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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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Miyamoto. Vielleicht besser bekannt als Bennosuke Shinmen, Sohn des Munisai Shinmen.»
    Mit einer Hand löste Bennosuke seinen Helm, warf ihn zu Boden und zeigte den Fürsten sein Gesicht. Würden sie ihn auf diese Entfernung erkennen? Sie versuchten es jedenfalls. Rings um Ukita zeigte sich hektische Bewegung, seine Leibwache und sein Gefolge gruppierten sich um, und zwei Männer drängten nach vorn. Es waren der alte Fürst Nakata und Fürst Shinmen. Shinmen spähte mit fassungsloser Miene zu ihm herüber, während Nakata aufgeregt mit seinem eigenen Gefolge debattierte und dabei immer wieder hin und her blickte.
    Langsam senkte Bennosuke sein Schwert, bis dessen Spitze auf den alten Nakata zeigte. Der erstarrte im Sattel.
    «Diese Klinge, Fürst Ukita, ist dem Tod der Nakata geweiht», brüllte Bennosuke. «Liefert sie mir aus, Hoheit, oder ich schließe mich dem Heer des Tokugawa an!»
    Ukita tat diese Dreistigkeit keinesfalls augenblicklich ab, und das allein schon war ein Schock. Einige schicksalsschwangere Momente lang glaubte Bennosuke, er zöge es tatsächlich in Betracht – und war sich sicher, dass er selbst auf diese Entfernung sah, wie der Fürst in Gedanken versunken mit den Fingern auf seinem Sattelknauf herumtrommelte –, doch was auch immer dabei herausgekommen wäre, wurde vom Heer des Ostens zunichtegemacht.
    Bennosuke hatte den Zyklus durchbrochen. Statt sich einem weiteren Herausforderer aus Tokugawas Reihen zu stellen, hatte er dem ganzen Heer den Rücken zugewandt. Niemand wusste, ob das eine Beleidigung sein sollte oder nicht, denn so etwas war noch nie vorgekommen. Doch wie dem auch sei: Als die Männer merkten, dass ihre Ehre hier missachtet wurde, ging ihnen das gehörig gegen den Strich, und sie sahen das höfliche Einzelkampfgetue nach den Erfordernissen der Diplomatie und Etikette für beendet an.
    Hinter Bennosuke brandete ein mächtiges Gebrüll auf, die Speerkämpfer des Tokugawa-Heers gingen mit donnernden Schritten zum Angriff über. Wie ein Idiot blickte er sich um und sah sich Hunderten auf ihn gerichteten Speerspitzen gegenüber. Sie waren noch achtzig Schritte entfernt, dann nur noch siebzig, und bildeten einen Wall, so weit das Auge reichte.
    Hinter ihnen sauste etwas in den Nebel empor. Kurz darauf ertönten Schreie bei den Ukita-Männern, und Bennosuke blickte sich erneut um. Die vom Tokugawa-Heer abgeschossenen Pfeile regneten vom Himmel und wurden dabei erst im allerletzten Moment sichtbar, bevor sie ihre nichtsahnenden Opfer durchbohrten.
    Er glotzte nur blöde, erfasst von einem lähmenden, hohlen Nachgefühl des Siegesrauschs. Die ersten Reihen des Ukita-Heers legten mit Arkebusen auf die herbeistürmenden Männer aus dem Osten an, und als ein Offizier die Hand hob, verstand Bennosuke diese Geste zunächst überhaupt nicht. Doch dann erwachte irgendein Urinstinkt in ihm, und er warf sich zu Boden, kurz bevor der Mann die Hand niederfahren ließ, den Feuerbefehl brüllte und die ganze Welt zu explodieren schien.
    Die Kugeln mähten die ersten Reihen der Speerkämpfer nieder. Männer schrien auf und fielen, und eine ganze Woge von ihnen strauchelte noch kurz weiter voran, doch die Nachfolgenden sprangen über die Gefallenen hinweg und stürmten einfach weiter. Beißend stinkender Pulverrauch trieb Bennosuke Tränen in die Augen, während er sich nun wieder auf die Knie erhob, und als er das nächste Mal hinsah, waren die Arkebusiere verschwunden, und Ukitas Speerkämpfer griffen an, um Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
    Ihm blieb nichts anderes übrig, als in ihrer Menge aufzugehen. Die Männer hielten die Speere noch kurz hoch erhoben, damit sich die Arkebusiere zwischen ihnen zurückziehen konnten, und er konnte sich nun entweder tottrampeln lassen oder aufspringen und sich den Speerkämpfern anschließen. Das tat er, und sie rissen ihn mit sich vorwärts und senkten rings um ihn her ihre Speere. Dann war die Welt nur noch eine vorwärtsdrängende Walze aus Spitzen und Stacheln.
    Ohne eigenen Spieß wurde Bennosuke zu einem verängstigten Mitläufer, der ebenso vorangedrängt wurde, wie er aus eigener Kraft lief. Als er die nahenden Speere der Tokugawa erblickte, hoffte er inständig auf eine Lücke in ihren Reihen. Dann sah er die Raserei in den Gesichtern der Feinde, die nur noch zehn Schritte entfernt waren. Im nächsten Moment schon glitten Speerspitzen aneinander ab, entweder himmelwärts oder ins Erdreich, sodass der Schaft brach. Unwillkürlich zog der Junge

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