Rosen des Lebens
befahl, Tronçon aufzusuchen.«
»Sozusagen?«
»Soupite und Berlinghen waren zugegen. Aber eigentlich sind sie verschwiegen, was das im Zimmer des Königs Gehörte anbetrifft.«
»Von ihnen, Chevalier, habe ich das Geheimnis Eurer Tronçonnade ja auch nicht. Nun denn, um es kurz zu machen: Ludwig will
Euch verheiraten.«
»Mich verheiraten!« schrie ich auf.
»Ludwig«, fuhr Bassompierre mit gesenkter Stimme fort, »ist derzeit auf Ehen versessen, nur offenbar nicht auf seine.«
»Mich verheiraten, und mit wem?«
»Mit einer trefflich betitelten Witwe, deren Titel er bei der Gelegenheit auf Euch übertragen will. Die Dame hat keine männlichen
Nachkommen.«
»Ach!« sagte ich, zitternd vor Schreck. »Darum geht es also! |32| Und was ist das für eine Dame? Kennt Ihr sie? Habt Ihr sie gesehen?«
»Leider, ja!«
»Graf!«
»Leider!«
»Graf, bitte, hört auf, mich zu verspotten!«
»Ich spotte nicht! Die Dame ist ziemlich unhöflich und mißlaunig, und das Schlimmste: Sie ist bereits im kanonischen Alter.«
»Um Himmels willen! Graf, das ist nicht Euer Ernst! Stimmt das?«
Hier platzte Bassompierre heraus vor Lachen, und indem er mich aufs neue in die Arme schloß, raunte er mir ins Ohr: »Ihr findet
Tronçon im Gasthof
Zu den zwei Tauben
, Rue du Chantre.« Dann stieg er rasch die Treppe hinauf, die ich hinabging, und sein ausgelassenes Gelächter hallte mir noch
in den Ohren, als er längst verschwunden war.
Im Nu wich alle Freude aus meinem Herzen. Mein heiterer Himmel regnete Asche, mein Trank war Schlamm, und die Zukunft gähnte
wie ein schwarzes Loch unter meinen Schritten. Denn wenn Bassompierre die Wahrheit gesagt hatte, was sollte mir eine Erhöhung
auf der Adelsleiter zu dem von ihm genannten Preis? Und wie sollte ich andererseits die Schreckenswitwe ablehnen, ohne Ludwig
furchtbar zu kränken?
Wieder und wieder käute ich diese Ängste und Ärgernisse auf dem zum Glück kurzen Weg vom Louvre zur Rue du Champ Fleuri, und
kaum im heimatlichen Nest angelangt, fiel ich meinem Vater an die Brust und erzählte ihm alles mit hechelnder Stimme. Zuerst
lachte er, und La Surie lachte mit. Als er mich aber ganz bestürzt sah über dieses Lachen, nahm er mich in die Arme.
»Ihr solltet Bassompierre doch besser kennen«, sagte er. »Wahrheit war nie seine größte Sorge, im Gegenteil! Außerdem, so
gern er Euch mag, so gerne schraubt er Euch auch, schließlich ist er immer ein bißchen auf Euch eifersüchtig.«
»Eifersüchtig auf mich? Der schöne Bassompierre?«
»Ja, gewiß, und mit Grund! Immerhin hat er seinerzeit erfolglos um Frau von Lichtenberg geworben, aber wer die Palme errang,
wart Ihr. Und glaubt Ihr, er sähe Eure neuerliche Beförderung nur freundlichen Auges? An wem nagte nicht das |33| Gefühl, auf der Stelle zu treten, wenn man einen Jüngeren so schnell aufsteigen sieht? Ich wette, damit ist er nicht der einzige
am Hof. Macht Euch drauf gefaßt, noch öfter genarrt zu werden. Na, und? Wie heißt es so schön in meinem lieben Périgord: Kein
Honig ohne Galle.«
»Aber was ist das mit dieser Gräfin von Orbieu, kennt Ihr sie?«
»Dem Namen nach: Sie lebt ganz zurückgezogen. Aber, mein Herr Sohn, was spräche dafür, daß Ludwig Euch verheiraten wollte,
ohne nach Eurem Geschmack zu fragen? Und noch dazu mit einer Frau im kanonischen Alter, die Euch folglich keine Nachkommen
schenken kann? Das ergibt keinen Sinn. Kommt, gehen wir zu Tisch, Euer Teller wartet.«
»Meiner auch«, sagte La Surie, der sich setzte, kaum daß mein Vater und ich Platz genommen hatten. »Allerdings«, fuhr er fort,
»dünkt mir, Chevalier, daß Ihr sehr unrecht hättet, eine unleidliche Frau auszuschlagen.«
»Wie das?«
»Wißt Ihr, was Sokrates antwortete, als jemand ihn fragte, warum er seine zänkische Frau nicht verstieß? ›Oh, nein‹, sagte
Sokrates, ›dazu ist sie mir zu kostbar: Sie stellt meine Geduld auf die Probe.‹«
Trotz der düsteren Stimmung, in die Bassompierre mich versetzt hatte, mußte ich lachen, doch ohne daß dieses Lachen die Befürchtungen
ganz zerstreute, die mich im stillen bei dem Gedanken an jene grausige Ehe bewegten.
Von der Rue du Champ Fleuri zur Rue du Chantre sind es ein paar Schritte, denn liegt unser Hof an der einen, so unser Garten
an der anderen. Der Gasthof
Zu den zwei Tauben
grenzt fast an unser Grundstück und ist durchaus kein schäbiges, unsauberes und übelbeleumundetes Haus. Wenn Personen von
Stand nach Paris
Weitere Kostenlose Bücher