Rose Harbor und der Traum von Glueck
schon vor Jahren besessen hatte. Auf der massiven hölzernen Werkbank lagen ein Schraubenzieher und ein Hammer, weitere Werkzeuge gab es nicht.
Als Kinder hatten sich Josh und Dylan oft in der Garage versteckt, weil sie hier ungestört waren und Pläne schmieden oder einander Geheimnisse anvertrauen konnten.
» Hier drüben. « Michelle lief in den hinteren Teil des Raumes und drehte sich dann abrupt zu Josh um. » Hier sind keine Kartons. «
Die Garage war fast leer – Richard musste in der Zwischenzeit eine Menge Zeug entsorgt haben. Gerümpel jedenfalls gab’s kaum noch. An einer Wand hingen ordentlich neben einer Trittleiter ein paar Gartengeräte.
Josh blickte sich suchend um. Nichts. Plötzlich kam ihm eine Idee.
» Oben « , meinte er. » Im Dach gibt es noch einen kleinen Stauraum. « Er verrenkte sich den Hals, um besser sehen zu können. » Das hat er gemeint, als er zur Decke gezeigt hat. Er wollte uns sagen, dass wir oben nachschauen sollen. «
Josh nahm die Leiter vom Haken und stellte sie unter die Klapptür. Michelle hielt sie an einer Seite fest, als er hinaufzusteigen begann.
» Sei vorsichtig « , warnte sie.
Er konzentrierte sich darauf, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, bis er die oberste Sprosse erreicht hatte. Dann hob er die quadratische Holzabdeckung an und zwängte sich durch die Öffnung.
» Hier « , hörte er Michelle rufen.
Als er nach unten spähte, stellte er fest, dass sie eine Taschenlampe gefunden hatte. Sie reichte sie ihm, und Josh ließ den Lichtstrahl über den Boden wandern, entdeckte eine Reihe von Kartons, die in den winzigen Verschlag gestopft worden waren. Er griff nach einem davon. Darauf stand in Großbuchstaben und mit schwarzem Filzstift geschrieben » Weihnachtsschmuck « . Er schob den Karton zur Seite und zog den nächsten heran, der die gleiche Aufschrift trug, inspizierte zwei weitere. Alles ohne Erfolg.
» Hast du etwas gefunden? « , fragte Michelle.
» Nein, bislang habe ich nur Weihnachtsdeko entdeckt. «
Wie es aussah, würde er dort hochkriechen müssen, um weiterzusuchen.
» Schau vorsichtshalber in einen der Weihnachtskartons rein « , schlug Michelle vor. » Bei Richard weiß man schließlich nie. «
» Okay. « Er öffnete den ersten und fand lediglich Christbaumschmuck. » Nichts « , rief er hinunter.
» Versuch es mit einem anderen. «
Josh tat es und landete einen Volltreffer. In dem Karton befand sich ein weiterer, kleinerer, auf dem der Name seiner Mutter stand. Aufgeregt schob Josh ihn zu der Luke.
» Gib ihn mir. « Michelle hob die Arme, um den Karton entgegenzunehmen.
Josh ließ ihn langsam zu ihr hinunter.
» Du kannst loslassen « , verkündete sie.
Michelle hatte mal wieder den richtigen Riecher gehabt, denn im Verlauf seiner Suche entdeckte Josh noch drei weitere Kartons mit dem Namen seiner Mutter, die Richard ebenfalls zwischen den Weihnachtssachen versteckt hatte.
» Lass uns wieder hineingehen « , bat Michelle, als Josh die Kartons nach unten gebracht hatte. » Anschauen kannst du sie dir besser im Warmen.«
Da er selbst mittlerweile erbärmlich fror, nickte er zustimmend, schloss die Luke und hängte die Leiter an die Wand zurück. Dann trugen sie die Kartons ins Haus zurück und stellten sie auf den Küchentresen.
Es tauchten Gegenstände auf, an die Josh sich kaum erinnerte und von denen er nie gehofft hatte, sie je wiederzusehen. Das Erste, was er aus einem Karton hervorzog, war das blaue Babybuch, das seine Mutter nach seiner Geburt für ihn angelegt hatte. Er öffnete es gespannt und fand seine aus der Zeitung ausgeschnittene Geburtsanzeige sowie eine Kopie der Mitteilung, die seine Eltern an Verwandte und Freunde geschickt hatten. Die geschwungene, verschnörkelte Handschrift seiner Mutter löste eine Flut von Emotionen in ihm aus.
Er blätterte die Seite um und stieß auf ein Foto von sich als Neugeborenem mit runzeligem rotem Gesicht und einer winzigen blauen Schleife im Haar. Schönheitswettbewerbe für Babys hätte er ganz bestimmt nicht gewonnen.
» Du warst ja schon damals bildhübsch « , zog ihn Michelle auf.
» Wenn du es sagst … « , meinte er zweifelnd.
Er klappte das Buch zu, um es sich später genauer anzusehen, und griff stattdessen nach einer kleinen Schachtel, die einen winzigen blauen Strampelanzug enthielt.
» Ich wette, darin hat deine Mutter dich aus dem Krankenhaus nach Hause gebracht. Meine Mom hat meinen auch aufgehoben. «
Als er weiter in dem Karton herumkramte, fand
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