Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)
direkt zum Empfang, wo es eine Menge zu essen gab.«
»Keine von euch hat also gesehen, wie euer Dad getraut wurde?«, brachte ich mühsam hervor.
»Nee. Ich hab sofort wieder meine Burka angezogen, als Constance beim Empfang reingerauscht kam«, sagte Kayla. »Dad war so wütend. Er sagte, ich hätte die Zeremonie verdorben. Constance war so wütend, dass einer ihrer Möpse fast raushüpfte, und ich sagte: ›Steck deine rechte Titte erst mal wieder rein, Constance, die hat sich selbständig gemacht‹, und da hat sie mir ihren Strauß ins Gesicht geschmissen. Egal. Nachdem sie in die Flitterwochen abgehauen sind, war mir nicht mehr danach, eine Muslimin zu sein, also hab ich die Burka weggeworfen, und Riley und ich haben zwei Stunden lang getanzt und noch mehr Hochzeitstorte gegessen. Der Typ mit der rosa Fliege konnte wahnsinnig geil tanzen. Er hat mir ein paar neue Schritte beigebracht.«
»Hochzeiten sind doof«, sagte Riley.
»Genau«, stimmte Kayla zu.
Eine Burka.
Bei Parkers Hochzeit.
Sie war eine echte Bommarito. Genau wie ihre Schwester. Ich war so stolz auf sie!
Ich fiel fast vom Stuhl, weil ich mich so schlapp lachte.
»Alle Passagiere festhalten!«, schrie Grandma plötzlich. »Festhalten!« Sie sprang auf den Tisch und packte den Steuerknüppel ihres imaginären Flugzeugs.
Wir drehten unsere Stühle um, warfen uns die Servietten auf den Kopf und machten uns auf den Aufprall gefasst.
»Keine Bange!«, versicherte uns Grandma. »Wir bezwingen auch diesen Sturm!«
Und wie!
23. Kapitel
Der Mord, den unser Dad begangen hatte, lastete uns schwer auf der Seele, daher mussten wir diese Kleinigkeit erst mal aufklären, bevor wir ihm erlaubten, auch nur einen Zentimeter in unser Leben zurückzukehren.
Er lud mich, Janie und die immer noch unwillige Cecilia in ein schickes französisches Lokal in der Stadt ein. Bei Wein für Cecilia und mich, Kamillentee für Janie und Wasser für unseren Dad – er trinkt keinen Alkohol mehr – erfuhren wir die ganze Geschichte.
»Wen hast du denn nun ermordet, und warum hast du es getan?«, fragte ich, nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten. Ich komme immer gerne schnell zur Sache.
»Ich war in einer Bar in Sausalito und hatte zu viel getrunken«, sagte er. Der Anblick seiner Narbe wurde durch das Kerzenlicht abgemildert. »Mit dem Trinken hab ich mich einen Großteil meines Lebens betäubt. Das war feige und dumm. Ich hasste mich und das, was ich in Vietnam getan hatte und mit ansehen musste. Alkohol nimmt allem die Schärfe, aber das ist eine schwache Ausrede für einen schwachen Mann.«
Ich lehnte mich in der Nische zurück. Er versuchte jedenfalls nicht, die Dinge zu beschönigen.
Janie nahm Zuckerpäckchen heraus und sortierte sie.
Cecilia schnaubte verächtlich und verschränkte die Arme.
»Ich bekam Streit mit einem Mann, weil er die Frau neben sich anmachte, die nichts von ihm wissen wollte. Er fasste sie an, und ich reagierte. Damals war ich ständig wütend, ständig auf eine Prügelei aus, und ich prügelte mich oft. Ich knallte ihm eine, und wir bearbeiteten uns mit den Fäusten. Plötzlich sah ich nicht mehr diesen Kerl, sondern einen vietnamesischen Soldaten vor mir. Im Kopf war ich wieder in ’Nam und fing dann an, auf ihn einzudreschen. Ich hätte aufhören sollen, aber ich tat es nicht. Ich kann mich kaum erinnern. Er war in einem kritischen Zustand und starb schließlich. Ich wurde zu fünfzehn Jahren Gefängnis verurteilt. Zu Recht.«
»Na toll!«, sagte Cecilia. »Jetzt dürfen wir uns noch Sorgen machen, dass du auf uns losgehst. Super! Ein mörderischer Dad.«
»Cecilia«, mahnte ich. »Hör auf.«
»Warum? Warum sollte ich aufhören?« Sie klang widerborstig, unsere alte Cecilia, kämpfte aber nur gegen ein erneutes Schluchzen an, das wusste ich.
Mein Herz hämmerte, weil ihres hämmerte, und ich klopfte auf meine Brust. »Hör auf! Mein Herz hämmert, und das kann ich nicht ertragen.«
Sie rümpfte abwehrend die Nase, atmete aber mit geschlossenen Augen tief durch.
Janie schüttelte die Zuckerpäckchen. »Und was ist dann passiert?«
»Im Gefängnis hatte ich natürlich viel Zeit zum Nachdenken.«
»Natürlich«, brummte Cecilia, die Augen immer noch geschlossen.
»Ich hatte einen Mann getötet und fürchtete, die Schuldgefühle würden mich verrückt machen. Während des Krieges hatte ich wer weiß wie viele vietnamesische Soldaten getötet, die vermutlich genauso wenig dort sein wollten wie ich. Dieses
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