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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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»jedenfalls für jemand«, setzte er genießerisch hinzu, »der hunderttausend Livres besitzt. Im übrigen«, fuhr er fort,
     »hatte sich gleich ein Bewerber gemeldet; weil es aber der Verwalter des Schlosses war, mutmaßten Wir, daß er eine solche
     Summe nur angehäuft haben konnte, indem er seine Herrschaft nach Strich und Faden bestahl, und so haben Wir Euch unverzüglich
     das Vorkaufsrecht reserviert. Diese Reservierung verpflichtet Euch indes zu nichts. Solltet Ihr nach Besichtigung von Schloß
     und Ländereien vom Kauf zurücktreten, werden Wir Euch anderweitig versorgen. Wenn Ihr hingegen kauft, so gedenken Wir, Euch
     den Titel Graf von Orbieu zu übertragen, weil die Gräfin keine männlichen Erben hat.«
    »Aber«, sagte ich und bemühte mich, meine innere Unruhe zu verbergen, »muß ich dazu die Gräfin heiraten?«
    Auf die Frage hin ließ Tronçon seinen majestätischen Ton fahren und lachte.
    »Ach, um Himmels willen!« sagte er. »Nie haben Wir daran gedacht, ein solches Opfer von Euch zu verlangen! Nicht allein, daß
     die Dame ihr Leben lang keine Kinder zustandegebracht hat, ist sie auch nicht gerade liebenswürdig. In Ermangelung eines männlichen
     Nachkommen also betrachten Wir die Linie mit dem Tod des Grafen für erloschen und beabsichtigen, den Titel Euch zu übereignen,
     sobald Ihr Besitzer des Gutes geworden seid. So, das ist alles.«
    Oh, stieß ich da einen Seufzer aus! Mir war, als hätte man mich aus einer ganzen Dornenhecke erlöst. Endlich konnte ich die
     Rosen um mich wieder frei ins Auge fassen, mich in ihrem Duftkreis laben und weiden an ihrer Farbenpracht.
    Tronçon überschüttete mich mit Glückwünschen, wobei er gewohnheitshalber bei dem königlichen Wir blieb. Ich sprach ihm nach
     ausführlichsten Dankesworten die ausführlichsten Wünsche für eine rasche Genesung aus und machte mich davon, so geschwind
     und gesittet ich konnte.
    Als ich mit Schwung die Zimmertür öffnete, fiel ich fast über die Wirtin, deren Ohr offenbar am Schlüsselloch klebte. Stürmisch
     zog ich sie mit auf die Wendeltreppe, und vor lauter großer Lebenslust und sicher auch, weil der Übermutsteufel immer nur
     halb in mir schlief, küßte ich sie auf den Busen und |39| umfing ihn mit meinen Händen, wenn auch nur leicht. Als sie protestierte, spielte ich den Scheinheiligen, indem ich behauptete,
     ich hätte sie nur für ihr Lauschen bestrafen wollen.
    Aber, wie gesagt, sie war schlagfertig, und im Handumdrehen bekam ich meine Retourkutsche.
    »Die Wirtin ist Herrin in ihrem Haus. Hätte ich nicht an der Tür gehorcht, wäre ich nicht die erste, die Euch mit ›Herr Graf‹
     anreden kann, worauf ich sehr stolz bin. Aber Ihr, Herr Graf, der Ihr nun so hoch auf der Adelsleiter steht, schämt Ihr Euch
     gar nicht, mir Moral zu predigen, während Ihr mich betätschelt? Was meint Ihr wohl, was ungezogener ist, an einem Schlüsselloch
     zu horchen, das letzten Endes mir gehört, oder die Hand an einen Busen zu legen, den Euch kein Trauschein zugesprochen hat?«
    Das saß, doch schien mir nach ihren lachenden Augen, daß sie dies ohne übermäßige Strenge gesagt hatte, eher, damit ich mir
     nicht noch mehr Kühnheiten erlaubte.
    ***
    Am folgenden Tag besuchte ich Bassompierre. Nachdem ich mich ein bißchen über seinen gräßlichen Scherz beschwert hatte, bat
     ich ihn um die Adresse der Gräfin von Orbieu. Die er mir sofort gab und unter so vielen Entschuldigungen, daß ich ihm nicht
     mehr böse sein konnte. Um mich zu entschädigen, wie er sagte, wollte er mir unbedingt einen prachtvollen Ring schenken, und
     er blieb so beharrlich dabei, daß ich ihn schließlich annahm. Und um mich aufzuheitern, erzählte er mir Tronçons wahres Abenteuer.
    »Ihr wißt ja«, sagte er, »daß dieser Tronçon, ein ungeschliffenerer und großmäuligerer Geselle als jeder anderen guten Mutter
     Sohn, sich aufbläst wie eine Kröte und sich für den König selber hält, seit er dessen Sekretär ist und seine Gnade oder Ungnade
     austrägt. Aber was Ihr nicht wißt, ist, daß er es in seinem unerträglichen neuen Dünkel gewagt hat, der Marschallin von Vitry
     schöne Augen zu machen. Die sich nun ihrerseits fast für eine Prinzessin hält, seit sich Henri Quatre einmal für dreißigtausend
     Livres ihre Gunst erkauft hat. Kurzum, die Dame fühlte sich in ihrem Rang schwer gekränkt durch dieses bürgerliche Äugeln
     und lag Vitry mit einer Sturzflut von Klagen in |40| den Ohren. Woraufhin der, um seinen Frieden

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