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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Ebensowenig wie die Anhänger der Liga hatten die Hugenotten irgendeinen Begriff von Toleranz.
     Sowie man ihnen Gewissens- und Glaubensfreiheit garantiert hatte, wollten sie sie für sich allein, sie wollten die ungeteilte
     Macht, und die nahmen sie sich gegebenfalls mit Gewalt. Im Jahr 1621 überrumpelten sie die Stadt Privas. Sie machten sich
     zu Herren von Nègrepelisse, indem sie bei Nacht die königliche Garnison, das heißt fünfhundert Mann, niedermetzelten. Zur
     selben Zeit hielten sie in La Rochelle einen Konvent ab, erließen Verordnungen, erhoben Steuern, während sie die königlichen
     abschafften, stellten Milizen auf und bauten sich Wehranlagen. Kurz, sie versuchten im Königreich eine Republik zu errichten,
     die nur ihren eigenen Gesetzen gehorchte. Und als man sich um Einigung mit ihnen bemühte, trieben sie die Vermessenheit soweit,
     für das Béarn die Wiederherstellung des
status quo ante
zu fordern, was klipp und klar besagte, die katholischen Priester wieder zu verjagen, die Kirchen wieder zu schließen und
     den priesterlichen Besitz wieder |306| den Pastoren zu geben. Und als wäre das noch nicht genug, sollte der König seine Truppen aus dem Béarn, dem Poitou und der
     Guyenne abziehen, ihren Übergriffen also freie Hand lassen. Das hieß, sie verlangten, daß der König vor ihnen kapitulierte.«
    »Trotzdem wette ich, Monsieur, daß Sie für Ihre geliebten Hugenotten Entschuldigungen haben …«
    »Die gibt es in der Tat: Ein halbes Jahrhundert waren sie so geschmäht, gehaßt und verfolgt, daß sie überaus mißtrauisch geworden
     waren und überall Verdacht und Argwohn schöpften. Zum Beispiel konnten sie es dem König von Frankreich nicht verzeihen, daß
     er ins Béarn einmarschiert war. Jeanne d’Albret, Ludwigs Großmutter, hatte das Land radikal entkatholisiert, und sie wußten
     Henri Quatre Dank, daß er vor diesem Zustand milde die Augen geschlossen hatte, obwohl er gegen das Edikt von Nantes verstieß.
     Und jetzt, o Schrecken und Schande, hat der Enkel unserer Jeanne und Sohn unseres Henri, ein Verräter an seiner Großmutter
     und an seinem Vater, es sich erlaubt, dem Béarn mit Waffengewalt Kirchen, Priester und Messe wieder aufzuzwingen, schlimmer
     noch, er hat Béarn und Navarra ins Königreich eingegliedert, in ihren Augen eine zwiefache Entweihung.«
    »Glauben Sie nicht, Monsieur, daß auch das königliche Versprechen, dem deutschen Kaiser ein Heer zur Hilfe gegen die böhmischen
     Lutheraner zu schicken, das ja zum Glück nicht gehalten wurde, dem aber dann diese klägliche Gesandtschaft nach Ulm folgte
     …«
    »… auf unsere Protestanten die übelste Wirkung hatte, ja, sicher! Trotzdem, die Rebellion begann mit der Unterwerfung des
     Béarn. Die deutschen Affären steigerten das Mißtrauen und den Haß unserer Hugenotten gegenüber Ludwig nur.«
    »Und die beiden Königinnen, Monsieur? Gingen sie mit in den Krieg?«
    »Die junge Königin folgte ihrem königlichen Gemahl, aber in einigem Abstand vom Kampfgeschehen, und der König hätte es gerne
     gesehen, wenn die Königinmutter das gleiche getan hätte, nicht aus Liebe, aber aus Prinzip.«
    »Weil er die Königinmutter lieber in seiner Kutsche hatte, damit sie nicht draußen die Räuber gegen besagte Kutsche zusammenrotte.«
    |307| »Madame, Sie lesen mich mit einer Aufmerksamkeit, die ich bewundere.«
    »Ach, Monsieur, heucheln Sie nicht ein bißchen? Doch zurück zur Königinmutter, bitte.«
    »Richelieu, der immer bemüht war, sie zur Vernunft zu bringen, tat sein Bestes, damit sie dem König folge, aber sie wollte
     nicht und blieb lieber in Paris. In Wirklichkeit wollte sie ihre Bewegungsfreiheit behalten, heute in Paris, morgen vielleicht
     im Heerlager, übermorgen in ihrem Gouvernement Angers.«
    »Was war natürlicher?«
    »Was für den Sohn aber auch gefährlicher, Madame? Vor seinem Aufbruch ernannte Ludwig vorsichtshalber Herrn von Montbazon,
     Luynes’ Schwiegervater, zum Gouverneur von Paris. Dann wandte er sich an die Geistlichkeit und verlangte Geld, um den Krieg
     führen zu können. Eigentlich logisch, denn der Klerus war reicher als der König und hörte nicht auf, überall und in allen
     Tönen zu predigen und Prozessionen dafür zu veranstalten, daß den Ketzern mit dem Schwert ein Ende gemacht werde.«
    »Graf, mir scheint, Sie haben nicht viel übrig für die Priesterschaft.«
    »Ludwig ebensowenig. So fromm er auch war, hielt er sie für unerträglich anmaßend, sogar gegenüber der

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