Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)
Cupcakes. Ich hab Traubensaft gemacht«, verkündete Henry. »Dad ist zurück! Dad ist zurück! Ich sitze bei Dad. Zwei Männer. Ich und mein Dad.«
Wir setzten uns zu Riesencupcakes und Traubensaft auf die Veranda.
Warum ist Familienleben so verwirrend, irritierend, aufreibend … und kompliziert?
»Ich habe bei Dads Hochzeit meine Burka getragen«, verkündete Kayla. »Ich probiere gerade, eine Muslimin zu sein.«
Mir fiel die Gabel aus der Hand. Sie hatte es tatsächlich getan! Ich klatschte sie über den Tisch hinweg ab. Neben mir verschluckte sich Janie an ihrem Pfefferminztee, ich musste ihr auf den Rücken klopfen. Seit Dads wundersamem Auftauchen waren drei Tage vergangen, und wir Bommarito-Schwestern erholten uns noch von der Überraschung. Wir hatten uns geeinigt, dass das Thema Dad für diesen Abend tabu war.
»Was ist eine Burka?«, fragte Henry und saugte Spaghetti ein. Es war mal wieder Spaghetti-Nacht für die Bommarito-Familie. Wir hatten das Licht gedämpft, Kerzen angezündet und reichten die Pasta herum. Und den Wein.
Ich wechselte einen Blick mit Cecilia und bemühte mich, vor Entzücken nicht zu gackern. Cecilias ganzer Körper bebte vor unterdrücktem Lachen, während sie ihren Cranberry- und Fetasalat betrachtete.
»Ich mache einen Nachtflug!«, verkündete Grandma und schwenkte ein Knoblauchbrot. »Das Wetter ist perfekt. Ich fliege zum Äquator. Ich habe die dortigen Einwohner seit einer Weile nicht mehr gesehen, und ich bin ihre Siegesheldin.« Sie brummte wie ein Flugzeugmotor.
»Ach, du grundgütiger Himmel«, murmelte Velvet. »Eine Burka, Kayla? Du meinst, du warst von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt? Sogar mit einem Schleier vor den Augen? Wie die Frauen in Saudi-Arabien?«
»Wie hat deinem Vater die Burka gefallen, Kayla?«, fragte ich. Mir entfleuchte ein Gackern. Ich konnte nicht anders.
»Gar nicht«, sagte Kayla.
Riley drehte ein Haar um den Finger. Sie trug ein breites rotes Haarband. »Er fand es furchtbar. Er fand es noch furchtbarer, als über Moleküle und Molekulardynamik zu diskutieren. Sachen, von denen er nichts versteht, bringen ihn in Rage. Der Komplex der Kleinwüchsigen. Volle Kanne.«
»Hast du deinen Vater vorher gefragt, ob es ihm was ausmacht?« Ich konnte mich kaum beherrschen. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte gejubelt. Kayla. In einer Burka bei der Hochzeit ihres Vaters! Sie war eine echte Bommarito!
»Nein. Seh ich etwa so bescheuert aus, Tante Isabelle?«, fragte Kayla. »Er hat mich nicht unterstützt, als ich evangelikale Christin wurde und ihm sagte, er würde in die Hölle kommen, weil er den Herrn Jesus Christus nicht als seinen Retter annimmt. Er hat mich nicht unterstützt, als ich jüdisch wurde und ihn über Hiob und den Exodus belehrte. Er wollte auch nichts über die Offenbarung hören, weil er nämlich weiß, dass er in der Hölle schmoren wird. Er war auch nicht sehr nett, als ich Hindu war und ihm sagte, er würde aufgrund seines lebenslangen Verhaltens als Nacktschnecke wiedergeboren. Ich meine, der Typ ist doch für nichts aufgeschlossen, außer Mom zu betrügen.«
Cecilia blies ziemlich laut Luft aus und rammte ihr Messer in die Butter.
Henry legte den Kopf in den Nacken und ließ eine Nudel in seinen Mund fallen. Er trug sein Superman-T-Shirt. »Nudel-Wudels. Herrlich.«
»Constance ist eine tuntige Titten-Tusse«, sinnierte Kayla.
»Keine Schimpfworte bei Tisch, Kayla«, sagte Cecilia.
»Hör doch auf, Mom. Das hast du selbst gesagt.«
»Du hast auch gesagt, sie sei ein Flitt…«, ich legte Riley die Hand vor den Mund.
»Wenn es regnet, könnte der Start heute Nacht schwierig werden«, überlegte Grandma und klopfte auf ihre Fliegerbrille. »Das Wetter kann ein Problem sein. Es kann dich ohne Vorwarnung blind machen, dir das Gefühl geben, du fliegst verkehrt herum, obwohl du richtig herum fliegst.«
»Verkehrt rum, richtig rum«, sang Henry. »Verkehrt rum, richtig rum, kopfüber, kopfunter.« Er legte den Kopf zurück und kringelte sich eine weitere Nudel in den Mund.
»Du hast also deine Burka zur Hochzeit angezogen, Kayla?«, gab Janie das Stichwort. Sie zupfte ihren Spitzenkragen zurecht und trank einen Schluck Tee.
»Also echt, Tante Janie!« Riley schniefte. »Kayla hatte zuerst dieses rote Tüllkleid an, das wir als Brautjungfern tragen sollten, wie Constance gesagt hatte. Wir sahen aus wie durchgeknallte Barbiepuppen. Aber kurz bevor Kayla anmutig in diesem roten Kleid den Mittelgang
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