärmlich aus wie er selbst. Er sah wieder den alten Mann an, in dessen verbliebenem Auge Heiterkeit aufblitzte. «Oder vielleicht hatten wir auch einfach nur Hunger.»
    «Ihr habt geraubt, um etwas zu essen zu bekommen?»
    «Vielleicht. Ich war der Vorsteher eines Dorfs. Die Steuern und Abgaben waren viel zu hoch, der Kriege wegen. Krieg, Krieg, Krieg – immer ist irgendwo Krieg, sei’s im Osten, Westen, Norden oder Süden. ‹Kümmere dich nicht drum›, haben die Steuereintreiber zu mir gesagt, ‹Krieg ist allein Sache der Samurai!› Und ich antwortete: ‹Er ist Sache der Samurai, aber die Sorge des ganzen Landes.›» Shuntaro verzog vor Empörung das Gesicht. «Die glauben, sie wären die Einzigen, die darunter zu leiden haben, weil sie es sind, die kämpfen. Aber wer bezahlt dafür? Wir. Die Bauern. Bis aufs letzte Reiskorn. Sie würden es unseren Kindern aus dem Mund nehmen – nur um einem Bogenschützen ein klein bisschen mehr Kraft zu verleihen, damit er einen weiteren sinnlosen Pfeil verschießen kann, im Namen irgendeines adligen Idioten, den ich nie auf seinem Elfenbeinsattel werde sitzen sehen.»
    Er merkte, wie gehässig er klang, und beruhigte sich kurz, um in gemäßigterem Ton fortzufahren: «Jedenfalls … so war das vor ein paar Jahren. Du weißt ja, was mit denen geschieht, die ihren Zehnten nicht entrichten, und, na ja … Nun sind wir schließlich alle hier gelandet. Weißt du, irgendwie freue ich mich fast darüber … Wenn alles vorbei ist, würde ich gern als Eule wiedergeboren werden. Frei und allein in der Stille der Nacht. Klingt wunderbar.»
    «Aber wollt ihr nicht fliehen?», fragte der Junge. Der Mann überlegte und zuckte die Achseln.
    «Wahrscheinlich schon», sagte er und wischte sich die tränende Augenhöhle. «Aber das ist gar nicht so einfach. Du hast ja draußen die Samurai gesehen, nicht wahr? Die sind das Problem. Die Wärter, die verdammten Burakumin – mit denen würden wir vielleicht noch fertig, wenn sie allein wären. Aber die Samurai da draußen? Die haben uns festgenommen, als wir frei und bewaffnet waren. Gegen die können wir uns unmöglich hier rauskämpfen.»
    «Und was ist mit meinen Schwertern?»
    «Das sind zwanzig Mann», schnaubte Shuntaro. «Man kann es doch nicht mit zwei Schwertern gegen zwanzig Samurai aufnehmen.»
    «Aber …»
    «Nein», beharrte der Mann. «Aber erst mal müssten wir aus diesem Käfig raus. Die Gitter sind nur aus Holz, und wenn wir genug Zeit hätten, könnten wir wohl ein Loch hineinreißen. Aber der Lärm würde die Samurai anlocken, und dann würden sie angerannt kommen und uns mit Speeren aufspießen. Wir brauchen den Schlüssel für das Schloss da, und dann müssen wir verschwinden, ohne dass uns einer sieht.»
    «Und wie wollt ihr das anstellen?»
    «Was die Samurai angeht, habe ich einen Plan. Die wackeren Gesetzeshüter, die uns zur Strecke gebracht haben, wollen morgen bei unserer Hinrichtung zusehen. Vorher werden sie uns wahrscheinlich hier im Kerker besuchen, um uns

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