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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Mehring und Ernst Meyer bildeten eine Kommission, die die Endfassung
     der »Leitsätze« redigierte und am 3. Februar 1916 im Spartakusbrief Nr. 2 veröffentlichte. Am 6. Februar verlas Berta Thalheimer
     sie auf der in Bern stattfindenden Erweiterten Beratung der Internationalen Sozialistischen Kommission der Zimmerwalder Bewegung,
     die eine neue Konferenz vorbereitete, an der auch Lenin teilnahm. Die »Leitsätze« fanden Anklang. Es wurde beschlossen, sie
     im Internationalen Bulletin Nr. 3 zu veröffentlichen. Adolf Warski erklärte auf der Kienthaler Konferenz im April 1916, der
     Hauptvorstand der SDKPiL billige die »Leitsätze« und habe sich entschlossen, diese gemeinsam mit der Gruppe Internationale
     einzubringen. Diesem Beschluß lag noch der erste Entwurf Rosa Luxemburgs zugrunde. 79 Ihre Arbeit im Frauengefängnis hatte sich, wie von ihr gewollt, als nützlich erwiesen.
    Wie erwartet, fochten die Anhänger von Georg Ledebour und Adolph Hoffmann in Berlin die »Leitsätze« grundsätzlich an und brachen
     Mitte Februar 1916 ihre Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Gruppe Internationale Käte Duncker, Karl Liebknecht, Franz
     Mehring, Ernst Meyer und Fritz Ohlhoff ab. Sie begründeten diesen Schritt mit deren Haltung zu den »Leitsätzen« von Rosa Luxemburg
     und mit dem Auftreten |514| von Berta Thalheimer in Bern, die das Bild von einer einheitlichen Opposition zerstört habe.
    Rosa Luxemburg war voller Tatendrang und wartete auf ihre Entlassung.

Zu Haus wohl angelangt
    Am 18. Februar öffneten sich für sie die Gefängnistore. Der Berliner Polizeipräsident von Jagow schrieb an den preußischen
     Innenminister noch acht Tage vor ihrer Entlassung, er erwäge, Rosa Luxemburg sofort vom Oberkommando in den Marken in Militärgewahrsam
     übernehmen zu lassen, weil verhindert werden müsse, daß »ihre ganze nicht zu unterschätzende Agitationskraft in Wort und Schrift« 80 den äußersten radikalen Flügel der Sozialdemokratie unterstützte. Er fürchtete einen Skandal, wenn es bei ihrer Entlassung
     zu Demonstrationen käme.
    An der Westfront liefen um diese Zeit letzte Vorbereitungen für eine neue Offensive, um am 21. Februar 1916 die Schlacht um
     Verdun beginnen zu können. Verdun, das den wahnwitzigen Kriegszielen der Herrschenden in Deutschland eine neue Niederlage
     zufügte, wurde zu einer der größten Materialschlachten des ersten Weltkrieges und hinterließ insgesamt 700   000 Tote, Verwundete und Gefangene. Diese Schlacht illustrierte auf grausame Weise, was Rosa Luxemburg in ihrer Junius-Broschüre
     über die imperialistische Kriegsfurie schrieb. In Deutschland verschlechterte sich die wirtschaftliche und politische Lage.
     Alle Lebensmittel und Konsumgüter wurden knapper und verteuerten sich. Trauer, Not und Hunger bedrückten die Mehrheit der
     Bevölkerung. Die Unzufriedenheit wuchs.
    Als von Jagow erfuhr, daß Karl Liebknecht und Georg Ledebour, um Rosa Luxemburgs Sicherheit nicht zu gefährden, aber auch
     unter dem Eindruck der kurz zuvor erfolgten Verhaftung des Herausgebers der »Lichtstrahlen«, Julian Borchardts, und des Berliner
     Sozialdemokraten Joachim Klüß, im letzten Augenblick dringend von der geplanten Demonstration abgeraten hatten, verzichtete
     er vorerst darauf, Rosa Luxemburg |515| in »Sicherheitshaft« zu nehmen. Eine solche Maßnahme hätte unvorhersehbare Folgen in der Stellung der Berliner Arbeiter zum
     Krieg haben können. 81
    Rosa Luxemburg besaß viele Freunde und Sympathisanten. Der Berliner Polizeipräsident mochte seinem Vorgesetzten noch so sehr
     beteuern, alle Pressemitteilungen über einen großen Empfang der Luxemburg seien unwahr, Frauen- und Kinderansammlungen hätten
     sie nicht einmal zu Gesicht bekommen, 82 die Beteiligten erlebten es anders.
    »Eben haben wir die Rosa abgeholt«, berichtete Käte Duncker am 18. Februar 1916 an Hermann Duncker, »alles ging programmäßig.
     Wir hatten befürchtet, daß sie früher, als eigentlich angegeben war, herausgebracht werden würde, aber merkwürdigerweise hielt
     man die Zeit genau inne. Schon um drei Uhr füllte sich die Barnimstr. mit Menschen, großenteils Frauen. Ich war bis zum Friedrichshain
     gefahren, um nicht allzu früh da zu sein, und ging von dort die Weinstr. hinunter, die die Barnimstr. bei dem gastlichen Gebäude
     kreuzt. Als ich noch ca. 300 Schritt entfernt war, sah ich die Masse sich in Bewegung setzen und in Rufe ausbrechen. Ich setzte
     mich in Trab, aber es war nur das

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