Rose Harbor und der Traum von Glueck
er ein Notizbuch in der Lieblingsfarbe seiner Mutter: Limonengrün.
» Was ist das? « , fragte Michelle.
» Moms Tagebuch. Sie hat eines geführt, solange ich denken kann. «
In dem zweiten Karton stieß er auf ähnliche Schätze, darunter ein Kochbuch, das der Mutter seines Vaters gehört hatte, und eine Reihe von Briefen, die sich seine Eltern kurz nach ihrem Kennenlernen geschrieben hatten. Auch die vermisste Kamee tauchte wieder auf.
» Josh, das ist ja unglaublich « , staunte Michelle.
Das war es allerdings, und je mehr er zutage förderte, desto deutlicher erkannte er, dass es sich um die fehlenden Puzzleteile handelte, die das Bild seiner Kindheit vervollständigten.
Anders als seine Letterman-Jacke und sein Jahrbuch gaben diese Kartons Aufschluss über einen frühen Teil seiner Kindheit und über Teresa. Schätze aus seiner Vergangenheit, die Richard mit voller Absicht vor ihm versteckt hatte. Wer weiß, ob er sie nach Richards Tod überhaupt gesucht hätte. Vielleicht wäre alles irgendwann nach dem Verkauf des Hauses auf dem Müll gelandet, denn diesen kleinen Dachboden hatte Josh beinahe vergessen.
» Richard hat die Kartons regelrecht getarnt, damit du sie nicht findest. «
Der Gedanke stimmte Michelle traurig, und sie legte ihm tröstend eine Hand auf den Arm.
Josh schob das Tagebuch seiner Mutter in den Karton zurück. Er wusste seine Gefühle in diesem Moment nicht zu beschreiben. Jahrelang hatte er sie ignoriert und verdrängt, statt sich ihnen zu stellen. Jetzt schienen sie ihm ins Gesicht zu springen, und so tat er das, was am bequemsten war.
Er gab vor, überhaupt nichts zu empfinden.
30
D er junge Mann am Empfang des Tierheims füllte die erforderlichen Formulare aus und gab sie mir. Ich unterschrieb, reichte ihm meine Scheckkarte, und dann war es Zeit, Rover nach Hause zu bringen.
Bis mir voller Schrecken einfiel, dass ich nichts daheim hatte, was man für einen Hund brauchte. Keine Leine, kein Futter, keinen Transportkorb. Ehrlich gesagt, wusste ich gar nicht genau, was ich alles benötigte. Aber da würde man mir in der Zoohandlung sicher weiterhelfen.
» Kann ich Rover noch eine oder zwei Stunden hierlassen? « , fragte ich.
Neals Augen weiteten sich überrascht. » Ich dachte, Sie wollten ihn gleich mitnehmen? «
» Das will ich ja, doch ich muss vorher in die Zoohandlung, um mich mit allem einzudecken, was man für einen Hund so braucht. «
» Verstehe. Ich bringe ihn in seinen Zwinger zurück, bis Sie wiederkommen. Heute sind wir bis vier Uhr da. Schaffen Sie das? «
» Oh, so lang brauche ich nicht « , versprach ich. Ich würde nur schnell zur Zoohandlung fahren, meine Besorgungen erledigen und sofort zurückkommen.
Doch als ich mich zum Gehen wandte, stieß Rover, der in einer Transportbox saß, ein lang gezogenes, klagendes Jaulen aus, das mich zusammenzucken ließ.
» Ist ja gut, Kumpel, ich bin gleich wieder da « , sagte ich mit so viel Überzeugungskraft, wie ich aufbieten konnte.
» Solche Töne hat er noch nie von sich gegeben. « Neal wirkte sichtlich verwirrt.
Ich machte ein zweites Mal Anstalten, zur Tür zu gehen, und erneut heulte Rover – es hörte sich an, als würde er unter entsetzlichen Schmerzen leiden. Allen Jammer, allen Kummer legte er in seinen Protest. Einige Leute, die wartend am Empfang saßen, schauten mitleidig interessiert herüber.
Selbst die Leiterin des Tierheims eilte herbei. » Was hat er denn? « , erkundigte sie sich sichtlich besorgt.
Neal tat sein Bestes, um es ihr zu erklären. » Der Hund will nicht, dass sie ohne ihn geht. «
» Rover ist vermittelt? « Sie wirkte ebenso überrascht wie erfreut.
» Dann sollte sie ihn gleich mitnehmen. «
» Okay « , meinte Neal und drehte sich zu mir herum. » Rover versteht nicht, dass Sie wiederkommen. «
» Und nun? «
» Ich mache Ihnen einen Vorschlag. « Neal dämpfte seine Stimme. » Sie nehmen ihn in der Transportbox mit, dann können Sie ihn während der Einkäufe im Auto lassen. Hoffentlich führt er sich dann nicht mehr so auf. Und die Box bringen Sie bald zurück. In Ordnung? «
» Klar, kein Problem. « Zumindest hoffte ich das, und zur Not musste ich ihn samt Transportkiste mit nach drinnen nehmen.
Ich kauerte mich vor die Box, damit Rover mich sehen konnte. Er hob eine Pfote, legte sie gegen das Gitter und bellte einmal, wie um sich meiner Aufmerksamkeit zu vergewissern, ließ die Pfote langsam sinken und musterte mich mit großen, dunklen, seelenvollen Augen. Ich
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