Rosa
sein, denn sein Privatmann besaß angeblich Diamanten. Ich sollte sogar mit nach Antwerpen, um beim Verkauf zu helfen.« Sie sah mein Stirnrunzeln. »Bram behauptete, alles sei völlig legal.«
Diamanten.
Der letzte Zug aus Katanga. Louis Dufour und sein Sohn Hendrik waren an dem Tag, an dem der Rest der Familie abgeschlachtet wurde, in der Stadt gewesen, wahrscheinlich hatte sich dort die Hauptverwaltung der Diamantmine befunden.
Der Notar hatte von einem einzigen Koffer geredet. Vielleicht war mehr darin gewesen als nur Zahnpasta und Rasierzeug.
»Wusste Victor von den Diamanten?«
»Nein. Ich habe ihm nur gesagt, dass ich ihm dabei helfen würde, seine Schulden bei Cor abzuzahlen.«
»Die Dufours besaßen eine Diamantmine im Kongo.«
»Oh, shit.« Betty wandte den Blick ab. »Na gut«, sagte sie. »Es war ein Silberstreif am Horizont und jetzt ist es wieder vorbei. Mit den zweihundert Euro von Thomas für jedes Mal komme ich schon zurecht, und wenn ich keine Arbeit finde, nehme ich mir noch ein paar Thomasse dazu.« Sie lächelte verbittert.
»Und Kars?«
Seufzend blickte sie zu Boden. »Der ist ein Psychopath. Du hast es ja selbst gesehen.« Ihre Hand wanderte zu dem undeutlichen Schatten unter ihrem Auge. »Er hat mich verdroschen, weil er nicht glauben wollte, dass ich nichts damit zu tun hatte.«
»Womit?«
»Er hatte sich in den Kopf gesetzt, dass Victor und ich es mit seinem Finanzier verdorben hätten. Und für so was rackert man sich ab. Widerling. Ich weiß immer noch nicht, wovon er überhaupt geredet hat. Das ist bei Gott die Wahrheit.«
Nicht Victor und Betty, dachte ich. Möglicherweise Victor und Kars.
Mevrouw Kars sagte, ihr Mann ruhe sich oben aus, ob sie ihn rufen solle? Ich erwiderte, sie brauche ihn wirklich nicht zu belästigen.
Ich befand mich bereits in der Rijnstraat und fuhr links ab in die Uiterwaardenstraat. Ich wollte Kars nicht wieder verpassen und parkte am Anfang der Straße auf einem der freien Anwohnerparkplätze. Es fing leicht an zu regnen, einer jener sommerlichen Schauer, die man uns täglich versprach und die wir meist auch bekamen. Ich hätte Nel gebraucht, aber die demonstrierte ihre Cyberkünste an einem schicken Konferenzort.
Ich tippte Barts Durchwahl. Eine hohe Männerstimme meldete sich. »Kripo, Lasveld.«
»Ist Inspecteur Simons da?«
»Worum geht es?«
»Dürfte ich ihm das persönlich erklären? Mein Name ist Max Winter.«
»Wenn es mit einem Fall zusammenhängt, können Sie mit mir vorlieb nehmen, Bart Simons ist mein Partner.«
Herrgott, dachte ich. »Es geht schneller, wenn Sie ihm das Telefon über Ihren Schreibtisch anreichen, der steht doch seinem direkt gegenüber?«
Er schien das prüfen zu müssen, denn er schwieg einen Augenblick. »Er ist zu einer Besprechung beim Hoofdinspecteur«, sagte er dann abweisend.
»Dann sehen Sie ihn durch die Glasscheibe. Apparat zwölf.«
Ich hörte ihn atmen, dann verband er mich. Zehn Sekunden später meldete sich Bart.
»Du schon wieder?«
»Guckt Grundmeijer wie immer, wenn er unterbrochen wird?«
Bart räusperte sich und sagte: »Ich bin in einer wichtigen Besprechung, bitte fasse dich kurz.«
»Mach dir Notizen, das sieht besser aus.« Ich wartete, bis er nach seinem Notizblock gegriffen hatte und »Schieß los« sagte, wie Kripoleute, die zum Film wollen. Ich las ihm Victors Nummer von meinem eigenen Block vor.
»Ich brauche die ausgehenden Gespräche der ersten Monatshälfte, ab Sonntag, dem ersten. Ginge das?«
»Kein Problem.«
»Ich bin bei Kars, diesem Europa-Journalisten. Grüß Grund von mir.«
»Lieber nicht.« Bart unterbrach die Verbindung. Hoffentlich hatte Cor van Nool nicht doch Anzeige erstattet, sodass Bart gerade dem Chef erklären musste, warum er Dienststunden mit einem ehemaligen Kollegen verplemperte anstatt die Amsterdamer Mafia zu jagen.
Eine Viertelstunde war verstrichen und ich spazierte im Nieselregen zu Nummer 34. Mevrouw Kars, in wadenlangem Rock, violetter Bluse und Silberanhänger zwischen den Brüsten, war noch dieselbe schöne Frau wie zuvor, nur sah sie noch niedergeschlagener aus, und müde. Mein Erscheinen brachte sie in Verwirrung. »Ach ja, Meneer Winter, Sie hatten angerufen. Ich wusste nicht …«
»Komme ich ungelegen?«, fragte ich.
»Nein, aber ich glaube, dieses ganze Projekt ist vom Tisch. Er schläft noch …«
»Ich würde mich trotzdem gern mit ihm unterhalten.«
»Oh.« Sie trat zurück. »Dann kommen Sie doch bitte herein.«
Sie wartete
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