Rose Harbor und der Traum von Glueck
wünschte, ich könnte konkrete Angaben machen, aber das ist mir leider nicht möglich. Herz und Lungen sind allerdings extrem geschädigt. «
» Hatte er einen Herzinfarkt? «
» Mehrere mit Sicherheit. «
» Können Sie ihn operieren? « , wollte Josh wissen.
Der Arzt schüttelte den Kopf. » Dazu ist zum einen die Schädigung des Herzmuskels zu gravierend und zum anderen der Allgemeinzustand zu schlecht. Nein, er würde uns mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unter den Händen sterben. Ich denke, es ist Zeit für ein Hospiz. «
» Ein Hospiz « , echote Josh. » Damit hat er sich einverstanden erklärt? «
Um die Lippen des Mediziners spielte ein dünnes Lächeln. » Als ich ein Hospiz erwähnte, erwiderte Mr. Lambert, er wolle das Krankenhaus verlassen. Seine genauen Worte lauteten: › Sehen Sie zu, dass ich hier rauskomme. Es ist mir egal, was Sie denken, aber ich will hier weg. Hier drinnen sterben Menschen! ‹«
Josh lachte auf. » Ich verstehe, was Sie meinen. «
» Mr. Lambert zieht es offenbar vor, zu Hause zu sterben, daher sollten Sie ihn mitnehmen. Trotzdem werde ich jemanden vom Hospiz bei ihm vorbeischicken. Für alle Fälle. «
Josh nickte. » Danke. «
Der Arzt klopfte ihm auf den Rücken. » Er hat einen sehr starken Willen. «
» Er ist stur wie ein Ochse « , gab Josh zurück.
» Gehören Sie zur Familie? «
» Ich bin sein Stiefsohn. Andere Angehörige hat er nicht. «
Der Arzt nickte. » In diesem Fall kann er sich glücklich schätzen, dass Sie da sind. «
11
I ch hatte gerade die Handtücher in Abby Kincaids Zimmer gewechselt, als es an der Tür klingelte. Erwartungsvoll – schließlich konnte es ein neuer Gast sein – sprang ich die Treppe hinunter.
Draußen stand ein ziemlich großer, hagerer Mann, der einen Overall über einem dicken, orangebraun karierten Flanellhemd trug. Er maß gut und gern einen Meter neunzig oder mehr, war also mindestens einen Kopf größer als ich. Seine Augen schimmerten dunkelbraun, und im selben Moment, als er mich sah, runzelte er die Stirn.
» Kann ich Ihnen helfen? «
Ich wollte ihn nicht ins Haus lassen, bevor ich nicht genau wusste, wer er war und was er an meiner Tür zu suchen hatte, und reckte mich zu meiner vollen Größe auf. Er schien wenig beeindruckt und starrte mich weiter finster an.
» Sie haben mich angerufen. «
Ich entspannte mich. » Sie sind Mark Taylor? «
Er nickte, und ich trat zur Seite, um ihn hereinzulassen. In der Halle blieb er stehen, um genießerisch zu schnuppern.
» Sie haben gebacken? «
» Schokoladenplätzchen. Interessiert? «
» Scheißt ein Bär in den … « Er brach abrupt ab und warf mir einen entschuldigenden Blick zu. » Ich weiß nicht, wann ich zuletzt selbst gebackene Plätzchen gegessen habe. Wenn Sie außerdem einen Kaffee zum Hinunterspülen hätten … «
» Scheißt ein Bär … « , neckte ich ihn.
Ich war nicht sicher, wie ich mir Mark Taylor vorgestellt hatte. Am Telefon war er mir wie ein Griesgram vorgekommen oder zumindest wie ein komischer Kauz. Als ich ihn jetzt in natura vor mir sah, stellte ich fest, dass er rein optisch genau dem Typus eines Handwerkers entsprach. Zumindest der landläufigen Meinung nach.
Zu meiner Überraschung mochte ich ihn, obwohl der Anfang alles andere als vielversprechend gewesen war – ich hatte das Telefongespräch mit ihm mehr als nur ein wenig verwirrend gefunden. Doch seine dunklen Augen blickten aufrichtig, und wenngleich er sicher kein Charming Boy schlechthin war, wirkte er irgendwie interessant.
Sein dunkelblondes Haar trug er eine Spur zu lang. Nicht bloß für meinen Geschmack. Ich merkte, dass es ihn störte, denn ständig strich er sich die Strähnen aus dem Gesicht zurück.
» Trinken Sie Ihren Kaffee schwarz? « , fragte ich, als er mir in die Küche folgte.
» Bitte. «
Ich stellte zwei Becher auf den Tisch, daneben einen Teller, auf den ich reichlich Plätzchen häufte.
Mark setzte sich und griff nach einem Plätzchen, während ich ins Büro ging, um meine Skizzen für ein neues Schild zu holen.
Er erhob sich, als ich zurückkam. Die Geste überraschte mich, denn so altmodische Höflichkeitsformen war ich nicht gewohnt. Aber wer weiß, vielleicht wollte er ja lediglich Eindruck schinden, um den Auftrag zu bekommen. Wie auch immer: Jedenfalls standen seine Manieren in einem seltsamen Gegensatz zu seiner barschen Art.
Nachdem ich Platz genommen hatte, sank er wieder auf seinen Stuhl und lehnte sich zurück. »
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