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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Samariter wartete. »Die nichtsterile Operationsschwester war nicht von der Polizei.«
    »Ist Hulst auch nicht so richtig. Ich weiß nicht, ob eine Verbindung zu Victor de Vries besteht, aber wenn wir es herausfinden, dann nur dank Hulst. Es ist ohnehin ein Gotteswunder, dass einem so jemand über den Weg läuft.«
    Ich ging zu ihr hinüber, öffnete die Autotür und legte eine Hand auf das nasse Autodach. »Wir erfinden solche Ausreden aus dem Stegreif, du genauso wie ich, weil das die einzige Chance ist, nicht vor verschlossenen Türen zu stehen, und die schnellste Methode, Informationen zu sammeln. Es gehört zu unserem Beruf. Wir sind von der Versicherung, vom Gesundheitsamt, von der Justiz. Dufour hat mich angerufen und deshalb bin ich hier.« Ich wischte mir die Hand an der Hose ab. »Es macht mir nichts aus, dämliche Leute zu belügen, aber manchmal läuft es eben schief und da reicht auch eine Flasche guter Cognac nicht, um die Sache wieder gutzumachen. Das ist mir durchaus klar.«

CyberNel nickte und lächelte. »Ich will’s dir ja auch nur nochmal unter die Nase reiben«, sagte sie.
     
    Irgendjemand hatte einige Fenster hinter den geschlossenen Läden geöffnet, sodass das Haus weniger nach Grauen und Verfall roch. Und Dufour war nicht mehr da. Ansonsten war alles unverändert. Die Zeitschrift Europa lag unberührt auf dem Schreibtisch, aber ich hatte keine Lust auf die chinesischen Weisheiten Papinis und ließ sie, wo sie war. Ich suchte in den Schubladen Dufours und an anderen plausiblen Orten nach Adressen oder Namen von Leuten, zu denen er in Kontakt gestanden hatte, fand aber nichts, auch nicht im Papierkorb, den ich unter seinem Schreibtisch entdeckte. Vielleicht hatte der Mörder Spuren verwischt und Laackens Name in der Zeitschrift war das Einzige, was er übersehen hatte. Er. Sie.
    Nel wanderte mit angespanntem Gesichtsausdruck durch das Haus und ich fand die losen Backsteine vor dem Versteck in der Kaminmauer, die zurück an ihren Platz geschoben worden waren. Sie waren absolut unauffällig, und ich konnte mir vorstellen, dass Swaan sie nie bemerkt hatte. Ich zog sie heraus und leuchtete mit meiner Lampe in ein Rechteck aus staubgrauem Zement von der Größe eines Mikrowellenherdes. Möglich, dass Dufour Papiere darin aufbewahrt hatte, doch die hätte er ebenso sicher und unauffindbar in einer der zahllosen Kisten und Mappen verbergen können, voll gestopft mit getippten Artikeln und alten Zeitungsausschnitten über Kunst und Politik des vergangenen Jahrhunderts, dem journalistischen Erbe seines Vaters, das er aus welchen Gründen auch immer sorgfältig aufbewahrt hatte.
    Wir kamen keinen Schritt weiter, und Nel musste gar nicht aussprechen, was sie fühlte, ich sah es ihrem Gesicht an, wie ihre Antennen auf den Geruch und den Staub reagierten und darauf, was an Schmerz und Grausamkeit zwischen den Wänden dieses traurigen Tatortes zurückgeblieben war.
     
    Die Kanzlei des Notars befand sich in seinem eigenen altmodischen Herrenhaus, das von einem ummauerten Garten mit altem Baumbestand umgeben war. Alles hier war alt, der Marmor, die Möbel, die Teppiche. Die Sekretärin war eine ergraute Dame um die sechzig und ihr Chef schien das Pensionsalter längst überschritten zu haben. Er hatte das längliche, traurige Gesicht und die tiefbraunen Augen eines ausgedienten Rennpferdes. Seine Sekretärin mochte einen Computer besitzen; in seinem Büro war wenig Zeitgenössisches zu sehen.
    Er begrüßte uns beide mit einem steifen Händedruck. »Gestatten, dass ich mich vorstelle, ich bin Notar van Zomeren«, sagte er mit altmodischer Förmlichkeit. »Sie wollten mich in Bezug auf Meneer Dufour sprechen. Sie sind doch nicht von der Zeitung, hoffe ich?«
    Ich reichte ihm meinen Meulendijk-Ausweis. Er studierte ihn gründlich, wie man es von einem Notar erwarten konnte, verglich mein Gesicht mit dem Foto unter der Plastikfolie und betrachtete sogar die Rückseite, bevor er ihn mir wieder zurückgab. »Das sagt mir auch nicht viel«, meinte er. »Bitte setzen Sie sich.« Er wies auf schwere, plüschbezogene Armstühle. »Ein Ermittlungsbüro. Ist das ein Euphemismus für Privatdetektive?«
    Ich lächelte. »Wir sind in erster Linie auf der Suche nach Hintergrundinformationen«, erklärte ich. »Wir arbeiten für eine Klientin an einem völlig anderen Fall, bei dem es gewisse Querverbindungen zu dem Mord an Ihrem Mitbürger geben könnte.«
    Er wartete, bis Nel sich gesetzt hatte, bevor er sich an seinem

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