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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Luxusein
band
!
Zusammen mit denen von Dir ist das auf einmal eine ganze Bibliothek, und meine Wirtin muß mir ein neues Regal geben, noch
     zu den beiden, die ich schon habe!« Und wie sie sich erst über Jogiches’ Gabe freute. »Ich habe den Eindruck, als hätte ich
     nicht ein Buch, sondern irgendein Besitztum erhalten, etwas wie ein Haus etwa oder eine Bodenparzelle. Weißt Du, wenn wir
     alles zusammentun, werden wir schon eine ganz schöne Bibliothek haben, und wir werden, sollten wir uns doch gemeinsam menschlich
     einrichten, uns einen verglasten Schrank für die Bücher kaufen müssen.« 123
    Für das größte Glück an diesem Tag sorgte also Leo Jogiches. Er schenkte ihr die »Schriften« des bürgerlichen Ökonomen Johann
     Karl Rodbertus-Jagetzow, von denen Band 3 1899 gerade erschienen war, und ein Handwörterbuch. Wiederholt hatte sie ihn in
     letzter Zeit kritisiert, weil er wenig Persönliches schrieb und ihre Fragen nicht beantwortete. »Schacherst mit mir wie ein
     Jude und schreibst nicht einen Brief auf Vorschuß« 124 . Sein Geburtstagsbrief übertraf alle ihre Erwartungen. »Mein Goldchen, teures, wie Du mich mit Deinem Brief erfreut hast:
     Ich habe ihn gewiß sechsmal von Anfang bis zu Ende gelesen. Bist Du also wirklich mit mir zufrieden! Du schreibst, daß ich
     vielleicht nur so insgeheim weiß, daß es dort irgendwo einen Menschen namens Dziodziu gibt, der zu mir gehört! Ja, fühlst
     Du denn nicht, daß ich alles, was ich tue, immer nur in Gedanken an Dich tue: Wenn ich einen Artikel schreibe, so ist mein
     erster Gedanke – das wird Dir Freude bereiten, und an Tagen, wo ich an meinen Kräften zweifle und nicht arbeiten kann, |119| quält mich der einzige Gedanke, wie Du es aufnehmen wirst, daß ich Deine Erwartungen nicht erfülle, Dich enttäuschen werde.
     Bekomme ich Beweise meines Erfolgs, wie z. B. so einen Brief von K. K. [Karl Kautsky], so empfinde ich das einfach als meine
moralische Steuer
an Dich. […] Nur eins fehlt mir zu meiner inneren Ruhe: die äußere Ordnung Deines Lebens und unseres Verhältnisses. Du merkst,
     ich werde hier nicht lange mehr eine solche Position (moralisch) haben, daß wir ruhig und offen wie Mann und Frau zusammenleben
     werden können. Das verstehst Du sicher selbst. Ich bin glücklich, daß es mit Deiner Staatsbürgerschaft endlich zum Ende kommt
     und Du Dich energisch der Doktorwürde näherst. Ich spüre aus Deinen letzten Briefen, daß Du in sehr guter Arbeitsstimmung
     bist, im übrigen gaben mir Deine Briefe während der Kampagne mit Schippel ohne Übertreibung täglich Denkanstöße, und in dem
     letzten gabst Du mir damals unmittelbar einen ganzen Teil, der das größte Prunkstück der Artikel ist (die Stelle über die
     Folgen der
Entlastung
für die Arbeiter habe ich wörtlich aus Deinem Brief übersetzt).
    Glaubst Du, daß ich das nicht sehe und nicht schätze, daß Du auf ›Kampfsignale‹ mir sofort mit Hilfe zur Seite stehst und
     mich zur Arbeit anspornst, dabei alle Schelte und alle meine ›Unterlassungssünden‹ vergessend! … Du hast keine Ahnung, mit
     welcher Freude und mit welcher Sehnsucht ich jetzt nach jedem Brief von Dir Ausschau halte: Ich weiß, daß jeder mir Kraft
     und Freude, Beistand und Lebensmut bringt.
    Aber am meisten erfreute mich dieser Absatz in Deinem Brief, in dem Du schreibst, daß wir beide noch jung sind und daß wir
     es noch schaffen werden, auch unser persönliches Leben einzurichten. Ach, Dziodziu, goldener, wenn du dieses Versprechen halten
     würdest!« 125
    Rosa Luxemburg sehnte sich nach einer eigenen kleinen Wohnung mit eigenen Möbeln, nach ruhiger und regelmäßiger Arbeit, nach
     gelegentlichen Begegnungen mit einem kleinen Bekanntenkreis, nach gemeinsamen Spaziergängen und Opernabenden und nach einer
     alljährlichen Sommerferienreise. Und sie wollte endlich auch ein Kind. »Wird es niemals erlaubt sein? Niemals?« 126
    »Dziodziu, wenn Du 1. die Staatsbürgerschaft erledigst, 2. die |120| Promotion beendest, 3. Dich mit mir offen in einer eigenen Wohnung niederläßt und wir beide arbeiten werden, so wird es bei
     uns ideal sein!! Kein Paar auf der Welt hat derart alle Voraussetzungen, um glücklich zu sein, wie wir. Und wenn nur noch
     etwas guter Wille unsererseits hinzukommt, so werden, müssen wir glücklich sein. Waren wir nicht so viele Male glücklich,
     sobald wir nur etwas länger zusammenlebten und sobald Arbeit mit dabei war? Erinnerst Du Dich an Weggis? Melide? Bougy?

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