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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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einer Hand festhalten musste.
    »Hier wohnt doch Cor van Nool?«, fragte ich.
    »Ja?«
    »Ist er zu Hause?«
    Er hatte den verhuschten Blick des typischen Knackis. Vielleicht hatte er so lange in diversen Gefängnissen gesessen, dass er keinen Hosengürtel mehr tragen konnte. »Ich gehe mal nachsehen.«
    Er wollte schon die Tür schließen, doch ich hinderte ihn daran und betrat hinter ihm die Diele. »Ich komme gerne mit«, sagte ich. »Sind Sie ein Freund von ihm oder nur der Vermieter?«
    Er antwortete nicht, sondern blieb unten an der schmalen Treppe stehen und rief plötzlich mit hoher Krächzstimme hinauf: »Cor! Ein Bulle!«
    Ich hörte oben eine Tür schlagen. »Danke, Opa!« Ich schob den Alten beiseite und rannte die Treppe hinauf. Ein Treppenabsatz, eine offen stehende Tür und dahinter eine einfache Speichertreppe. Dort musste Cor gestanden und gelauscht haben. Profieinbrecher wurden selten gewalttätig, doch sie reagierten schnell und machten sich ruck, zuck aus dem Staub.
    Ich ignorierte die Speichertreppe und stürmte durch die Tür am Ende des Flures. Ein enges Schlafzimmer mit einem schmalen Bett und einem Fenster. Ich riss es auf. Ein dunkelhaariger Mann stand acht Meter von mir entfernt am äußersten Ende eines Gartenhausdachs, bereit, hinunter auf den schmalen Weg zwischen den Gärten zu springen.
    Ich rief: »Bleib lieber stehen, Cor!«, und pfiff auf den Fingern. Ich hörte, wie Bart meinen Pfiff erwiderte. Es klang wie in alten Zeiten.
    Cor schaute nach unten und seine Arme und Schultern erschlafften. Er wandte sich um und ich erkannte, dass er zur Gartenseite des Schuppendachs hinüberlaufen wollte. Ich stürzte aus dem Zimmer. Der alte Mann stand unten an der Treppe und starrte mich verständnislos an. Ich rannte an ihm vorbei durch den Flur und die Küche zur Hintertür. Diese Häuser waren alle gleich.
    Cor landete auf einem schmalen Brett an der Wand des Gartenhauses, das als Bank diente. Bart Simons trat durch das Gartentor. »Los, komm da runter, Cor«, sagte er.
    Cor fluchte verhalten, stieg rückwärts von der Bank und drehte sich um. »Meneer van Nool, wenn schon«, murrte er frustriert. »Ich kenne dich nicht, aber sage ich vielleicht Bulle zu dir?«
    »Du bist eben ein Einbrecher mit einem Vorstrafenregister so lang wie mein Arm, ich dagegen ein unbescholtener Polizist«, erwiderte Bart.
    »Ich habe schon eine Nacht im Präsidium gesessen für etwas, mit dem ich nicht das Geringste zu tun habe«, sagte Cor. Er schien gut in Form zu sein und sein Atem ging so ruhig wie nach einem Spaziergang zu einem Ausflugscafé, trotz der gymnastischen Fenster- und Schuppendach-Übungen. »Wenn es schon wieder um Otterlo geht, klage ich bis rauf zum Justizminister auf Schadensersatz.«
    Er streckte die Hände aus, als erwarte er, dass wir ihm Handschellen anlegen würden.
    »Otterlo?«, fragte Bart.
    Mein ehemaliger Partner von der Kripo wusste haargenau über Otterlo Bescheid, obwohl er nichts mit dem Fall zu tun hatte, für den das Hauptpräsidium zuständig war. Die Distelstraat war auch nicht gerade sein Bezirk, aber Amsterdam seine Stadt, und ich hatte versprochen, ihm Bescheid zu sagen, wenn ich dort operierte. Er kam nur allzu gern, froh wie ein kleines Kind über eine zusätzliche Spielpause.
    Ich wies mit einem Nicken auf die Bank. »Setz dich ruhig«, sagte ich. »Das Wetter ist schön und vielleicht können wir das ohne eine Verhaftung regeln.«
    Bart packte Cor am Handgelenk und legte ihm eine Handschelle an. Anschließend versetzte er ihm einen Schubs, dass er auf die Bank plumpste. Cor schirmte mit der freien Hand die Augen vor der Morgensonne ab und schaute uns an.
    Der kleine Garten war von einem wackligen Zaun umgeben, von Unkraut überwuchert und mit alten Fahrradteilen übersät. Ein Paar mit einer Kordel zusammengebundene Fahrradräder hing an einem Haken über der Bank an der Schuppenwand.
    Der alte Mann erschien in der Küchentür. Kopfnickend bemerkte er: »Er ist zu Hause.«
    Amsterdamer sind die geistreichsten Bewohner der Niederlande. »Sehr schön«, antwortete ich. »Vielleicht nehmen wir Sie auch gleich mit aufs Präsidium, zu einer Zeugenaussage.«
    Prompt verlor der Mann das Interesse und verschwand in seinem Haus. Bart riss Cors gefesselte Hand seitlich in die Höhe und befestigte die andere Handschelle an einem der Fahrradräder.
    »Ich dachte, es ginge auch ohne Verhaftung«, schimpfte Cor.
    Bart setzte sich neben ihn auf die Bank. Er besaß noch immer den

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