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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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deutschen Arbeiter und ihre Organisationen
     sollten zu revolutionärem Handeln aufgerüttelt und die russischen Revolutionäre vor kompromittierenden Fehlern gewarnt werden.
    Das betraf nach ihrer Auffassung vor allem die Ausgestaltung der Demokratie, die Lösung der Agrarfrage und das Recht auf nationale
     Selbstbestimmung. Sie wollte und konnte zu keinem dieser Komplexe ultimative Lösungen anbieten, stellte jedoch eigene Maximen
     zur Diskussion.
    Als das Wesentlichste betrachtete sie, daß durch die Revolution |575| mit der Eroberung der politischen Macht erstmals die Verwirklichung des Sozialismus in Angriff genommen wurde. Damit sei die
     russische Revolution mit den Bolschewiki an der Spitze dem internationalen Proletariat vorangegangen und habe die Auseinandersetzung
     zwischen Kapital und Arbeit weltweit mächtig vorangetrieben. Nicht diese oder jene Detailfrage der Taktik sei das Bedeutendste
     am Revolutionsgeschehen, sondern die revolutionäre Tatkraft der Massen. 208
    Rosa Luxemburg analysierte die Strategie und Taktik der Bolschewiki sehr genau: Die Partei – zu »Beginn der Revolution eine
     von allen Seiten verfemte, verleumdete und gehetzte Minderheit« – habe die Volksmassen, »das städtische Proletariat, die Armee,
     das Bauerntum, sowie die revolutionären Elemente der Demokratie, den linken Flügel der Sozialisten-Revolutionäre, unter ihrer
     Fahne sammeln« 209 können, weil sie nicht nach einem »goldenen Mittelweg« zwischen bürgerlicher und sozialistischer Revolution bzw. bürgerlicher
     und sozialistischer Demokratie suchte, sondern mit Entschlossenheit forderte: »Die ganze Macht in die Hände des Proletariats
     und der Bauern!« 210 Die Konsequenz, mit der die Bolschewiki die Forderungen nach Demokratie und Frieden, nach Land und Brot in den Mittelpunkt
     stellten, habe sie in kürzester Zeit zu Herren der Situation gemacht.
    Besondere Aufmerksamkeit richtete Rosa Luxemburg auf das Verhältnis von Diktatur und Demokratie. Sie war der festen Überzeugung,
     daß der Sozialismus nur gelingen könne, wenn er aus einer weltrevolutionären Umwälzung entstand und wenn er das Werk der Volksmassen,
     der
» Klasse
und nicht einer kleinen, führenden Minderheit im Namen der Klasse« 211 ist. Schreckensherrschaft durch Dekrete, diktatorische Gewalt und drakonische Strafen demoralisiere die Bewegung und führe
     in den Abgrund, auch wenn sie an noch so hehre Ziele gebunden werde. »Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- und Versammlungsfreiheit,
     freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in der die Bürokratie allein
     das tätige Element bleibt. Das öffentliche Leben schläft allmählich ein, einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher
     Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren, unter ihnen leitet in Wirklichkeit ein |576| Dutzend hervorragender Köpfe, und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den
     Reden der Führer Beifall zu klatschen, vorgelegten Resolutionen einstimmig zuzustimmen, im Grunde also eine Cliquenwirtschaft
     – eine Diktatur allerdings, aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, d. h.
     Diktatur im rein bürgerlichen Sinne, im Sinne der Jakobinerherrschaft (das Verschieben der Sowjetkongresse von drei Monaten
     auf sechs Monate!). Ja noch weiter: Solche Zustände müssen eine Verwilderung des öffentlichen Lebens zeitigen: Attentate,
     Geiselerschießungen etc. Das ist ein übermächtiges, objektives Gesetz, dem sich keine Partei zu entziehen vermag. Der Grundfehler
     der Lenin-Trotzkischen Theorie ist eben der, daß sie die Diktatur, genau wie Kautsky, der Demokratie entgegenstellen. ›Diktatur
oder
Demokratie‹ heißt die Fragestellung sowohl bei den Bolschewiki wie bei Kautsky. […] Es sind zwei Gegenpole, beide gleich weit
     entfernt von der wirklichen sozialistischen Politik.« 212 Diese müsse sich durch Anwendung der Demokratie auszeichnen, nicht durch deren Abschaffung. 213
    Den sofort scharfsinnig wahrgenommenen Deformierungstendenzen stellte Rosa Luxemburg eigene Vorstellungen von Sozialismus
     und Demokratie entgegen: »Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so
     zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ›Gerechtigkeit‹,
     sondern weil all

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