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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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fragen.«
    »Belgier sind viel höflicher als wir.«
    »Vic würde bestimmt darüber lachen. Vielleicht sieht er uns ja.« Sie nahm den Stift und ich legte das Papier auf mein Knie und deutete auf die gepunktete Linie. »Man sagt doch, wenn jemand plötzlich stirbt, bliebe der Geist noch eine Weile in der Nähe des Körpers, weil er nicht weiß, wo er hinmuss.« Sie kritzelte ihren Namen. »Hoffentlich verirrt er sich nicht, hier in Belgien.« Sie lehnte wieder ihren Kopf an mich. »Armer Victor.«
    Ich faltete das Schreiben zusammen und sah CyberNel hereinkommen.
    »Und was jetzt?«, fragte Betty.
    »Jetzt schläfst du ein paar Stunden.«
    »Ich bin nicht müde.«
    »Ich schon. Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Und Nel auch nicht.« Ich blickte auf. »Hallo, Nel. Das ist Betty. Betty, das ist Nel.«
    Betty blieb an mich gelehnt sitzen. »Ich hab dich schon mal gesehen, vor meiner Haustür.«
    »Außerdem kennt man uns in Belgien als Schwestern.« Nel holte sich einen Stuhl und setzte sich uns gegenüber. »Wie geht’s dir?«
    »Bescheiden«, sagte Betty.
    Nel lehnte sich zu ihr hin. »Natürlich ist das schrecklich. Aber du darfst dir keine Vorwürfe machen.«
    »Das ist leicht gesagt«, entgegnete Betty.
    »Es ist nicht deine Schuld«, erklärte Nel. »Jeder kriegt es im Leben mit Mistkerlen zu tun. Sie missbrauchen dich und tun schlimme Dinge. Aber in dem Fall sitzt der Mistkerl für immer hinter Schloss und Riegel, auch wenn das nur ein schwacher Trost ist.«
    Betty lächelte andeutungsweise. Ich tätschelte ihr das Knie.
    »Ein paar Stunden in einem richtigen Bett wären bestimmt erholsamer, als die ganze Zeit an seiner Schulter zu lehnen«, bemerkte Nel.
    »Ich möchte lieber nicht allein sein.«
    »Wir bleiben bei dir«, versprach Nel. »Es tut mir so leid für dich.«
    Betty ließ ihren Kopf, wo er war, und schaute Nel an. »Ich werde schon darüber hinwegkommen«, sagte sie. »Ich habe diesen Schlag vor drei Jahren schon einmal verkraften müssen, und was Victor angeht … Wie wäre es mit ihm weitergegangen? Er hatte schon seit einer ganzen Weile die Nase voll. Die vielen Medikamente, ständig vorsichtig sein, am Steuer bewusstlos werden. Er hat mal gesagt, eines schönen Tages würde er einfach ins Meer gehen. Am schlimmsten wird es für Gerda sein.«
    »Jetzt komm schon.« Nel nahm Bettys Tasche, die auf dem Stuhl neben ihr lag, half ihr auf und nahm sie ins Schlepptau. Die Schwester stand auf dem Flur. Ich übergab ihr das Formular und sie brachte uns zurück in den siebten Stock. Ich dachte für einen Moment, sie würde uns in Victors Zimmer führen, doch sie ging uns voraus in einen anderen Gang und öffnete die Tür zu einem kühlen Raum mit vier Betten und einem Fernseher an der Wand. Sie gab Nel eine Tablette für Betty.
    Die Schwester blieb noch einen Augenblick unschlüssig vor der Tür stehen, und als Betty und Nel ins Zimmer gingen, sagte sie: »Wir alle sind erschüttert, auf diese Weise einen Patienten zu verlieren. Er war ein netter Junge.«
    Ich zog die Tür etwas weiter zu. »Sie konnten es leider nicht verhindern.«
    Sie nickte. »Es ging ihm sehr schlecht, als er eingeliefert wurde, aber er erholte sich schnell. Als er nachmittags zu uns auf die Station kam, war er richtig fröhlich.«
    »Fröhlich?«
    »Er sagte, er sei schon seit einer Woche in Antwerpen und hätte hier viel Glück gehabt, Antwerpen sei für ihn die schönste Stadt der Welt. Er hörte sich an, als habe er im Lotto gewonnen. Er wollte Blumen für uns kaufen und machte Witzchen, dass er uns heiraten wollte, er war ein netter Junge. Von seinem Zustand her hätte er gestern Abend schon entlassen werden können, aber der Kardiologe hielt es für ratsam, ihn wenigstens für eine Nacht hier zu behalten, nicht zuletzt, um sich in Ruhe mit Utrecht zu beraten. Ist das nicht merkwürdig?«
    »Was, ihn für eine Nacht hier zu behalten?«
    »Nein, das meine ich nicht, das ist völlig normal«, sagte sie. »Unter normalen Umständen jedenfalls. Man kann doch davon ausgehen, dass ein Krankenhaus der sicherste Ort für einen Herzpatienten ist. Nein, das Merkwürdige ist, dass es hier für ihn am gefährlichsten war und er vielleicht noch leben würde, wenn wir ihn gestern vor die Tür gesetzt hätten.«
    »Sie sollten sich keine Vorwürfe machen«, riet ich ihr.
    »Nein, aber natürlich machen wir uns unsere Gedanken darüber. Wissen Sie, warum dieser Mann ihn ermordet hat? Es heißt, er sei ein Auftragskiller

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