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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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gedämpft auf mich einzureden, wie Ärzte es tun.
    »Ich bin Doktor Welbaert. Wir konnten ihn nicht retten. Es tut mir leid. Der Kardiologe war sofort da, aber ein Patient mit transplantiertem Herzen ist nun mal …« Er deutete eine Bewegung an.
    »Es wäre ein Wunder gewesen, wenn er überlebt hätte«, sagte ich. »Wir alle wissen das. Wo ist er jetzt?«
    Der Doktor nickte, als habe er meine Frage nicht gehört. Er wirkte ziemlich verstört. »Ein tragischer Fall. Er hatte nichts Ernstes. Wenn hier jemand in Eile hereinkommt und behauptet, er sei ein Arzt aus Utrecht, fragen die an der Rezeption nicht nach dem Ausweis, aber wenn ihn jemand erst zu mir gebracht hätte, anstatt ihn auf eigene Faust losgehen zu lassen, wäre mir sofort klar geworden, dass da etwas nicht stimmte. Wir stehen in Kontakt mit Utrecht und haben seine Akte hier … Wenn jemand vom UMC vorgehabt hätte, herzukommen, hätte man mich sofort informiert.« Wieder hob er die Hände. »Ich muss das der Polizei erklären, das ist ganz wichtig. Wir sind ein Krankenhaus, wir arbeiten mit reduzierter Nachtschicht und wir haben Vertrauen in Ärzte. Wir kennen das nicht, dass sich Leute einfach so als Mediziner ausgeben.«
    »Niemand wird das Krankenhaus dafür verantwortlich machen«, beruhigte ich ihn. »Sie haben getan, was Sie konnten.«
    »Ich bin froh, dass Sie so darüber denken.« Er war sichtlich erleichtert.
    »Ist er noch einmal bei Bewusstsein gewesen?«, fragte ich.
    »Nein. Er hat nichts gemerkt.«
    Wir schauten uns an und dachten beide dasselbe: außer in diesem einen Moment.
    Der Arzt räusperte sich. »Ich habe noch ein anderes Anliegen, es betrifft Ihre Schwägerin.« Er schaute Betty an. »Ihr Bruder ist als Organspender registriert, und ich wollte sie fragen, ob sie einverstanden ist, dass wir die Organe entnehmen. Wenn wir den Körper kühlen, haben wir vierundzwanzig Stunden Zeit …«
    »Aber nicht sein Herz, nehme ich an?«
    Doktor Welbaert lächelte säuerlich. »Nein, es geht um die Nieren, die Netzhäute, vielleicht die Leber, und es herrscht immer ein Mangel an Haut. Aus seinen Krankenakten vom UMC können wir sofort ersehen, was verwendbar ist. Er hat nur seinen letzten Untersuchungstermin verpasst, aber das ist erst ein paar Tage her, es wird sich nicht viel verändert haben. Vielleicht verlangt die Polizei eine Autopsie, die werden öfter hier bei uns durchgeführt. Wir könnten beides mehr oder weniger gleichzeitig erledigen.«
    »Ich frage seine Schwester. Muss sie etwas unterschreiben?«
    »Ja, wenn das ginge.« Er zog ein dreifach gefaltetes Schreiben aus seinem Kittel. »Ich nehme an, dass die Familie die Leiche in die Niederlande überführen lassen will«, sagte er. »Wenn die Polizei keine Einwände hat, könnte das bereits am Wochenende geschehen.«
    Ich nickte in Richtung Betty. »Gibt es irgendwo einen Raum, in dem sie sich ein wenig ausruhen kann? Und vielleicht könnten Sie ihr etwas geben, damit sie ein paar Stunden schläft?«
    »Natürlich. Auch ihrer Schwester? Ist sie noch da?«
    »Sie spricht mit der Polizei. Sie ist übrigens nicht ihre Schwester, da ist ein Irrtum passiert in der ganzen Aufregung. Ich erkläre Ihnen das später noch. Und ich wollte noch über etwas anderes mit Ihnen reden. Sind Sie noch eine Weile hier?«
    »Ja, bis um zehn Uhr morgens. Ich habe ein Sprechzimmer ein Stockwerk tiefer, die Schwestern zeigen es Ihnen schon.«
    »Wann würde die Autopsie stattfinden?«
    »Bestimmt nicht vor morgen Vormittag.« Er schaute auf die Uhr.
    Ich wedelte mit dem Formular. »Soll ich das anschließend der Schwester geben?«
    »Gern. Sie kann auch nachsehen, ob ein Zimmer frei ist.« Er winkte die Schwester zu sich und sie entfernten sich in Richtung Flur.
    Ich setzte mich neben Betty und sie ließ sofort ihren Kopf an meine Schulter sinken. Sie weinte nicht. Ich tätschelte ihr Knie.
    »Wir sind alle zu spät gekommen«, sagte ich.
    Ich fühlte, wie sie nickte. »Es ist so dumm«, sagte sie. »Er hatte nichts, es war nur eine Kleinigkeit.«
    »Du musst das hier noch kurz unterzeichnen, danach legst du dich ein paar Stunden schlafen.«
    »Was soll ich unterzeichnen?«
    Ich faltete das Papier auseinander. Wortreiche Erklärungen, darunter gepunktete Linien für Unterschriften. Ich hatte keine Lust, es durchzulesen. Ich holte einen Kuli aus der Innentasche. »Ob sie seine Organe verwenden dürfen.«
    Sie begriff die Ironie und grinste, nicht gerade fröhlich. »Bei uns würden sie nicht mal

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