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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Luxemburg glücklich, vergrößerten aber auch ihre Sehnsucht, endlich einmal die Eltern
     und Geschwister wiederzusehen. Ihrer Mutter wollte sie zu gern einen längeren Erholungsurlaub in der Schweiz ermöglichen.
     Doch ihre Schwester Anna mußte in einem Brief vom 29. Juli 1897 um Geduld bitten, weil sich die Mutter, von schwerer Krankheit
     arg geschwächt, noch nicht auf eine solch beschwerliche Reise begeben konnte. Das Befinden der Mutter beunruhigte Rosa, und
     sie beklagte, daß ihr nichts Näheres mitgeteilt wurde. Anna entschuldigte sich: »Du hättest Dich nur gesorgt und gegrämt,
     und das ohne jeden Nutzen für irgendeinen. Dazu erschreckt aus der Entfernung alles noch mehr, und Deine eigene Hilflosigkeit
     hätte Dich in diesem Falle zur Verzweiflung treiben können. Wenn es nur nicht so weit wäre, aber wo Du dort ganz allein ›hinter
     den Bergen‹ sitzt! Ich hätte kein Gewissen, wenn ich Dir solche Nachrichten mitgeteilt hätte, umso mehr, als Du allein an
     Dich denken mußt und mit einer Arbeit (Dissertation) belastet warst, für die Ruhe eine notwendige Bedingung ist. […] Sorge
     Dich nicht, meine Liebe, das Schlimmste ist schon vorbei, Du wirst sehen, daß es jetzt immer besser geht und Mama, so Gott
     will, gesund wird. Ich werde Dir oft berichten, und Du erhol Dich dort auf dem Land, weil Du das aufrichtig verdienst, und
     verderbe Dir nicht die Ruhe mit verschiedenen Gedanken, weil es unnötig ist, und uns machst Du eine Freude, wenn Du in besserer
     Stimmung bist.« 85
    Einige Wochen später erhielt Rosa Luxemburg in Weggis die entsetzliche Nachricht vom Tod ihrer Mutter, die in der Nacht vom
     29. zum 30. September 1897 verstorben war. Da sie sich in Zürich am 22. Juli 1897 nach dem Kanton Appenzell abgemeldet hatte
     und in Weggis, in der Pension »Zur Tanne«, mit ihrem Leo ungestört eine schöne Zeit verbringen wollte, hätte sie es der Überbringerin
     der Nachricht, Frau Olympia Lübeck, beinahe unmöglich gemacht, sie aufzusuchen. Zu Hause in Warschau |72| wunderten sich der Vater und die Geschwister mit Recht, warum ihre Antwort so lange dauerte und Frau Lübeck Rosa sofort wieder
     verlassen hatte. Sie glaubten sie in verzweifelter, trauriger Einsamkeit und vom Studium total erschöpft. In einer Erinnerung
     an die vertrackte Situation verfluchte sie später die »ganze
gottverdammte Politik«
, an die sie Leo geschmiedet habe. Auf sein Zureden hin habe sie die Lübeck so lange abgehalten, nach Weggis zu kommen, »damit
     sie mich nicht stört,
den epochemachenden Artikel
für die ›Sozialistischen Monatshefte‹ zu beenden; dabei fuhr sie zu mir – mit der Nachricht vom Tode der Mutter! […] Würde
     ich doch an Gott glauben, dann wäre ich überzeugt, daß uns Gott für diese
Qual
schwer strafen wird.« 86 Als Leo 1898 der Verlust seiner Mutter tief betrübte, versuchte sie ihn zu trösten, indem sie ihm schrieb: »vielleicht glaubst
     Du jetzt auch mir, daß das auch für mich ein furchtbarer Schmerz ist, der nicht aufhört und nicht für einen Tag vergeht. Ich
     habe in Zürich bemerkt, daß Du mir das nicht glaubst, und ließ Dich deshalb nichts merken, aber sowohl dort als auch hier
     läßt mich dieses Schauderhafte nicht los. Besonders wenn ich mich schlafen lege, steht mir dieser Fakt sofort wieder vor Augen,
     und ich muß laut aufstöhnen vor Schmerz. Ich weiß nicht, wie es bei Dir ist, aber ich leide irgendwie nicht hauptsächlich
     aus Sehnsucht und nicht um meinetwillen, sondern jedesmal erschüttert mich der eine Gedanke: Was war das doch für ein Leben!
     Was hat dieser Mensch erlebt, wozu so ein Leben!« 87
    Tränenüberströmt nahm Rosa Luxemburg in der Ferne Abschied von ihrer Mutter, die sie seit acht Jahren nicht gesehen hatte
     und von der sie so innig geliebt und vergöttert worden war. In diesem Schmerz wurde ihr vermutlich gewahr, daß sie sich ziemlich
     rigoros von der Familie abgekoppelt hatte, obwohl sie eine »tiefe und herzliche Anhänglichkeit« auszeichnete. 88
    »Mein liebes und herzlich geliebtes Töchterchen, meine Ruziunia!« schrieb der Vater am 30. Oktober 1897. »Wir erhielten gestern
     3 und heute Deine 2 Briefe, zusammen 5. Für solche bis in die Tiefe aufrührenden Briefe muß man wahrlich Deine Fähigkeiten
     haben, um antworten zu können und den Schmerz nach einem solch empfindlichen Verlust auszudrücken.– |73| Als Mamusia am 17. April erkrankte, war es schon gefährlich, denn es hatte sich Krebs gebildet, wovon wir nicht

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