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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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ich unbeteiligt.
    Die Ironie entging ihr. »Das sind wir, ich und Siroun.« Sie fasste mich am Arm, führte mich ans Bett und zeigte mir das Foto von dem unwirtlichen Gebirgstal, das darüber hing. »Das liegt in der Nähe von Jerewan, der Hauptstadt. Es ist eine uralte religiöse Weihestätte, eine aus dem Felsen gehauene Kirche. Die Sträucher ringsherum hängen voller weißer Stofflappen, die Opfer und Gebete symbolisieren. Auf der anderen Seite des Flusses wurden die Zellen der Mönche aus der Felswand gemeißelt. Eine uralte Weihestätte aus vorchristlicher Zeit. Siroun und ich waren um Ostern herum dort. Ganze Familien kamen, um Schafe rituell zu schlachten und zu essen, zu beten. Als wir dort standen, wussten wir, dass das unser Projekt werden würde. Wir würden die Kirche und die gesamte Umgebung restaurieren, Geld ist ausreichend vorhanden.« Eine Wolke glitt über ihr Gesicht und sie umklammerte meinen Arm. »Ich kann den Gedanken, dass ich es allein tun muss, kaum ertragen«, sagte sie dann.
    Sie ließ mich los und setzte sich auf das Bett. Ich blieb am Bücherregal stehen und schaute Rosas Radio an. An einer Scherenlampe darüber hingen Kopfhörer. Ich drückte auf einen Knopf. Eine Frauenstimme schrillte durch den Raum: Underneath your clothes.
    Arin fuhr mit einem Schock auf. »Bitte!«
    Ich hatte es schon ausgeschaltet. »Sie lieben die Stille«, bemerkte ich.
    »Ja.« Sie sank zurück auf das Bett und biss sich auf die Lippen. »Ich kann Lärm immer weniger vertragen. Stille ist eine reinigende Kraft. Joachim sträubte sich dagegen, aber nach dem Unfall habe ich meinen Willen durchgesetzt und sämtliche Räume unten schalldicht verkleiden lassen.«
    Der Unfall hatte manches einfacher gemacht. »Aber Rosa mochte offenbar …«
    »Siroun«, unterbrach sie mich. »Sie heißt Siroun.«
    Ich wies mit einem Nicken auf das Radio. »Siroun hörte Popmusik.«
    »Nicht, wenn ich in der Nähe war.« Sie war wütend wegen dieses Popsenders und vergaß, ihre Tyrannei zu verbrämen, als verwechsle sie mich mit ihrer Tochter, als durchlebe sie erneut eine Meinungsverschiedenheit mit ihr. »Auf keinen Fall!«
    »Hatte sie eine gute Beziehung zu ihrem Vater?«
    Sie schwieg einen Augenblick. »Joachim war ständig unterwegs. Sirouns Erziehung überließ er mir. Er hatte ein Boot und nahm sie manchmal mit, wenn er segeln ging.«
    »Sie nicht?«
    »Ich glaube, Siroun machte sich auch nicht viel daraus, ich denke, sie fuhr nur mit, um ihrem Vater eine Freude zu bereiten.«
    Ich glaube, ich denke. »Siebzehn Jahre«, sagte ich. »Achtzehn. Mädchen in diesem Alter gehen in Popkonzerte und auf Ravepartys.«
    »Ich hoffe, sie nicht«, sagte Arin.
    »Wissen Sie es nicht?«
    Sie schaute mich vom Bett her vorwurfsvoll an. »Sie war achtzehn und hier zu Lande kann man achtzehnjährige Mädchen nicht einfach so einsperren.«
    Es klang, als täte ihr das leid.
    Teenager sind beängstigend rebellisch, sie tun alles, um ihre Eltern zu enttäuschen, rauchen und trinken, bringen die falschen Jungs mit nach Hause, wollen unter keinen Umständen ihrer Mutter ähneln. Siroun hielt sich zu Hause an die Regeln, Rosa lebte draußen die Rebellin aus. Das hatte sie gelernt. Victor arbeitete in einer Disco.
    »Könnte sie nicht heimlich in die Disco gegangen sein? Mädchen behaupten gern, sie würden ihre Hausaufgaben bei einer Freundin machen und dort übernachten.«
    Arin reagierte ungehalten. »Ich weiß nicht, was Sie wollen«, sagte sie. »Es scheint mir, als könnten Sie nicht akzeptieren, dass ich meine Tochter besser kenne als irgendjemand sonst, als versuchten Sie, eine andere Siroun aus ihr zu machen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich versuche nur, sie zu verstehen. Aber vielleicht ist das von vornherein unmöglich, weil ich kein Armenier bin.«
    »Siroun war ernsthaft. Nicht brillant, das sagte ich ja bereits, aber ernsthaft. Sie war eine echte Armenierin.«
    Ich suchte Rosa, nicht Siroun. Ich gelangte immer mehr zu der Überzeugung, dass es zwei gegeben hatte. Eine zu Hause, eine andere draußen. »Hatte sie keinen Freund?«
    Arin blickte auf. »Wie meinen Sie das?«
    »Ich meine jemanden, in den sie verliebt war, mit dem sie nach Zandvoort fuhr, um Sex in den Dünen zu haben.«
    Beleidigt schüttelte Arin den Kopf. »Das hätte sie mir erzählt. Siroun und ich hatten keine Geheimnisse voreinander.«
    Das Zimmer erinnerte mich an eine Zelle, dabei hatte ich Zellen gesehen, die behaglicher und menschlicher aussahen. Das hier

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