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Ronja Räubertochter

Ronja Räubertochter

Titel: Ronja Räubertochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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aber Graugnomen und Wilddruden nicht, damit du es nur weißt!«
    »Ja, wer mag die schon«, sagte Birk.
    Es wurde jetzt schon früher dunkel. Die Zeit der hellen Nächte war vorüber. Abends saßen sie an ihrem Feuer und sahen die blassen Sterne am Himmel aufblinken. Und je mehr sich die Dunkelheit vertiefte, desto zahlreicher flammten sie auf, hell und leuchtend glühten sie schließlich über dem Wald. Noch war es ein Sommerhimmel, aber Ronja wußte, was die Sterne verkündeten: Bald ist es Herbst!
    »Ja, Wilddruden hasse ich«, sagte sie.
    »Eigentlich merkwürdig, daß sie uns hier so lange in Frieden gelassen haben. Sie scheinen nicht zu wissen, daß wir in der Bärenhöhle wohnen.«
    »Wahrscheinlich, weil ihre eigenen Grotten hinter dem Wald und nicht zum Fluß hin liegen«, sagte Birk.
    »Die Graugnomen haben wohl ausnahmsweise ihr Maul gehalten, sonst hätten wir die Druden schon längst am Hals.«
    Ronja schauderte.
    »Es ist besser, wir sprechen gar nicht von ihnen«, sagte sie.
    »Sonst locken wir sie am Ende noch her.«
    Dann wurde es Nacht. Und wieder wurde es Morgen, ein neuer, warmer Tag begann. Und sie badeten wie üblich. Da kamen die Wilddruden. Nicht eine oder zwei, sondern viele, eine große, grausame Schar. Plötzlich schwirrte es in der Luft von ihnen. Kreischend und heulend schwebten sie zum Fluß hinunter, und sie schrien: »Hoho! Ihr schönen Menschlein dort im Wasser, jetzt wird das Blut fließen, hoho!«
    »Tauch unter, Ronja!« schrie Birk. Und sie tauchten und schwammen unter Wasser, bis die Atemnot sie wieder nach oben trieb. Und als sie da den Himmel von zahllosen Druden verdunkelt sahen, wußten sie, daß ihnen nicht mehr zu helfen war. Diesmal konnten sie ihnen nicht entkommen. Die Druden sorgen dafür, daß ich mich nicht länger vor dem Winter zu fürchten brauche, dachte Ronja bitter, als sie das nicht endende Gekreisch hörte.
    »Ihr schönen Menschlein dort im Wasser, jetzt kriegt ihr unsere Krallen zu spüren, jetzt wird euer Blut fließen, hoho!«
    Aber die Wilddruden drohten und quälten gern, bevor sie angriffen. Früh genug würden sie die Krallen in ihre Opfer schlagen und sie töten. Aber fast ebenso genußvoll fanden sie es, johlend herumzufliegen und Entsetzen zu verbreiten, während sie auf das Zeichen der Großdrude warteten, das bedeutete: Jetzt ist es soweit! Und die Großdrude, die wildeste und grausamste von allen, kreiste noch immer in weiten Schwüngen über dem Fluß, hoho, sie hatte keine Eile! Aber bald, bald würde sie als erste ihre Krallen in eins dieser Menschlein schlagen, die dort unten im Wasser zappelten. Sollte sie das schwarzhaarige nehmen, oder? Der Rotschopf war nicht zu sehen, mußte aber gleich wieder auftauchen, hoho, viele scharfe Krallen erwarteten ihn dann, hoho! Ronja tauchte und kam wieder hoch, sie rang nach Luft. Ihre Augen suchten Birk, wo war er? Sie sah ihn nicht, sah ihn nirgends, und sie wimmerte vor Verzweiflung. Wo war er, war er ertrunken? Hatte er sie mit den Druden allein gelassen?
    »Birk«, schrie sie in ihrer Not.
    »Birk, wo bist du?«
    In diesem Augenblick stieß die Großdrude kreischend auf sie hinab, und Ronja schloß die Augen ... Birk, mein Bruder, wie konntest du mich allein lassen in der schwersten und schrecklichsten Gefahr?
    »Hoho«, heulte die Drude, »jetzt wird das Blut fließenl«
    Aber noch wollte sie ein bißchen warten, ein klein bißchen nur, dann... Hoho!
    Noch einmal kreiste sie über dem Fluß, und plötzlich hörte Ronja Birks Stimme.
    »Ronja, schnell, hierher!«
    Eine vom Sturm gefällte Birke, die Krone noch grün von Laub, kam mit der Strömung getrieben, und daran hatte sich Birk festgeklammert. Ronja konnte nur einen Schimmer seines Kopfes über dem Wasser sehen, aber er war es, er hatte sie nicht allein gelassen, oh, welch ein Trost! Wenn sie sich nicht beeilte, würde die Strömung ihn schnell forttreiben. Sie tauchte und schwamm um ihr Leben... und dann war sie bei ihm. Er streckte die Hand aus und zog sie zu sich heran, und dann hingen sie beide am selben Ast, verborgen, so gut es ging, unter dem dichten Laubwerk.
    »Du, Birk«, keuchte Ronja, »ich dachte, du wärst ertrunken.«
    »Noch nicht«, sagte Birk.
    »Aber bald! Hörst du den Glupafall?«
    Und Ronja hörte das Brausen des großen Wassers, es war die Stimme des Glupafalles. Auf diesen Abgrund trieben sie jetzt mit der Strömung zu. Schon waren sie allzu nahe, das wußte Ronja, das sah sie. Und immer schneller trieben sie dahin

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