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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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Boden gesenkt. Nakatas Gefolgsmann lächelte ihm zu, und als der Bauer den Bambusstamm aufrecht hielt, steckte sich der Samurai die Hände wieder in den Gürtel und wandte sich erneut an Munisai.
    «Ihr habt doch bestimmt schon von den Turnieren im Bambushacken gehört, ehrenwerter Munisai?», fragte er in freundlichem Ton.
    «Ja», sagte Munisai. «Aber das beantwortet meine Frage nicht.»
    «Habt Ihr schon einmal an so einem Turnier teilgenommen?»
    «Ja.»
    «Was war Euer Rekord?», erkundigte sich der Mann weiter. «Wie lange hat es gedauert, bis der von Euch durchschlagene Stamm umgefallen ist?»
    «Zwei Herzschläge», erwiderte Munisai.
    «Zwei Herzschläge?» Der andere nickte, als wäre er beeindruckt. Er war, das sah man, kein schlechter Schauspieler.
    Lässig rollte Nakatas Samurai den Kopf einige Male von einer Seite zur anderen, stellte sich dann in Position und richtete den plötzlich kalten Blick auf Munisai. Dann stand, ohne dass man eine Bewegung wahrgenommen hätte, sein Schwert hoch in der Luft. Eben hatte es noch in der Scheide gesteckt, jetzt leuchtete es hoch erhoben im Sonnenschein.
    Und auf seiner Aufwärtsbahn hatte es den Bambusstamm durchtrennt. Es dauerte drei Herzschläge, bis sich der Schnitt als beiger Schlitz in der grünen Rinde auftat, dann kippte die obere Hälfte des Stamms langsam um. Doch es hatte noch mehr durchtrennt: das linke Handgelenk des Bauern. Die Wucht des Schlags hatte die Hand fortgeschleudert, und zusammen mit dem Bambusstamm fiel sie beim vierten Herzschlag auf den Boden nieder.
    Der Bauer kreischte auf und strauchelte rückwärts, hielt sich das Handgelenk, während seine Füße über den Boden scharrten, in dem panischen Versuch zu fliehen. Dorinbo entfuhr ein Schrei des Entsetzens, und sofort eilte er zu dem Mann, um ihm zu helfen. Auch andere Bauern kamen herbei und hielten ihn fest, während er krampfartig zappelte und um sich trat.
    Mit einem Blick auf Nakatas Kämpfer war klar, dass es kein Unfall gewesen war. Der Samurai beachtete die Aufregung und das Leid gar nicht, sondern behielt einzig Munisai im Blick. Vollkommen ruhig und beherrscht senkte er sein Schwert, bis es auf ihn wies.
    «Mein Name ist Kihei Arima», sagte er und setzte ein boshaftes Grinsen auf. «Man nennt mich ‹Blitzhand›, und Männer im ganzen Land verehren mich als Schwertheiligen. Munisai Shinmen, ich bin gekommen, um Euch den Titel des Landesbesten zu entreißen. Ich fordere Euch zum Duell. Sechs Kämpfer habe ich bereits getötet, Mann gegen Mann. Ihr werdet der siebte sein.»
    In einer fließenden Bewegung steckte er sein Schwert zurück in die Scheide und breitete die Arme aus, auf eine formelle Annahme der Herausforderung wartend. Er und Munisai waren in einer Welt für sich, einer Welt, weitab von dem, was sich nur wenige Schritte entfernt abspielte. Unruhig blickte Bennosuke zwischen den beiden Männern und Dorinbo hin und her, der gerade versuchte, einen Kleiderfetzen um den Armstumpf des Bauern zu schlingen, seine Hände schon triefend vor Blut.
    Eine unheimliche Ruhe legte sich über die Szene, die noch unerträglicher wurde, als Munisai nach einer in die Länge gezogenen Kunstpause langsam und mit tiefer Stimme zu lachen begann.
    «Glaubt Ihr wirklich, Ihr könnt mich mit derlei Metzeleien beeindrucken, Arima?», spottete er. «Ich werde Euch sagen, wer Bauern zerstückelt: nur die verkommensten Burakumin.»
    «Passt auf, was Ihr sagt, Shinmen», knurrte Arima, während abseits der Bauer flehte, man möge seine Kinder fortbringen, damit sie das nicht mit ansahen.
    «Ich passe auf, was ich sage – aber nur denen gegenüber, die ich für würdig erachte», erwiderte Munisai, gar nicht aggressiv, sondern als konstatiere er eine amüsante Tatsache. «Ihr aber seid ein elender Schlächter und gehört mit diesen anderen Untermenschen in irgendein Dreckskaff verbannt. Das hier ist mein Dojo, und hier ist nur Platz für Krieger.»
    «Ich bin ein Krieger, Shinmen. Und ich bin hier, um zu kämpfen!»
    «Dann tretet doch gegen Bennosuke an. Der ist Euch mehr als gewachsen», erwiderte Munisai gelassen und wies mit einem Nicken auf den Jungen.
    Bennosuke brauchte einen Moment, bis er begriff, was Munisai da gerade gesagt hatte. Verblüfft löste er seinen Blick von dem Bauern und sah zu ihm hinüber. Munisai wirkte immer noch belustigt, aber er konnte in seinem Blick kein Anzeichen dafür entdecken, dass er im Scherz gesprochen hatte. Der Junge spürte, wie alle Kraft und Wärme aus

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