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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Jarris.«
    »Auf keinen Fall«, protestierte ich. »Den übernehme ich.«
    Er kniff die Augen zusammen. Ich hatte ihm schon mehrmals einen Anflug von Misstrauen angemerkt, und jetzt wieder, obwohl er nur leichthin bemerkte: »Aber dein Klient ist doch verstorben, bevor er dir einen Vorschuss zahlen konnte?«
    Er mochte abstruse Theorien über Feuerzeuge und zufällig vorbeikommende Psychopathen aus Amsterdam entwickeln, doch zugleich nagte die Frage an ihm, warum Dufour zwei Tage vor seinem Tod einen Privatdetektiv engagieren wollte. Meine Ausrede hatte begonnen, auf unangenehme Weise ein Eigenleben zu führen. »Den Kaffee kann ich mir gerade noch leisten«, antwortete ich ebenso leichthin.
    Hulst nickte. »Ruf mich an, wenn du durch welchen Zufall auch immer über etwas stolperst, was mir weiterhelfen kann. Ich sitze in meinem Dorf fest und von hier kamen sie garantiert nicht.«
    Er drückte seiner Frau einen Kuss auf den Kopf, grüßte uns mit einer Handbewegung und marschierte zur Tür.
    Nel sagte zu Hermien: »Du hast wirklich Glück mit deinem Mann.«
    Hermien lächelte. »Das Dorf auch. Alle verlassen sich auf ihn, und nicht nur, was die Polizeiarbeit angeht. Er ist sogar Schatzmeister des Kulturvereins, aber das wohl hauptsächlich, weil er mich nicht im Stich lassen will.«
    Ich lächelte. »Wer war dieser Mann, der die Lesung über Europa hielt?«
    »Ein abgetakelter Journalist. Manche Leute denken sich, das ist ja nur ein Dorf, und rasseln schnell irgendeinen Text herunter, um anschließend dreihundert Euro abzukassieren. Für uns ist das viel Geld. Er wollte es gleich bar ausgezahlt haben, aber das haben wir abgelehnt.«
    »War Dufour bei dieser Lesung dabei?«
    »Ja, er ist immer da. War, meine ich. Der arme Kerl. Er hatte kein Auto, ich glaube, er besaß noch nicht mal einen Führerschein, deshalb wurde er meistens von einem unserer Vorstandsmitglieder abgeholt und wieder nach Hause gefahren.« In ihren Augen blitzte ein Funken Schadenfreude auf. »An diesem Sonntag habe ich allerdings diesen Kars dazu eingespannt, hauptsächlich, um ihn loszuwerden, denn er wurde reichlich unverschämt mit seinen Geldforderungen. Wir haben ihn übrigens immer noch nicht bezahlt. Ein Rechtsanwalt aus unserem Bekanntenkreis sagte, wir könnten die Zahlung aufgrund Nichterfüllung einer Leistung verweigern.«
    Ich hob den Blick. »Sagten Sie Kars?«
    »Ja, Abraham Kars. Kennen Sie ihn? Es stank ihm gewaltig, dass er Hendrik absetzen musste, aber er konnte sich natürlich schlecht weigern.«
     
    »Quod erat demonstrandum«, bemerkte Nel klassisch, als wir vor dem Hotel standen und dem Rücken Hermiens hinterherschauten, die sich langsam watschelnd durch die Dorfstraße von uns entfernte. Es hatte aufgehört zu regnen und ich sah ein Stückchen Blau, aber dann und wann bliesen Windstöße neue Regenschauer von den Bäumen rund um die Kirche und die Schule auf der gegenüberliegenden Seite. Der Himmel war von einem Unheil verkündenden Schwarz, wie nach der Sintflut. Ringsum ertönte das Schreien und Johlen der Kinder, die sich auf dem Schulhof zum Unterrichtsbeginn um halb zwei versammelten, und kurz darauf folgte das Singen ihrer rührend hellen Stimmen, so glasklar wie frisch gespültes Kristall: Schiffer, darf ich überfahren? Hi, ha, ho?
    Das gibt’s auch nur noch in Otterlo, dachte ich bei mir. Vielleicht auch noch in Rumpt. Und in Feerweerd. Ich schaute auf die Uhr. »Wir haben eine halbe Stunde Zeit, aber vielleicht ist man hier weniger auf Pünktlichkeit fixiert als in der verdorbenen Großstadt.«
    »Du willst dich also nicht dazu äußern«, sagte sie. »Obwohl die Tatsache, dass wir mit unseren Ausreden echten Schaden anrichten, soeben überdeutlich wurde. Ich hoffe sehr, dass es eine schmerzfreie Methode gibt, einem prima Kerl wie Hulst zu erklären, dass wir ihn von Anfang an an der Nase herumgeführt haben.«
    »Ich weiß ja auch nicht, was wir machen sollen«, erwiderte ich. »Möchtest du noch kurz bei Dufour vorbeischauen?«
    Sie drehte sich um und überquerte die Straße hinüber zu unserem Auto, das halb auf dem Bürgersteig vor dem Rathaus geparkt stand. Dort blieb sie erneut stehen, die Gute war noch nicht fertig. »Die nächstbeste, schlampige, nichtsterile Operationsschwester erfährt ohne Weiteres, wen oder was du suchst und warum, und ein Verbündeter wie Hulst muss sich mit einer faulen Ausrede begnügen.«
    Ich tippte mit der Schirmspitze auf den Bordstein, wie ein Blinder, der auf einen

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