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Rosa Rosen

Rosa Rosen

Titel: Rosa Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ashley Bloom
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ich weiß, Du hättest mir Bescheid gesagt.
    Dann kam ich darauf, warum Du meine Briefe vielleicht überhaupt nicht bekommen hast. Ich habe nämlich neulich durch Zufall im Müllcontainer neben der Post eine ganze Ladung Briefe gesehen. Oder vielleicht war es auch gar kein Zufall, vielleicht haben sie sie mit Absicht so deponiert, damit wir sehen, wo wir bei ihnen stehen. Nämlich ganz unten, nicht einmal mehr so viel wert, dass sie unsere Post versenden.
    Ich bin mir nun also ziemlich sicher, Du hast meine Briefe nie erhalten. Weil ich so verzweifelt war und nicht wusste, wie ich Dich erreichen konnte, hat eine gute Bekannte meiner Mutter – eine Deutsche – mir angeboten, meine Briefe bei der Post abzugeben. Ich hoffe deshalb sehr, dass Dich dieser nun erreichen wird.
    Uns geht es soweit gut, den Umständen entsprechend halt. Ich bin noch immer glücklich mit Nathan. Aus dem Plan mit der Schweiz ist nichts geworden, weil sie auch keine Juden aufnehmen wollen. Nirgends sind wir mehr erwünscht. Wir werden wohl alle erst wieder im Himmel willkommen sein.
    Seit 1. September müssen wir einen gelben Judenstern tragen. Sie haben uns haufenweise davon gegeben und Mama hat einen ganzen Tag gebraucht, sie an all unsere Kleidungsstücke zu nähen. Nun erkennt man uns also schon von Weitem.
    Ich bin so traurig, so lange nichts von Dir gehört zu haben. Selbst wenn Du meine Briefe nicht erhalten hast, verstehe ich nicht, warum Du mir nicht geschrieben hast. Hast Du Dir denn keine Sorgen gemacht? Oder hast Du geschrieben und die Briefe haben sie ebenfalls weggeschmissen? Man weiß gar nichts mehr.
    Bitte, wenn Du mir in Zukunft einen Brief schreibst, schicke ihn an unsere Bekannte, Lisa Räth (ich schreibe ihre Adresse als Absender auf das Kuvert), sie wird ihn an mich weiterleiten. So sind wir auf der sicheren Seite.
    Bitte, bitte, bitte, liebe Abby, lasse bald von Dir hören.
    Deine Freundin auf ewig Rachel
 
    *
    Am 16. September griffen die Briten Hamburg an und bombardierten die Stadt. Über 100 Menschen wurden dabei getötet und viele wurden obdachlos. Das hörte Abigail in den Radionachrichten und betete zu Gott, dass Rachel nicht unter den Opfern war.
    Als sie Ende September den Brief erhielt, war sie froh und dankbar, dass Rachel nichts passiert war. Doch dann sah sie das Datum über den Zeilen und erkannte, dass er zwei Tage vor dem Bombenangriff geschrieben worden war. Es konnte ihr also doch etwas passiert sein.
    Sie schrieb an Rachel zurück und schickte den Brief an Lisa Räth, wie Rachel es ihr gesagt hatte. Und dann wartete sie auf Antwort.
    Inzwischen hatte Japan Pearl Harbor angegriffen und die USA waren in den 2. Weltkrieg eingetreten. Hitler hatte den USA ebenfalls den Krieg erklärt. Nun waren Abigails Land und Rachels Land also offiziell Gegner.
    Anfang 1942 hörte Abigail endlich von Rachel.
 
    *
    12. Januar 1942
    Abby,
    es ist schrecklich. Wie Du ja schon erfahren hast, wurde Hamburg bombardiert. Es war so grausam. Wie haben die Sirenen gehört und sind alle in die Bunker. Erst wollten sie uns gar nicht reinlassen, doch Mutter hat geschrien: „Sollen wir hier draußen etwa sterben?“ Und sie haben uns letztendlich doch Zutritt gewährt.
    So viele Menschen sind gestorben. Überall lagen Trümmer und Leichen. Ich kann gar nicht aufhören, daran zu denken.
    Und das Schlimmste kommt ja noch! Weil durch den Angriff so viele Deutsche obdachlos geworden sind, haben sie denen einfach die Wohnungen und Häuser der Juden gegeben. Sie haben so viele Juden abgeholt und weggebracht, und unter ihnen waren auch Nathan und seine Familie.
    Er wollte nicht mit, wollte bei mir bleiben. Doch sie haben ihn zusammengeschlagen und einfach auf den Wagen geschmissen. Ich weiß nicht einmal, wo sie ihn hingebracht haben. Er hat geschrien, er werde mir schreiben und Bescheid geben, wo er sei, damit ich nachkommen kann. Doch ich habe bis heute noch nichts von ihm gehört.
    Mein Leben ist vorbei. Ich will gar nicht weiterleben in diesem Land, wo der Hass herrscht. Ohne meinen Nathan.
Ich will nur noch, dass es ein Ende hat. Manchmal wünschte ich, mich würde eine Bombe treffen und ich fiele tot um.
    Die Bombenanschläge gehen weiter. Die Briten bombardieren Deutschland unaufhörlich. Und nun führt auch noch Amerika Krieg gegen uns. Man weiß nie, wann der nächste Anschlag stattfindet. Ich kann nachts gar nicht mehr schlafen, höre immer nur diese Sirenen. Ich kann nicht aufhören, sie zu hören.
    Uns haben sie auch aus

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