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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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erzielen.
    An der Reichskonferenz der sozialdemokratischen Parteiopposition am 7. Januar 1917 nahmen 157 Vertreter aus 72 sozialdemokratischen
     Wahlkreisorganisationen teil, darunter mehr als 30 Delegierte der Spartakusgruppe. Hugo Haase und Richard Lipinski forderten
     ein geschlossenes Auftreten gegen die parteispalterische Tätigkeit des Parteivorstandes, vermieden aber grundsätzliche Kritik
     an seiner Politik und wichen organisatorischen Konsequenzen aus. Die Konferenz billigte mit 111 Stimmen den Standpunkt der
     Leitung der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft. Die Resolution der Spartakusgruppe erhielt 34 Stimmen, nachdem Ernst
     Meyer in einem Koreferat vorgeschlagen hatte, dem Parteivorstand die Beiträge zu sperren, die rechtssozialdemokratischen Parlamentsabgeordneten
     abzuberufen, auf der Parlamentstribüne der Friedenssehnsucht der Massen Ausdruck zu verleihen und die Opposition straffer
     zusammenzuschließen. Ernst Meyer trug im wesentlichen den Standpunkt vor, den auch Rosa Luxemburg, Leo Jogiches, Karl Liebknecht
     und Franz Mehring vertraten. Der Kopf der Spartakusgruppe plädierte für eine von den Mitgliedermassen unterstützte Zurückeroberung
     der Sozialdemokratischen Partei unter Ausgrenzung derjenigen, die die Politik des 4. August 1914 rechtfertigten und weiterhin
     die Kriegführung unterstützten.
    Am 18. Januar 1917 schloß der sozialdemokratische Parteiausschuß mit 29 gegen 10 Stimmen die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft
     und die um die Linken gruppierte Opposition |550| aus der Partei aus. Der Parteivorstand gab dies am 20. Januar bekannt und rief dazu auf, in allen Parteiorganisationen die
     Opposition auszuschließen. Das heißt, die organisatorische Spaltung erfolgte durch die rechtsopportunistischen Kräfte, die
     die leitenden Instanzen mehrheitlich beherrschten. Damit trat eine neue Situation im schwierigen Kampf um den Ausweg aus der
     Krise der Sozialdemokratie ein. Aus der Konferenz der Opposition vom 6. bis 8. April 1917 in Gotha ging schließlich die Unabhängige
     Sozialdemokratische Partei Deutschlands hervor, an die sich die Spartakusgruppe unter Wahrung ihrer politisch-ideologischen
     Selbständigkeit und des Rechts auf organisatorische Eigenständigkeit anschloß. Das Bündnis stand unter der Devise: »Wir sind
     mit Euch, wenn Ihr ernstlich kämpft. Wir werden ohne Euch handeln, wo Ihr versagt, wir werden gegen Euch sein, wenn Ihr Eure
     Pflicht vernachlässigt.« 146
    Hauptakteure bei der Gründung dieser neuen Partei waren Wilhelm Dittmann, Hugo Haase, Karl Kautsky und Georg Ledebour. Rosa
     Luxemburg zweifelte nicht an ihrem aufrichtigen Friedensstreben und Einsatz für bürgerlich-demokratische Verhältnisse, aber
     sie kritisierte ihre unentschiedene Opposition und ihr ständiges Zurückweichen vor Massenaktionen, die sich hemmend auf den
     Klärungsprozeß innerhalb der Opposition auswirkten. Tatsächlich beeinflußten diese Funktionäre die Mehrheit der aufbegehrenden
     Mitglieder der USPD weit mehr als die Spartakusgruppe.
    Den Linken um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die durch »Sicherheitshaft« und Zuchthaus bewußt von ihren Anhängern getrennt
     worden waren, fiel es schwer, eine eigene tragfähige Parteikonzeption für die Belebung und Orientierung der sozialistischen
     Antikriegsbewegung zu entwickeln und weitere Mitstreiter zu finden.
    Lenin beobachtete die Spaltung in der deutschen Sozialdemokratie aufmerksam, brandmarkte den Sozialchauvinismus der Ebert
     und Scheidemann und den Sozialpazifismus der Kautsky und Haase und kritisierte das Zögern der Linken, sich konsequent vom
     Opportunismus abzukoppeln und eine eigene Partei zu gründen. Seine Gedanken stimmten mit manchem kritischen Einwand Rosa Luxemburgs
     überein, doch sie sah in den |551| von ihm geführten Bolschewiki als einer konspirativ agierenden Minderheitspartei von Berufsrevolutionären kein Vorbild. Rosa
     Luxemburg war der Meinung, die deutsche Sozialdemokratie müsse im Kampf gegen den Krieg und in Auseinandersetzung mit den
     Rechten durch die Masse der Mitglieder zurückerobert und in der Politik auf klassenkämpferischen Kurs gebracht werden. Dazu
     müßten die direkten Kriegsunterstützer ausgeschlossen und die Zögernden zur Konsequenz gedrängt werden. Diese Konzeption übertrug
     sie auf das Verhältnis zur USPD, die sie als Abklatsch der alten Sozialdemokratie betrachtete, in der das »marxistische Zentrum«
     beherrschenden Einfluß besaß, die

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