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Rosehill 01 - Die Tochter des Lords

Rosehill 01 - Die Tochter des Lords

Titel: Rosehill 01 - Die Tochter des Lords Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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sie nicht wusste, ob sie sich verbeugen oder knicksen oder die Hand ihrer Tante schütteln sollte, stand sie einfach nur da, bis Lillian ihr vielleicht bedeuten würde, wie sie sich benehmen musste. Diese Frau glich ihrem Bruder überhaupt nicht, abgesehen von den hohen Backenknochen. Klein und schlank, mit einer Adlernase und braunem Haar, wäre sie gewiss attraktiver gewesen, hätte sie keine so tristen Farben bevorzugt. Sie trug ein dunkelgraues Kleid, das ihren Teint leichenblass wirken ließ.
    Sicher bekäme sie rote Wangen, wenn sie hineinkneifen würde, dachte Mary Rose. Und sie müsste aufhören, die Stirn zu runzeln. Außerdem starrt sie mich viel zu unverhohlen an.
    »Wie heißt du, mein Kind?«, fragte Lillian und faltete die Hände wie im Gebet.
    »Mary Rose Clayborne.«
    Überrascht wandte sich Lillian zu ihrem Bruder. »Warum nennt sie sich nicht Lady Victoria?«
    »Seit ich denken kann, werde ich Mary Rose genannt«, erklärte ihre Nichte. »Für mich bedeutet der Name Victoria nichts.«
    Diese unverblümte Antwort schockierte Lillian, und die Falten auf ihrer Stirn vertieften sich. »Wenn du auch wie die verstorbene Frau meines Bruders aussiehst – ich bezweifle immer noch, dass du seine Tochter bist. Möchtest du versuchen, mich zu überzeugen, Kindchen?«
    Nach kurzem Zögern entschloss sich Mary Rose zur Ehrlichkeit, auch wenn man sie unhöflich finden mochte. »Nein, Tante, ich möchte nicht versuchen, dich zu überzeugen. Und ich wünschte, du würdest mich nicht ›Kindchen‹ nennen. Ich bin eine erwachsene Frau.«
    »Großer Gott, wie impertinent sie ist, William!«
    Mary Rose wusste nicht, wie sie sich verteidigen sollte, und der Vater kam ihr zu Hilfe. »O nein, sie ist nicht impertinent, nur aufrichtig.«
    Lillian nickte. »Und was habt ihr jetzt vor?«
    »Um Himmels willen, Lillian, meine Tochter ist eben erst angekommen. Vorerst müssen wir nicht über Zukunftspläne reden. Setz dich und hör auf, ihre Nerven zu strapazieren.«
    »Aber ich versuche doch nur, die Wahrheit zu ergründen«, entgegnete Lillian und trat näher zu Mary Rose. »Bist du Lady Victoria?«
    »Das wird behauptet. Und meinem Vater zuliebe würde ich’s gern glauben. Nachdem er mich so lange erfolglos gesucht hat, könnte er nun endlich seinen inneren Frieden finden.«
    »Und was wünschst du dir selbst?«
    Den Sinn dieser Frage verstand Mary Rose nicht. Sie warf einen kurzen Blick auf Harrison, dann schaute sie wieder ihre Tante an. »Nun, ich möchte ein paar Wochen bei meinem Vater verbringen und dann nach Hause fahren.«
    »Wie gesagt, es ist zu früh, um Pläne zu schmieden.« Lord Elliott tätschelte ihre Hand. »Vielleicht besinnst du dich anders und bleibst länger bei mir.«
    Doch sie wollte keine falschen Hoffnungen in ihm wecken. »Daheim warten meine vier Brüder. Und deshalb muss ich nach Amerika zurückkehren.«
    »Darüber reden wir später«, entschied er. »Erst einmal brauchst du Zeit, um uns alle kennen zu lernen. Lillian ist das schwierigste Mitglied unserer Familie, meine Liebe. Wie du siehst, hat es ihr die Sprache verschlagen. Ich muss gestehen – ich hätte nie gedacht, dass man sie zum Schweigen bringen könnte, aber dir ist es gelungen.«
    »Oh, ich wollte dich nicht ärgern, Tante«, beteuerte Mary Rose verwirrt.
    »Harrison, weiß sie die Position ihres Vaters zu würdigen?«, fragte Lillian.
    »Nein«, entgegnete er prompt. »Sie richtet sich nach anderen Wertmaßstäben als die jungen Damen in England.«
    »Setzen wir uns in den Salon?«, schlug Lord Elliott vor. »Ich glaube, meine Schwester braucht eine Erfrischung.«
    »Geh doch mit Harrison voraus!«, befahl Lillian. »Inzwischen werde ich mit meiner Nichte unter vier Augen sprechen.«
    »Hör mal, Lillian, du darfst sie nicht einschüchtern.«
    »Das wird sie nicht tun, Vater«, versicherte Mary Rose.
    Auch Harrison ließ seine Frau nur widerstrebend mit Lillian allein. Am liebsten hätte er Mary Rose beiseite geführt und erklärt, bellende Hunde würden nicht beißen und in Wirklichkeit besitze ihre Tante ein Herz aus Gold, wäre aber stets bestrebt, es vor aller Welt zu verbergen.
    »Meine Tochter und ich waren so lange getrennt«, betonte Lord Elliott. »Tut mir Leid, Lillian, aber ich muss darauf bestehen, dass wir alle zusammen hineingehen.«
    »Keine Bange, Vater, es dauert nicht lange«, versprach Mary Rose. »Und ich würde sehr gern allein mit meiner Tante sprechen.« Ohne die Erlaubnis der Männer abzuwarten, nahm sie

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