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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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überrumpelt,
     die der König auf seinem vorigen Feldzug bei ihnen eingesetzt hatte, und hatten die vierhundert Mann, aus denen sie bestand,
     gnadenlos über die Klinge gehen lassen.
    Der König war empört und schwor Vergeltung für dieses Verbrechen, zumal Nègrepelisse nur ein paar Meilen von Montauban lag
     und er der aufsässigen großen Stadt zeigen wollte, daß man ihm nicht mitten im Frieden seine Soldaten tötete, ohne daß der
     Frevel bestraft wurde. Was für ihn aber nicht hieß, den Mord an der Garnison mit der Austilgung des Fleckens zu |355| beantworten. Zum Unglück war Ludwig sehr krank, als die Stadt genommen wurde, er fieberte, von trockenem Husten geschüttelt,
     und war sehr matt. Der Oberbefehl des Heeres wurde Condé übertragen, dem Ersten Prinzen von Geblüt. Und als unsere Truppen
     Nègrepelisse nahmen, gab er Befehl, »alles niederzumachen«. Diese Schlächterei hatte gegen sieben Uhr an einem schönen Juniabend
     statt. Ludwig hörte von seinem Zimmer die Schreie der Gemetzelten. Dieses »alles niedermachen« des Prinzen war nicht nur entsetzlich,
     es war auch scheinheilig, denn ohne es ausdrücklich zu sagen, schloß das auch Frauen und Kinder ein. Ludwig schleppte sich
     zu dem Fenster, das nach der kleinen Stadt blickte, aber er sah nur die Mauern. Als die Schreckensschreie verstummten, kamen
     unsere Soldaten bluttriefend und taumelnd vor Erschöpfung in kleinen Gruppen von Nègrepelisse. Kurz darauf loderten in den
     Mauern hohe Flammen empor, und dichter schwarzer Rauch trug den eklen Geruch von verbranntem Fleisch bis zu uns. Ludwig schleppte
     sich zurück zu seinem Bett und legte sich wortlos nieder.
    Ich meine, daß hiermit die Ungnade des Herrn Prinzen begann. Indem er es unterließ, den König zu fragen, bevor er »al les niederzumachen« befahl, hatte Condé das königliche Gnadenrecht mißachtet und Ludwig gezwungen, eine Schlächterei auf sich
     zu nehmen, die weder seinem Naturell entsprach (wie man es auf der Insel Riez gesehen hat) noch seiner Politik. Gewiß wollte
     Ludwig die Rebellen zum Gehorsam bringen, doch wollte er um keinen Preis die Erinnerung an die Bartholomäusnacht wecken.
    Für diese Einstellung des Königs nur ein Beispiel: Als er bei Mirambeau zwei französische Gardisten dabei erwischte, wie sie
     die Hütte eines hugenottischen Bauern plünderten, ließ er sie festnehmen und windelweich prügeln, dann ging er zu ihrem Obersten
     und sagte mit aller Schärfe: »Wenn Ihr nicht sofort Ordnung schafft, werdet Ihr selbst mir für all den Raub und Diebstahl
     geradestehen.«
    Nach Nègrepelisse wurde eine benachbarte kleine Feste belagert, die den hübschen Namen Saint-Antonin-Noble-Val trug. Diese
     Belagerung, die kurz gedacht war, dauerte fast einen Monat, aber nicht nur, weil die Einwohner sich hartnäckig verteidigten
     und sogar die Frauen, sobald ein Angriff nahte, zu |356| den Hellebarden griffen und die Unseren wacker in die Flucht schlugen. Vor allem war Prinz Condé in der Meinung, daß sein
     Blut ihn erfahrenen Kriegsmännern überlegen mache, ohne sich zu beraten darauf verfallen, die kleine Feste von ihrer stärksten
     Seite her anzugreifen, anstatt von ihrer schwächsten.
    Diese Dummheit, die so viele Leben und soviel Zeit kostete, entging Ludwig nicht. Sein Mißfallen, daß Condés Grausamkeit nur
     seinem Unvermögen gleichkam, erhöhte sich noch, als er am dritten Juli in Toulouse von einem Fenster sah, wie der Herr Prinz,
     ohne es ihm vorher mitgeteilt zu haben, an einer Prozession der Blauen Büßer teilnahm. Daß der Erste Prinz von Geblüt sich
     zu diesen Mönchen gesellte, die durch die Straßen zogen, um den Pöbel der Guyenne gegen die Hugenotten aufzuputschen, gab
     dem königlichen Feldzug einen Anstrich von Kreuzzug, den Ludwig von Anfang an strikt hatte vermeiden wollen.
    Die anhaltende Krankheit des Königs machte mir große Sorgen, und nicht nur mir, sondern dem ganzen Heer, denn das ging ständig
     auf und ab, mal besser, mal schlimmer, und wollte kein Ende nehmen. Tag und Nacht schüttelte den König der Husten, und um
     ihn zu heilen, verordnete ihm Héroard Klistiere. La Barge mit seinem Mutterwitz sagte: »Er verwechselt oben und unten«, ein
     Urteil, das mein Vater später in gelehrteren Worten bekräftigte.
    Eine Seuche, die ich nicht kannte – unvermeidlich, wenn so viele Menschen umherziehen –, dezimierte das Heer. Damit sich alle
     erholten, wurde beschlossen, drei Wochen in Béziers zu rasten.
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