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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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bedeutet etwas, jedes Bild ist neu.
    Nel hatte Lily Bals angerufen, doch die lag samt Handy, Mann und Kindern am Strand von Wijk aan Zee, und die Damen einigten sich mühelos darauf, dass Cor van Nool bis nach dem Wochenende warten konnte. Wir tranken Tee im Garten, Corrie hatte eine Torte gebacken, Hanna bekam Orangenlimonade.
    Nel hatte Verständnis dafür, dass ich nach dem Sonntagsmahl, als Hanna im Bett lag, der Tisch abgeräumt war und das Monopolybrett aufgebaut wurde, unter dem Vorwand eines Telefongesprächs in den Garten ging und anschließend leider dringend wegmusste.
    »Du bist ein asozialer Grobian«, sagte sie mit einem Abschiedskuss durch mein offenes Autofenster. »Ich fahre morgen wieder, ruf mich an, wo du bist, dann kannst du mich an Ort und Stelle vom Bahnhof abholen.«
    Keine Ahnung, woher die Anwandlung kam, aber hinter Zwolle fuhr ich in Richtung Apeldoorn ab anstatt weiter geradeaus nach Amersfoort und zurück in ein leeres Deichhaus.
    Das Zentrum von Otterlo bestand aus wenig mehr als einer Hand voll erleuchteter Häuser, einem Hotel mit Touristen auf der Restaurantterrasse sowie einem Platz mit Schule und Kirche. Da Touristen erfahrungsgemäß kaum den Weg zurück zu ihrem Campingplatz oder ihrer Pension kennen, hielt ich an dem Hotel. Der Kellner meinte, es gäbe bei ihnen keine Wehrmachtlaan und die Weringlaan läge ein Stück außerhalb des Zentrums. Ich musste an diversen Ecken anhalten und Schilder lesen. Es war eine dunkle, stille Allee mit Gärten und von zahlreichen Bäumen umgebenen, einzeln stehenden Villen. Mehrmals stieg ich aus, um Nummern auf Briefkästen und Gartenzaunpfählen zu suchen. Die Straße war nur spärlich beleuchtet, aber an einigen Häusern brannten Lampen über den Eingängen.
    Nummer 26 war stockdunkel. Ich fuhr daran vorbei und parkte hinter einer Reihe anderer Autos, die kreuz und quer zwischen den Bäumen und auf dem Fahrradweg vor Nummer 28 standen. Ich schaltete die Innenbeleuchtung aus, bevor ich die Autotür öffnete. Nummer 28 war hell erleuchtet und hinter dem Haus ertönten Musik und fröhliche Stimmen, Gelächter. Ich roch den Grill. Ein Gartenfest bei den Nachbarn.
    Ich nahm meine Beretta und eine Taschenlampe mit, schloss den Wagen ab und spazierte an den Ligusterhecken entlang zurück zu Nummer 26. Ich fand ein geschlossenes Gartentor. Ich stieg darüber und blieb stehen, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Es war ein schmales, fahlweißes Haus mit spitzem Dach. Zum Eingang führte ein weißer Plattenweg, der undeutlich aufleuchtete, als Autoscheinwerfer in die Allee einschwenkten. Ich hockte mich hinter den Liguster und wandte die Augen ab. Das Auto hielt ein paar Häuser weiter, schlagende Türen, die Scheinwerfer erloschen. Stimmen.
    Als es wieder still war, ging ich auf das Haus zu. Nirgendwo brannte Licht. Ich stieg vorsichtig die Stufen zum Eingang hinauf, bedeckte mit den Fingern meine Taschenlampe und betrachtete die Tür mit Minimalbeleuchtung. Eine solide Tür, eine vergitterte Scheibe, ein Klingelknopf mit einem abgenutzten Kupferschild: H. Dufour.
    Der Name sagte mir nichts. Ich schaltete die Lampe aus und legte mein Taschentuch um den Türknauf, bevor ich ihn ausprobierte. Natürlich abgeschlossen. Die Familie Dufour war auf dem Gartenfest der Nachbarn oder auf Urlaub in ihrem alten Heimatland. Warum besaß Victor de Vries ihre Adresse? Verwandte? Victors Mutter wohnte in Amstelveen.
    Ich hatte meinen Finger schon auf dem Klingelknopf, zog ihn aber wieder zurück. Falls Victor hier untergetaucht war, würde er womöglich in Panik geraten, flüchten oder einen Herzinfarkt erleiden.
    Der Streifen rund um das Haus bestand mehr aus platt getretenem Veluwesand als aus Kies und verursachte keinen Lärm. Fenster in altmodischen Erkern vorn und an der Seite. Dunkle Farbe, dunkle Fensterläden. Sämtliche Gardinen waren zugezogen. Ein Holzschuppen hinter dem Haus, eine Terrasse mit Gartenstühlen und einem zugeklappten Sonnenschirm. Wenn sie in Urlaub wären, hätten sie die Gartenmöbel in den Schuppen gestellt.
    Als ich meine Lampe wieder abschirmte und auf das Schloss der Hintertür richtete, sah ich, dass eine der kleinen Scheiben knapp darüber eingeschlagen war. Damit sank wohl die Wahrscheinlichkeit, dass die Dufours bei den Nachbarn waren.
    Ich streifte meine Kunststoffhandschuhe über und probierte den Türknopf aus. Einbrecher machten sich so gut wie nie die Mühe, die Tür wieder abzuschließen, doch diese war

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