Rose der Prärie
wiederholte Todd die beruhigenden Laute, sodass sie gar nicht anders konnte, als ruhig mit ihm zu atmen. Sie versuchte, sich zusammenzureißen – und brach in Tränen aus. „Mein Arm gehorcht mir nicht.“
„Ich weiß, Ma.“ Todd entfernte sich etwas von ihr und sah unsicher zur Seite.
„Sie müssen es ihr sagen. Reale Ängste sind meistens nicht so schlimm wie das, was man sich ausmalt.“ Die junge Frau, die mit Todd ins Zimmer gekommen war, trat neben das Bett. „Wenn es Ihnen lieber ist, spreche ich mit ihr.“
Todd räusperte sich. „Ma, etwas ist schiefgegangen.“ Er brach ab und suchte nach Worten.
Je länger er schwieg, desto größer wurden Helgas Ängste. Eine Hand griff nach ihrer und drückte sie. „Mrs Crewel, Ma’am, ich bin Margaret Rose.“ Die hübsche Frau hatte sanfte, beruhigende Augen. Vorsichtig wischte Miss Rose ihr die Tränen aus dem Gesicht. „Ma’am, zuerst möchte ich gerne wissen, ob Sie Schmerzen haben?“
„N-nein.“
Erleichtert atmete Todd auf. „Wenigstens dafür können wir Gott dankbar sein.“
„Genau!“ Die junge Frau – Helga konnte sich nicht an ihren Namen erinnern – nickte ein paar Mal. „Sie hatten ein Problem im Zug. Momentan können Sie Ihren linken Arm und Ihr linkes Bein nicht bewegen.“
Nackte Angst kroch Helgas Kehle hoch. „Bein?“ Sie versuchte verzweifelt, ihre Beine zu bewegen. Das rechte gehorchte ihr sofort, doch das linke blieb einfach, wo es war. Lieber Gott, bitte –
„Wir wollten eigentlich nicht, dass Sie das hier so ganz allein merken“, die Worte der jungen Frau unterbrachen ihr Gebet. „Es tut mir leid, dass keiner bei Ihnen war, als Sie aufgewacht sind. Doch die Chancen stehen eigentlich ziemlich gut, dass Sie Ihr Bein und Ihren Arm bald wieder ein bisschen bewegen können.“
Während die Frau sprach, versuchte Helga immer wieder, ihren Arm und ihr Bein zum Gehorsam zu zwingen. Wenigstens ihre Hand und ihren Fuß. Nur ein Zucken oder eine kurze Bewegung ... doch nichts passierte. „Eine Chance! Doch wie groß ist die?“
„Das können wir jetzt noch nicht sagen.“ Unbeholfen klopfte Todd ihr auf die Schulter.
„Ich werde Ihrem Sohn zeigen, wie er Ihre Gliedmaßen beweglich halten kann. Außerdem hat er mir gesagt, dass Sie eine starke Frau sind. Das sind gute Voraussetzungen. Sie können viele Sachen mit der rechten Hand tun und wieder selbst für sich sorgen – jedenfalls teilweise.“
Haare kämmen. Flechten. Hochstecken. Sich anziehen. Einfache, alltägliche, persönliche Dinge – dafür brauchte man zwei Hände. Laufen ... laufen! Auf dem Kutschbock die Balance halten. Sich auf die Zehenspitzen stellen, um Eier zu finden, die die Hennen an die unmöglichsten Stellen gelegt hatten. Immer mehr Arbeiten fielen ihr ein, die sie ohne ihren Arm und ihr Bein nicht mehr selbst tun konnte. Für diese Arbeiten musste sie gesund sein.
„Ich weiß, dass meine Worte viele sorgenvolle Gedanken in Ihnen hervorrufen.“ Miss Rose – so hatte Todd sie genannt – wischte wieder die Tränen aus Helgas Gesicht. Mit freundlicher, leiser Stimme fuhr sie fort: „Nächste Woche kommt der Zug, der Sie nach Hause bringen wird, und in dieser Zeit helfe ich Ihnen, so viel ich kann. Doch noch wichtiger ist, dass hier überall Menschen regelmäßig für Sie beten und Gott bitten, dass er Sie wieder gesund macht.“
Nächste Woche? Das war doch nicht genug Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen!
„Ich gehe jetzt zurück in die Küche, damit Sie beide etwas Zeit alleine haben.“
Was war jetzt mit dem Plan, dass sie ihrem Sohn auf seiner neuen Farm helfen konnte? Jetzt war sie doch nur noch eine Last für ihn. Bisher hatte Todd noch nicht viel gesagt, aber das tat er nie. Dadurch fühlte sie sich nur noch schlimmer.
„Was sollen wir denn jetzt nur machen, Todd?“
Jetzt setzte sich Todd doch auf ihre Bettkante. Dann griff er nach ihren Händen und drückte sie zwischen seinen großen, warmen Händen. Schon spürte sie seine Kraft und entspannte sich etwas. „Wir vertrauen auf Gott. Er hat uns noch nie im Stich gelassen.“
„Einen wunderschönen guten Morgen.“ Maggie zog die Vorhänge zur Seite und ließ die Sonne ins Zimmer. „Nach drei Tagen heftigem Schneesturm – Paw-Paw hat gesagt, dass er so einen in seinem ganzen Leben noch nicht erlebt hat – glitzert draußen jetzt alles im Sonnenlicht. Schauen Sie mal.“
Gelangweilt drehte Mrs Crewel den Kopf weg. „Können Sie nicht jemand anderem auf die Nerven
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